Die Versicherer müssten die Preise vor allem in der Haftplicht und in der Vollkasko-Versicherung im Schnitt um mindestens zehn Prozent erhöhen, um im kommenden Jahr keine roten Zahlen zu schreiben, sagte Stefan Schmuttermair, Kfz-Experte der Deutschland-Tochter von Hannover Rück, E+S Rück, am Montag in Baden-Baden. Die steigenden Schadenzahlen und die Inflation, die vor allem die Ersatzteilpreise nach oben treibt, hätten die Ausgangslage für die Kfz-Versicherer verschlechtert.
«Ich bin sicher: Es wird auf jeden Fall Tarifanpassungen geben», sagte Schmuttermair. Notwendig seien bestandswirksame Erhöhungen um einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz. «Wenn man profitabel werden will, müsste man sogar noch stärker anpassen», sagte Schmuttermair. Von einem Preiskampf, bei dem die Kfz-Versicherer im Kampf um Marktanteile Verluste in Kauf nehmen, sei nicht auszugeben. «Wir rechnen damit, dass der Markt eine grosse Disziplin walten lässt.» E+S Rück gilt als führender Rückversicherer der Kfz-Versicherer in Deutschland und kennt den Markt deshalb gut. Der Vorstandschef von Marktführer HUK-Coburg, Klaus-Jürgen Heitmann, hatte im Reuters-Interview bereits branchenweit Preiserhöhungen avisiert.
BaFin trängt auf höhere Einnahmen in der Sachversicherung
Auch die Versicherungsaufsicht BaFin drängt auf höhere Einnahmen in der Sachversicherung, deren grösste Sparte die Kfz-Versicherung ist. Höhere Schadenaufwendungen führten dazu, dass die Versicherer ihre Rückstellungen erhöhen müssten, und zwar noch in diesem Jahr. «Es ist daher im Grund unvermeidlich, dass die gestiegene Inflation im Jahr 2023 höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung nach sich zieht», sagte BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund am Montag. Auch bei bestehenden Verträgen müssten die Preise steigen. «Angesichts der hohen Inflation sollten Versicherer bei der Prämienqualität keine Abstriche machen», mahnte Grund.
In den vergangenen drei bis vier Jahren seien die Beiträge im Durchschnitt stetig abgebröckelt, die Tariferhöhungen seien verpufft, erklärte E+S-Rück-Manager Schmuttermair. Während der Corona-Krise hatten die Versicherer Milliardengewinne verbucht, weil angesichts der Lockdowns weniger Autos unterwegs waren und weniger Unfälle passierten. In diesem Jahr werden die Branche aber erstmals seit 2013 operativ Verluste schreiben: insgesamt rund 200 Millionen Euro, schätzt E+S Rück. Ohne Preiserhöhungen würde sich dieser Verlust 2023 auf zwei Milliarden Euro erhöhen. Die E+S Rück geht aber von einem Beitragssprung um zehn Prozent auf 32,1 Milliarden Euro aus, bei einem versicherten Bestand von 70,7 (2020: 69,8) Millionen Fahrzeugen. (reuters/hzi/kbo)