Mit seinem Beschluss, den BVG-Mindestzinssatz bei 1,00 Prozent zu belassen, folgt der Bundesrat der Empfehlung der beratenden BVG-Kommission. Diese hält in ihrer Medienmitteilung vom 24. August 2021 unter anderem fest, dass nicht die ganze Rendite einer Vorsorgeeinrichtung für die Mindestverzinsung verwendet werden könne. Die Vorsorgeeinrichtungen hätten die gesetzliche Pflicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, notwendige Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen. Soweit nicht anderweitig finanziert, müssten sie auch die Verwaltungskosten mit dem Vermögensertrag decken.
Weiter weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass das paritätisch besetzte oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung den Mindestzinssatz überschreiten könne, sofern die finanzielle Situation dies zulasse. Die Vorsorgeeinrichtungen, die nur das Obligatorium der beruflichen Vorsorge versichern und damit unter den hohen Umwandlungssätzen in der beruflichen Vorsorge leiden, hätten diesen Spielraum jedoch oft nicht.
Die Politik ist gefordert
Die Ausführungen der BVG-Kommission stimmen mit denjenigen der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) überein. Diese hat in ihrer Medienmitteilung vom 22. Juli 2021 mit Blick auf die hohen Renditen von Aktien und alternativen Anlagen sowie auf die gestiegenen Deckungsgrade der Vorsorgeeinrichtungen deren finanzielle Situation zwar grundsätzlich positiv beurteilt. Sie hat aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass im aktuellen Tiefzinsumfeld viele Vorsorgeeinrichtungen immer höhere Anlagerisiken auf sich nehmen müssten, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, und unmissverständlich festgehalten: «Im derzeitigen Tiefzinsumfeld ist es besonders für Einrichtungen nahe am BVG-Obligatorium schwierig, die gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtungen mittel- und langfristig zu erfüllen. Die aktuellen unrealistischen Vorgaben beim Mindestumwandlungssatz führen neben höheren Anlagerisiken zu einer ungewollten Umverteilung von Aktiven zu Rentenbeziehenden.» Der Direktor des SVV, Thomas Helbling, kommentiert: «Die Politik ist gefordert, die nötigen Gesetzesanpassungen vorzunehmen, damit die Vorsorgeeinrichtungen über die längst fälligen realistischen Parameter verfügen.»
Vor diesem Hintergrund wäre es für den Branchenverband der Privatversicherer naheliegender gewesen, wenn der Bundesrat mit einer Senkung des BVG-Mindestzinssatzes die Situation der BVG-minimalen und -nahen Vorsorgeeinrichtungen verbessert hätte. (pm/hzi/sec)