Lediglich jedes elfte Unternehmen in der Schweiz schneidet bei der Transformation so gut ab, dass es den «Champions» zugerechnet werden kann. Das ergab eine erstmals vorgenommene Studie der Hochschule Luzern (HSLU) und der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management (SGO). 43 Prozent der Firmen meistern die Transformation so gut, dass sie den «Entdeckern» zugeordnet werden können.
 

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«Wenn die Business Transformation nicht wie gewünscht vorankommt, ist zuallererst die Führungscrew gefordert. Dann gilt es zu klären, inwiefern das Führungsteam hinter dem Ziel der Business Transformation steht und dies glaubhaft und authentisch den Mitarbeitenden vermittelt und vorlebt», Jan Schlüchter, Programmleiter und Dozent, Hochschule Luzern.

Die zahlenmässig grösste Gruppe bilden die «Anfänger» – auf sie entfallen knapp 48 Prozent. Hier steht man bei der Transformation erst am Anfang. Sie kommen aus Branchen wie der öffentlichen Verwaltung, Sozialversicherungen, dem Gesundheits- und Sozialwesen, der Bildung, Erziehung und Wissenschaft sowie aus dem Handel. Überdurchschnittlich gut schneiden Finanzdienstleister sowie Informations- und Kommunikationsbranchen ab. Im Mittelfeld liegen die Immobilienbranche, das verarbeitende Gewerbe sowie weitere Dienstleistungen.

"Bei der Analyse der Erfolgsfaktoren dominiert klare Kommunikation."

Berater-Spielzeuge sind Nebensache

«Transformation» ist ein weites Feld. Technologischer Wandel, eine Veränderung der Kundenbedürfnisse und die Intensivierung des Wettbewerbs bilden die wichtigsten Auslöser, noch vor organisatorischen Veränderungen wie Restrukturierungen oder veränderten Rahmenbedingungen wie Covid-19. Gefragt nach den konkreten Zielen, sagen 84 Prozent der Firmen, dass sie anpassungsfähiger und flexibler werden möchten. 64 Prozent wollen effizienter werden und Kosten senken, 58 Prozent die Kundenzufriedenheit steigern und 54 Prozent die Umsätze steigern. Nachhaltigkeit oder die Erhöhung der Zufriedenheit der Mitarbeitenden sind eher Randthemen, die weniger als 25 Prozent der Firmen im Rahmen ihrer Transformationsprojekte angehen.

Schnell handeln, später nachjustieren

Bei der Frage nach Instrumenten dominieren Workshops, gefolgt von Mitarbeiterversammlungen, Coachings, Präsenz-Trainings/Schulungen sowie der Entwicklung von Führungskräften. E-Learn ings, Advisory Boards sowie Teambuild ing sind weitere mehrfach genannte Ins trumente.

Bei der Analyse der Erfolgsfaktoren dominiert mit Abstand klare Kommunikation, vor sichtbarer Unterstützung durch das Management, dem Ernstnehmen von Widerständen, der aktiven Beteiligung wichtiger Stakeholder sowie dem Einräumen von Handlungsspielräumen an Mitarbeitende. Nur vereinzelt genannt werden Faktoren wie schneller Aufbau von Know-how, eine breite Basis talentierter Mitarbeitender und eine kontinuierliche Messung von Fortschritten.

Gut 6 Prozent der Unternehmen geht die Transformation «zu schnell». Bei 30 Prozent ist das Tempo «genau richtig», bei 52 Prozent «zu langsam» und bei 12 Prozent «viel zu langsam».

Die Studie schliesst mit Handlungsempfehlungen. Persönliches, authentisches Engagement des Kaders erscheint so wichtig wie eine vorgängig aufgebaute positive Fehler- und Lernkultur. «Schnelligkeit ist der beste Ratgeber», lautet eine der Empfehlungen. «Im Zweifel geben Sie lieber eine schnellere Schlagzahl vor. Nachjustieren können Sie immer noch.»
 

Interview mit Jan Schlüchter, Programmleiter und Dozent, Hochschule Luzern: «Erfahrungen sammeln und anpassen»

Business Transformation wird oft in der Praxis auf ein Ziel hin gedacht. Inwieweit ist das ein Missverständnis – weil es doch um eine permanente Aufgabe geht?

In der Tat werden Business-Transformationen vielfach missverstanden und das Pferd wird von hinten her aufgezäumt. Im Grundsatz sollte die Business Transformation so erfolgen, dass man sich das gesamte Unternehmen, den relevanten Markt, das Geschäftsmodell und die dazu notwendigen Unternehmenskompetenzen anschaut. Daraus entwickelt man die einzelnen notwendigen Transformationsbereiche wie etwa die Digitalisierung der Prozesse. In der Realität fängt man aber oft erst einmal mit der Digitalisierung an. Ob dies zum Erfolg führt, hängt dann davon ab, inwiefern die Digitalisierung bereits als Teil der gesamten Transformation gedacht wurde. Dies ist vielfach der Grund, wieso die digitalen Projekte doch nicht wie erwartet zum Unternehmenserfolg beitragen.

Wo stehen die Schweizer Firmen im internationalen Vergleich? Wo sind sie besser, wo schlechter?

Aus der Studie direkt können für diese Frage keine Schlüsse gezogen werden, da nur in der Schweiz ansässige Unternehmen befragt wurden. Wenn man die Studienergebnisse mit denen anderer Erhebungen vergleicht, sind die Firmen in der Schweiz besser im Erkennen von Business-Opportunitäten aufgrund neuer Technologien oder veränderter Marktanforderungen. Ebenso zeichnet sie aus, hieraus besonders clevere und tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Bei der Geschwindigkeit der Umsetzung fallen die Schweizer Firmen dann aber zurück.

Woran erkennt man sehr schnell und von aussen, dass man ein Unternehmen vor sich hat, das die Business Transformation im Griff hat?

Da ich auch viele Unternehmen bei der Umsetzung von Transformationen unterstütze, entwickelt man dafür schnell ein Gefühl. Als Erstes erkennt man dies im Kontakt mit den Mitarbeitenden. Was und wie sprechen sie über die Business Transformation? Herrscht ein einheitliches Verständnis und wird an einem Strang gezogen? Wenn Sie diese Fragen nach der Diskussion mit einer Handvoll Mitarbeitender positiv beantworten können, haben Sie mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Business-Transformation-Champion vor sich.

Und welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Empfehlungen für Firmen, die hier herausgefordert sind?

Wenn die Business Transformation nicht wie gewünscht vorankommt, ist zuallererst die Führungscrew gefordert. Dann gilt es zu klären, inwiefern das Führungsteam hinter dem Ziel der Business Transformation steht und dies glaubhaft und authentisch den Mitarbeitenden vermittelt und vorlebt. Hieran scheitern viele Unternehmen, da der oder die CEO dies nicht konsequent einfordert und bei «Verstössen» oder «politischen Spielchen» nicht entsprechend eingreift. Wenn die Führungscrew gut eingespielt ist, dann ist der nächste grosse Hebel, an der Fehlertoleranz und Geschwindigkeit zu arbeiten. Entscheidend ist nicht, eine perfekte Lösung zu haben, sondern schnell Erfahrungen und Rückmeldungen der Kundinnen und Kunden zu sammeln, um sie anschliessend auszubauen oder anzupassen.

Dieser Artikel ist unter dem Titel «Das Kader ist am Ende entscheidend» erstmals erschienen in der «Handelszeitung» vom 25.08.2022.