Wenn sich abzeichne, dass ein Versicherer 2032 die Solvency-II-Kapitalanforderungen nicht erfüllen kann, könne ihm die Behörde die Anwendung der bis dahin geltenden Übergangsregelungen untersagen. "Dies könnte dazu führen, dass der Versicherer in letzter Konsequenz kein Neugeschäft mehr schreiben darf", sagte der für die Branche zuständige Exekutivdirektor Frank Grund der "Börsen-Zeitung" (Mittwochausgabe). Einen konkreten Fall gebe es noch nicht. "Aber perspektivisch schliesse ich das nicht aus." Er könne sich vorstellen, dass der Trend zur Konsolidierung unter den rund 80 Lebensversicherern in Deutschland anhalte.
Die BaFin hatte bereits gewarnt, dass ein Viertel von ihnen die geforderte Solvenz-Kapitalquote von 100 Prozent nur mit Hilfe der Übergangsmassnahmen erfülle. Bei einigen sei unklar, wie sie die Lücke bis 2032 schliessen wollen. Ihnen schaut die BaFin genau auf die Finger. "Ich rechne damit, dass auch wegen Corona die Zahl der Lebensversicherer unter intensivierter Aufsicht steigen wird", sagte Grund.
Mit einer Entlastung rechnet der oberste Branchenaufseher bei der Zinszusatzreserve (ZZR). Die Lebensversicherer müssen jedes Jahr Milliarden zurücklegen, um sicherzustellen, dass sie die Garantien an ihre Kunden auch bei Dauer-Niedrigzinsen noch erfüllen können. 2020 waren das etwa elf Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwartet Grund 10,4 Milliarden, 2022 um die neun Milliarden Euro, "und von 2023 an wird die jährliche Summe dann voraussichtlich weiter sinken".
Die BaFin drängt die Lebensversicherer dazu, stärker an der Kostenschraube zu drehen. Die Bundesregierung hat sich vorerst nicht auf einen Provisionsdeckel geeinigt, der die Vergütungen von Versicherungsvertretern und Maklern für den Abschluss von Lebensversicherung begrenzen würde. "Handlungsbedarf besteht aus meiner Sicht aber nach wie vor", sagte Grund der Zeitung. "Wir schauen uns sehr genau an, wie Unternehmen mit ihren Vertriebskosten umgehen." (reuters/hzi/kbo)