In einem immer stärker umkämpften Markt stehen viele Versicherungsunternehmen vor der Herausforderung, neue Wege zu gehen und unbekanntes Terrain zu beschreiten. Als zukunftsfähige Option erweist sich verstärkt die Kooperation mit wachstumsstarken Startups auch jenseits des klassischen Insurtech-Sektors – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Schweiz ihr Innovationsengagement auf lokaler und globaler Ebene aufrechterhalten will.
Autor:
Arjen Visser, Smart City & Technology Vertical Lead bei Kickstart Innovation
Auto-Abonnements mit Disruptionspotenzial
Der Versicherungskonzern Axa hat sich beispielsweise auf die Suche nach innovativen Konzepten begeben und ist beim diesjährigen Kickstart-Programm ein Pilotprojekt mit dem 2018 gegründeten deutschen Auto-Abo-Startup Faaren eingegangen. Disruptive Geschäftsmodelle wie Auto-Abonnements ersetzen bestehende in einem immer schnelleren Tempo – und verfügen über das Potenzial, den Mobilitätsmarkt umzuwälzen.
Studien (z. B. CAR-Institut, August 2020) zufolge sollen im Jahr 2030 rund 40 Prozent des Absatzes von Neuwagenzulassungen über derartige Modelle abgewickelt werden. Immer mehr grosse Namen wie Audi oder VW drängen bereits in dieses Segment. Abo-Interessenten können ein Auto online zu einem monatlichen Pauschalfestpreis abonnieren (mögliche Preisrange siehe Tabelle). Im Auto-Abo sind alle Kosten bis auf den Kraftstoff enthalten. Der Buchungsprozess ist komplett digital und kann in wenigen Minuten abgeschlossen werden. Verschiedene Kilometerpakete sowie kurze Laufzeiten garantieren dem Kunden maximale Flexibilität – einer der Vorteile gegenüber dem Leasing (weitere Abgrenzung). Deshalb hat die Axa auch schon 2018 mit UPTO ihr eigenes Auto-Abo-Modell aufgebaut. Im Gegensatz zu Faaren bezieht UPTO seine Autos jedoch von Importeuren, wogegen Faaren keine Autos besitzt, sondern lediglich den Händlern die Software zur Verfügung stellt.
Versicherer, Hersteller, Autovermietungen und -händler wie auch Banken arbeiten an Abo-Modellen und benötigen dafür eine Infrastruktur. Darin liegt das Alleinstellungsmerkmal von Faaren als Plattformanbieter. Das junge Team um Gründer und CEO Daniel Garnitz sieht sich selbst daher auch nicht als reinen Abo-Anbieter, sondern als Technologie- bzw. Softwarefirma, die andere Unternehmen auf dem Weg zum Abo-Anbieter unterstützt. Verträge werden deshalb nicht mit Faaren, sondern mit den jeweiligen Händlern abgeschlossen. Das innovative Start-up fokussiert sich vor allem auf lokale Mobilitätsanbieter. Wer diese Strategie mitfährt, wird aufgenommen.
Einfacher Zugang zu individueller Mobilität
Assekuranzunternehmen haben das Potenzial des Auto-Abo-Marktes erkannt und versuchen, möglichst frühzeitig den Einstieg in diesen Markt zu finden. Ihr Ziel ist es, einen einfachen Zugang zur Mobilität der Zukunft zu bieten. Über die klassische Versicherung hinaus sollen neue Geschäftsmodelle und Partnerschaften etabliert werden. Darauf aufbauend können Folgegeschäfte wie Lebens- oder Unfallversicherungen funktionieren. Die Herausforderung: Gerade Auto-Abos erschweren häufig das Geschäft, da die Versicherungen nicht mehr direkt am Kunden sind und den Zugang zu verlieren drohen.
Axa und Faaren haben weitreichende Vorteile von ihrem Pilotprojekt. Für den Versicherer soll die Partnerschaft das Neukundengeschäft beleben und zur Diversifikation des Produktangebots beitragen. Darüber hinaus bietet sich Assekuranzkonzernen wie Axa die Option, das grundsätzliche Marktinteresse sowie Anknüpfungspunkte zu den eigenen bereits bestehenden Mobility Services zu testen.
Für Faaren bietet Axa sich als ein markenstarker Dienstleister an, der die für das Auto-Abo-Geschäft essenzielle Servicesparte KFZ-Versicherung professionell und umfassend abdeckt. Unterstützt von der Expertise von Kickstart erhält das Startup so Zugang zum Schweizer Markt, der dank seinen vier Amtssprachen ein perfektes wirtschaftliches Ökosystem für Startups mit internationalen Wachstumsambitionen bietet.
Kickstart setzt sich dafür ein, Brücken zu bauen und unterschiedliche Organisationen wie Startups, Scale-ups, Unternehmen, Städte, Stiftungen und Universitäten zusammenzubringen. Seit der Gründung im Jahr 2015 hat Kickstart über 170 solcher Kooperationen in Bereichen wie Circular Economy, Fintech & Insurtech, Edtech & New Work, Food & Retailtech und Smart City & Technology initiiert und ist damit zu einer der grössten europäischen Innovationsplattformen avanciert.