Darum geht's
- Die Schweizer Pensionskassen haben ein erfreuliches 2023 hinter sich. Nun gilt es, mit gutem Riskmanagement die Reserven wieder aufzufüllen.
- Während in der Vergangenheit ein aufgewerteter Franken als Feindbild galt, präsentiert sich der starke Franken zurzeit als Freund der Wirtschaft.
- Die Schweizer Wirtschaft ist krisenfest und resilient. Das macht sie zu einer der stabilsten Volkswirtschaften der Welt.
Die finanzielle Lage der Pensionskassen ist robust. 2023 sei ein gutes Jahr gewesen, sagte Roger Tischhauser, Direktor der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich, an den Informationstagen zur beruflichen Vorsorge. Man sei auf dem richtigen Weg, so Tischhausers Kernbotschaft vor dem Publikum im Zürcher Kongresshaus. Es gelte nun, mit einem soliden Risikomanagement die in den Vorjahren angezehrten Reserven wiederaufzubauen.
Keine boomartige Entwicklung
Das positive Gesamtbild zur Verfassung der Pensionskassen dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation nicht frei von Herausforderung sei. Dies sagte Aymo Brunetti, Professor am Volkswirtschaftlichen Institut der Universität Bern, in seinem Vortrag zur volkswirtschaftlichen Lage. Die Inflation sei noch nicht ausgestanden, die Entwicklung des BIP gestalte sich als relativ schwach, sagte der renommierte Volkswirt. Die Wirtschaftsentwicklung gestalte sich entsprechend moderat. Seit mehreren Quartalen sei zu beobachten, dass sich die Wirtschaft abflache. Von einer boomartigen Entwicklung könne nicht gesprochen werden.
Bemerkenswert sei die Arbeitslosenentwicklung im Kontrast zum BIP. Laut Brunetti befinde sich der Arbeitsmarkt zwar in Hochkonjunktur, allerdings gebe es ein strukturelles Problem: Die Pensionierung der Babyboomer. Demnach würden dem Arbeitsmarkt rund 100'0000 Menschen entzogen, was in einem strukturellen Arbeitskräftemangel resultiere. Das werde so schnell nicht verschwinden; die nächsten Jahre würden davon geprägt sein, sagt Brunetti.
Grosse Unterschiede in der Branchenentwicklung
Darüber hinaus gibt es grosse Unterschiede in der Branchenentwicklung. Laut Brunetti befinden wir uns in einer Industrierezession, welche aber kompensiert wird, etwa durch die Dienstleistungsbranche – insbesondere die Finanzindustrie.
Punkto Inflation- und Geldpolitikentwicklung könne man das Glas entweder halb voll oder halb leer sehen. Die Schweiz stehe im internationalen Vergleich zwar gut da. Aber die aktuellen Zahlen zeigten auch, dass die Inflation im US- und Euroraum noch deutlich über der Preisstabilität liege. Besonderes Augenmerk gelte deshalb der Kerninflation, die sich gemäss Brunetti weniger rückläufig als gewünscht entwickelt.
Inflationsrate immer noch zu hoch
Das Schwierige an der Bekämpfung der Inflation sei denn auch der Rückgang auf ein normales Niveau. Brunetti dämpfte entsprechende Hoffnungen auf markante Zinssenkungen. Es müsste schon ein zünftiger Rückgang der Inflation stattfinden, ehe die Notenbanken solche Schritte vornehmen. Denn mit Ausnahme der Schweiz sei die Inflationsrate immer noch zu hoch.
Was die wirtschaftlichen Aussichten betrifft, glaubt Brunetti, dass sich das moderates Wachstum forsetzen dürfte. Eine sanfte Landung nach der Bekämpfung der Inflation sei wahrscheinlich. Dies deshalb, weil es mit der Bekämpfung der Inflation bisher nicht zu einer Rezessionen gekommen ist.
Globale Insel der Stabilität
Vor einer Rezession sei die Schweiz derzeit weit weg. Nicht zuletzt deshalb, weil die Inflation hierzulande deutlich tiefer ist als in Vergleichsländern. Dabei spielt die Aufwertung des Schweizer Frankens eine wichtige Rolle. Während in der Vergangenheit ein zu teurer Franken punkto Wettbewerbsfähigkeit Ängste schürte, gestalte sie sich in der jetzigen Situation als Freund. Der starke Franken helfe, die importierte Inflation zu brechen. Die Preise von Schweizer Gütern könnten nicht so stark ansteigen, weil diese sonst nicht mehr wettbewerbsfähig wären.
Die resiliente Schweizer Wirtschaft führt trotz nominaler Aufwertung des Frankens zu einem relativ konstanten realen Wechselkurs. Die Schweiz wird laut Brunetti als globale Insel der Stabilität wahrgenommen. Auch wenn strukturelle Herausforderungen wie etwa die Altersvorsorge oder die Integration in Europa bestehen, gilt heute die Schweiz als eine der stabilsten Volkswirtschaften im globalen Vergleich überhaupt. Das war nicht immer so. 1990 galt das Land noch als Sorgenkind der OECD, rief Brunetti den Anwesenden in Erinnerungen – als Hinweis dafür, dass längst nicht alles auf ewig in Stein gemeisselt ist.