Der globale Versicherungsmarkt mit 3'900 Milliarden US-Dollar Bruttoprämien im Nicht-Leben-Bereich und 3'000 Milliarden US-Dollar im Leben- und Gesundheitsbereich (2021) ist ein wichtiges Zahnrad in der globalen Weltwirtschaft und hat ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 3 Prozent. Im Vergleich dazu werden in der Schweiz für beide Bereiche 52 Milliarden Franken erarbeitet, also weniger als ein Prozent des globalen Prämienvolumens. Im Verhältnis zum Schweizer Bruttoinlandprodukt BIP von 770 Milliarden Franken zeigen diese knapp 7 Prozent jedoch die zunehmende Bedeutung der Versicherungsindustrie. In den letzten Jahren hat denn auch die Versicherungsindustrie die Banken beim Erfolg von Finanzinstituten überholt.
Die Schweiz ist mit drei Anbietern vor allem im Industrieversicherungsgeschäft stark vertreten. Die meisten grossen Versicherer haben einen amerikanischen Hintergrund, und chinesische Firmen wie Ping An und China Life Insurance wachsen stark.
Der Schweizer Markt bietet Perspektiven
Den Anbietern scheinen die Schweizer Grossfirmen einen Markt mit Perspektiven zu bieten. Berkshire Hathaway, Factory Mutual, Sompo und W. R. Berkeley sind deshalb neu auch im Schweizer Markt aktiv und bieten Grosskunden neue, willkommene und benötigte Kapazitäten. Der begrenzte Markt für industrielle und globale Risiken hat in den letzten Jahren einige Versicherungseinkäufer gezwungen, ihre Programme umzugestalten und sogar eingekaufte Limiten zu reduzieren. Daher ist es für die Kundinnen und Kunden erfreulich, wenn zusätzliche Anbieter im Markt präsent sind.
Der Autor
Roger Konrad, Mitglied der Geschäftsleitung, Kessler & Co AG
Globale Broker bilden Oligopol
Gemessen an den Einnahmen stammen die zehn grössten globalen Broker aus dem angelsächsischen Raum, insbesondere aus Nordamerika. Dabei teilen sich die vier grössten Broker mit ihren umfassenden Netzwerken und mit 44 000 bis 82 000 Mitarbeitenden den multinationalen Kundenstamm zu einem grossen Teil auf. Ihre jährlichen Einnahmen bewegen sich zwischen 8 und 21 Milliarden US-Dollar. Bei solchen Oligopol-artigen Märkten haben oftmals auch die Nächstgrösseren gute Chancen auf Wachstum, was in den letzten Jahren der Fall war.
In der Schweiz decken die Broker geschätzte 50 Prozent der im Markt platzierten Prämien ab, besagt eine Studie von Oliver Wyman vom Juli 2023. Dabei arbeiten schätzungsweise 90 Prozent aller mittleren und grösseren Unternehmen mit einem Broker zusammen. Vier der zehn grössten globalen Broker und «Professional Service»-Firmen sind direkt in der Schweiz vertreten, zwei arbeiten mit Partnern oder Korrespondenten zusammen und vier sind nicht oder noch nicht vertreten.
In der Schweiz decken Broker geschätzt 50 Prozent der Prämien ab.
Zusammenschlüsse unvermeidlich
Es wird erwartet, dass der Schweizer Brokermarkt weitere Konsolidierungen sehen wird. Auslöser sind die Geschäftsaussichten in der Schweiz einerseits und die gesteigerten gesetzlichen Anforderungen durch die VAG-/AVO-Revision und die Anforderungen der Finma-Aufsicht andererseits. Die Broker werden höhere Kosten zu tragen haben und sich mit hohen Komplexitäten im Datenschutz, bei der Compliance, Technologie und in der Digitalisierung konfrontiert sehen. Kleinere Anbieter werden das allenfalls nicht selber stemmen können. Um diesem Trend zu begegnen, könnten die kleineren Anbieter Zusammenschlüsse vorziehen.
Derzeit sind 85 Schweizer Broker mit 2500 Mitarbeitenden im Branchenverband der Swiss Insurance Brokers Association (Siba) organisiert. Gesamthaft sind aktuell 7'000 ungebundene Vermittler im Finma-Register eingetragen. Die Konkurrenz für die Versicherungseinkäufer und die Auswahl an Dienstleistungen ist breit. Der globale Marktzugang ist in einer Zeit essenziell, in der die Klimaschäden zunehmen und die globalen Versicherer ihre Kapazitäten, vor allem im Naturkatastrophenbereich, teilweise massiv zurückfahren. Die Platzierungen für grosse multinationale Kunden werden komplizierter und anspruchsvoller – auch von der regulatorischen Seite her, da die aufsichtsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Anforderungen von Land zu Land verschieden sind.
Im Versicherungsmarktgeschäft ist vor allem die Investorensicht interessant. Global gesehen sind die Broker für die Investoren das lukrativste Segment in der Versicherungswelt. Gründe dafür sind das breite Serviceangebot, globale Präsenz, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, Marktkenntnisse, Expertise, Unabhängigkeit und Transparenz.
Erstmals erschienen am 12.10.23 im HZ Insurance Special Unternehmensversicherungen.