Was die digitale Nutzung von Vorsorgedaten anbelangt, hinkt die Schweiz im europäischen Vergleich meilenweit hinterher. Das möchte Swiss Fintech Innovations (SFTI) - ein unabhängiger Verband Schweizer Finanzinstitute, der sich für Zusammenarbeit und digitale Innovationen in der Finanzdienstleistungsbranche einsetzt - ändern. Das Positionspapier «Open Pension» soll einen Beitrag dazu leisten, Einzelpersonen im Kontext von Open Finance einen sicheren und standardisierten Zugang zu Vorsorgeinformationen zu verschaffen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sie mit vertrauenswürdigen Dritten zu teilen.
Keine Übersicht
Dabei berufen sich Swiss Fintech Innovations auf den im Dezember vom Bundesrat an das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) erteilten Auftrag zu prüfen, wie der digitale Zugang zu Vorsorgedaten angemessen gefördert werden kann. Denn: Die Altersvorsorge ist eine der wichtigsten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer, halten die Autorinnen und Autoren in ihrem Positionspapier fest. Das Vorsorgesystem sei darüber hinaus komplex und es fehle aufgrund der fragmentierten, säulenübergreifenden Daten oft eine klare Übersicht über die erwartende monatliche Pension. Hier kann vor allem mehr Transparenz und eine Auflistung über die aktuellen Rentenerwartungen der 1. und 2. Säule sowie Guthaben in der 3. Säule Abhilfe schaffen. Alle Informationen aus den verschiedenen Vorsorgesystemen auf einen Blick und einfach abrufbar: Im digitalen Zeitalter eigentlich eine Selbstverständlichkeit, in der Schweiz immer noch Wunschdenken.
Mehr Flexibilität, Transparenz und Kontrolle
Abhilfe schaffen können sogenannte Pension Tracking Systeme (PTS), wie sie beispielsweise in Deutschland mit der «Digitalen Rentenübersicht» bereits Usus sind. Die PTS wurden als innovative Lösungen zur Verbesserung von Transparenz, Flexibilität und Kontrolle über Vorsorgeinvestitionen entwickelt. Ein PTS gemäss Definition der EIOPA ist ein System, das einen Überblick über individualisierte, objektive und unparteiische Informationen bietet, indem Vorsorgedaten aus allen drei Vorsorge-Säulen abgerufen und aggregiert werden können, schreibt das SFTI in seinem Positionspapier. Dies umfasst angefallene Ansprüche und prognostizierte Pensionseinkünfte aus verschiedenen Quellen – benutzerfreundlich dargestellt über ein Vorsorge-Dashboard. In Anbetracht dessen plädiert das Papier für die Einführung eines umfassenden PTS in der Schweiz, das einen offenen, digitalen Zugang zu Rentendaten über alle drei Säulen hinweg voraussetzt.
Vorsorgesäulen öffnen
Bis 2021 stellten laut SFTI bereits mehr als die Hälfte der Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) ihren Bürgerinnen und Bürgern ein PTS zur Verfügung, das alle oder zumindest einen Teil der Vorsorgesäulen der betreffenden Länder umfasst - und diese werde mit Nutzungsraten von 30-40 Prozent sehr rege in Anspruch genommen. Um ein PTS in der Schweiz umzusetzen, braucht es einen offenen, digitalen Zugriff auf Vorsorgedaten über alle drei Säulen hinweg - und den gibt es derzeit noch nicht. Damit ein PTS umgesetzt werden kann, müssen die Vorsorgesäulen im Sinne von «Open Finance» geöffnet werden, lautet die Forderung von SFTI. Allerdings: Der Schweiz fehle heute die notwendige Infrastruktur für einen einfachen, sicheren und vertraulichen Austausch persönlicher Vorsorgedaten mit vertrauenswürdigen Dritten wie beispielsweise Banken, Versicherungen oder Fintech-Unternehmen.
Strategische Optionen
Die SFTI-Arbeitsgruppe beleuchtet in ihrem Positionspapier fünf strategische Umsetzungsoptionen, wobei sie sich klar für zwei Optionen ausspricht:
- «Open Data Hub», eine zentrale Plattform für den Austausch von Vorsorgedaten, bei der Nutzende ihre Zustimmung zum Abruf von Daten beim Drittanbieter (TPP) erteilen
- und analog zu dieser Variante als zweite Option, dass die Zustimmung an der Quelle erfolgt, beispielsweise bei der Pensionskasse
Für die weitere Ausarbeitung sei ein klarer Auftrag einer Bundesbehörde zwingende Voraussetzung, so die SFTI-Arbeitsgruppe «Open Pension». Eine vom Bund verordnete Öffnung der Schnittstellen zur zweiten Säule sei unerlässlich und in einem entscheidenden nächsten Schritt müssten die Bundesbehörden der Öffnung der zweiten Säule zustimmen. Damit würden sie ein starkes Bekenntnis zu dieser Initiative signalisieren.