Darum geht's
  • Seit den 1990er-Jahren sind die Zinsen für längere Laufzeiten in der Schweiz drastisch gesunken, beeinflusst von Faktoren wie Inflation und Demografie.
  • Der Realzins, der die tatsächliche Kaufkraft misst, schwankt im Zeitablauf erheblich. Die Alterung der Gesellschaft und die damit verbundene Kapitalakkumulation üben langfristig Druck auf die Zinsen aus, die sich voraussichtlich eher zwischen 0 und 3 Prozent bewegen werden.
  • Dies bedeutet, dass Obligationen künftig eine weniger bedeutende Rolle in Anlagestrategien spielen könnten.
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Die Zinsen für längere Laufzeiten sind in der Schweiz seit Anfang der 1990er-Jahre massiv gefallen. Damals lag der Zins der zehnjährigen Bundesanleihen bei rund 7 Prozent, bis zum Jahr 2020 ging er auf unter minus 1 Prozent zurück und ist erst jüngst wieder leicht in den positiven Bereich gestiegen. Die Zinsen von risikoarmen Obligationen werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, am klarsten ist der Einfluss der Inflation: Während die Inflation zu Beginn der 1990er-Jahre bei über 5 Prozent lag, betrug sie 2020 minus 0,8 Prozent. Eine hohe Inflation bringt hohe Zinsen und umgekehrt. Zieht man vom nominalen Zins die Inflation ab, spricht man vom Realzins. Dieser misst, wie viel man effektiv an Kaufkraft gewinnt, wenn man Geld in Obligationen anlegt.

Zum Autor

Thomas Hauser ist Managing Partner bei der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen in Baar.

Dieser Realzins schwankt im Zeitablauf deutlich, seit den 1930er-Jahren oszilliert er zwischen 0 Prozent und 2,5 Prozent, davor lag er deutlich höher und pendelte um 5 Prozent herum. Es gibt internationale Studien, die einen Zusammenhang zwischen der demografischen Entwicklung und dem Zinsniveau nahelegen.

Kapital beeinflusst Zins

Wenn in einem Land immer mehr Kapital angespart und angehäuft wird, so hat es genügend davon, und in der Folge sinkt der «Preis» für dieses Kapital – der Zins sinkt also. Mehr Kapital wird in einem Land beispielsweise angespart, wenn sich die Bevölkerung weg von der landwirtschaftlichen Selbstversorgung hin zu Angestellten in der Industrie und im Dienstleistungssektor entwickelt und im Durchschnitt älter wird. Dies führt unter anderem dazu, dass man im erwerbsfähigen Alter mehr Kapital für die Altersvorsorge anspart. Wenn man dann in den Ruhestand tritt, sitzt man gewissermassen auf einem Berg von Angespartem. Wenn ein wesentlicher Teil dieses Kapitals aus Vorsichtsgründen oder wegen gesetzlichen Zwangs (zum Beispiel aufgrund von BVV-2-Vorgaben in der Schweizer Vorsorge) in Obligationen gehalten wird, kann dies in der Summe einen Einfluss auf das Zinsniveau haben.

Ein Beispiel: Es wird unterstellt, dass der Teil der Schweizer Bevölkerung ab dem Alter 26 bis 65 («Arbeitende») am Sparen ist. Die Bevölkerung über 65 («Pensionierte») besitzt einen Kapitalstock, von dem man verzehrt oder von dessen Erträgen man lebt. Je mehr Pensionierte es im Verhältnis zu den Arbeitenden gibt, desto höher ist tendenziell der Kapitalstock und desto geringer kann der Zins sein. Dieses Verhältnis ist in der Grafik dargestellt. Ebenfalls abgebildet ist der Zins lang laufender Bundesobligationen – als gleitender Durchschnitt über fünf Jahre dargestellt, um die Ausreisser zu glätten.

Man darf eine solche Grafik nicht überinterpretieren, da die Zinsen beispielsweise in der Inflationsphase der 1970er- und 1980er-Jahre massiv nach oben abwichen. Aber sowohl bei diesem demografischen Verhältnis als auch bei den Zinsen ist insgesamt über diese lange Phase von mehr als 120 Jahren ein negativer Trend erkennbar. Die gesteigerte Akkumulation von Kapital könnte also durchaus einen senkenden Einfluss auf die Zinsen haben.

Druck bleibt bestehen

Diese Erkenntnis hilft – wenn sie denn zutrifft – für die Anlage nur bedingt. Denn der potenzielle demografische Einfluss, der äusserst langsam wirkt, wird kurzfristig überlagert von anderen Effekten wie der Geldpolitik respektive der Inflation. Strukturell bleibt aber wegen der Alterung der Gesellschaft der demografische Druck auf die (realen) Zinsen bestehen. Dies kann durchaus dazu führen, dass sich der Zins mehrheitlich eher zwischen 0 und 3 Prozent bewegen wird als zwischen 3 und 5 Prozent. Für Investorinnen und Investoren kann dies bedeuten, dass Obligationen im Vergleich zu früheren Zeiten eine weniger bedeutende Stellung in der Strategie einnehmen. Dieser Umbauprozess wurde durch die negativen Zinsen der letzten Jahre massiv beschleunigt; ein Rückbau dieser Entwicklung ist im Lichte der Demografie in einer langfristigen Optik kaum zu erwarten.

Dieser Beitrag erschien erstmals am 27. Juni 2024 im HZ Insurance Print Special Pensionskasse.

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