Es herrschte Aufbruchstimmung, als der Bundesrat vor gut fünfzig Jahren ein neues System der sozialen Sicherheit präsentierte: das Dreisäulenmodell. Überschrieben war das Paket für eine Neugestaltung der Altersvorsorge mit «Sicherung unserer Bevölkerung gegen die Wechselfälle des Lebens».
Mittlerweile sind wir wegen eines Reformstaus ins Mittelfeld abgerutscht.
Das Volk stimmte zu. Seither sind die drei Pfeiler AHV, berufliche Vorsorge und privates Sparen in der Bundesverfassung verankert. Jetzt, wo es darum gehen würde, dieses fein austarierte Vorsorgesystem laufend zu modernisieren, tun wir uns allerdings schwer. Noch vor einem Dutzend Jahren lag die Schweiz bei internationalen Vergleichen auf einem Spitzenplatz. Mittlerweile sind wir bei solchen Rankings wegen eines Reformstaus ins Mittelfeld abgerutscht.
Einen wichtigen Reformschritt vollzogen
Bei der staatlichen AHV hat das Volk im letzten Jahr einen wichtigen Reformschritt vollzogen. Zugestimmt wurde einer Erhöhung der Mehrwertsteuer und dem vereinheitlichten Pensionierungsalter von 65 Jahren für Frauen und Männer.
Eine Sanierung via Konsumsteuer trifft die jüngere Generation und Geringverdienende besonders hart.
Damit ist die Finanzierung der AHV wenigstens bis 2030 gesichert. Mit der steigenden Lebenserwartung und der niedrigeren Geburtenrate nimmt der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft aber ständig zu. Das bedeutet mehr Ausgaben als Einnahmen.
System nicht nachhaltig
Früher oder später ist die erneute Finanzierungslücke entweder durch höhere Lohnabzüge oder den Staat, sprich höhere Mehrwertsteuern, zu decken. Eine Sanierung via Konsumsteuer trifft die jüngere Generation und Geringverdienende besonders hart. Aus diesen Gründen stufen Vorsorgeexpertinnen das geltende System als nicht nachhaltig und generationengerecht ein. Abhilfe könnte aus ihrer Sicht eine automatische Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung schaffen.
Modell hat keine Chance
Die Schweiz wäre mit der Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung nicht allein. Bereits zwei Drittel der OECD-Länder kennen diesen Anpassungsmechanismus in der Altersvorsorge. Dieses Modell hat bei uns derzeit aber keine Chance. Die Jungfreisinnigen sind mit einer solchen Initiative bei National- und Ständerat auf Ablehnung gestossen. Der nächste Stimmungstest steht nun im kommenden Frühjahr mit der Volksabstimmung über die Neugestaltung der zweiten Säule an. Damit soll die Umverteilung von der aktiven Bevölkerung zu den Rentnern und Rentnerinnen gestoppt werden.
Klar ist: Mit den dringend notwendigen Korrekturen an wichtigen Stellschrauben dieses Alterswerks würde eine modernisierte Schweizer Vorsorgelandschaft auch zukunftsfähiger.
Dieser Artikel erschien erstmals am 14. September 2023 im Special Altersvorsorge der Handelszeitung.