In Ihrem Bericht beleuchten Sie aktuelle Trends und Herausforderungen im Schweizer Versicherungssektor - warum richten Sie als Executive Search-Unternehmen den Fokus auf diese Branche?

Alle unsere Marktberichte entstehen eigentlich immer aus Erfahrungen, die wir durch unsere Rekrutierungs-Mandate durch die Marktplayer sammeln. Wir haben in den letzten 18 Monaten relativ viel gemacht, entweder direkt für internationale Versicherer und Rückversicherer oder in angrenzenden Bereichen wie Beratungsunternehmen und Technologie-Provider.  

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Wenn man als Executive Search-Unternehmen tätig ist, dann ist man meistens in einer Situation, in der mit den Teams der Auftraggeber über Strategie, Positionierung, Go-to-Markets, Technologie-Projekte oder Kooperationen gesprochen wird. Dieses Know-How bereiten wir dementsprechend auf, um einen interessanten Marktüberblick zu geben. Neben Versicherungen natürlich auch in anderen Bereichen wie beispielsweise dem Bankenmarkt. 

Über den Gesprächspartner

Erik Wirz ist seit fast 16 Jahren Gründer und Managing Partner der Wirz & Partners Management Consulting AG, eine der führenden Executive Search-Firmen in der Schweiz. 

Es heisst ja oft, Digitalisierung und KI werden die Branche revolutionieren. Was bedeutet das für die Jobs und die Jobprofile in der Assekuranz?

Da verhält es sich ein wenig wie mit der Erfindung der Dampfmaschine oder der Elektrizität: Es ist nicht so, dass KI uns die Jobs wegnehmen wird, weder bei Versicherungen noch woanders. Sie ist ein Arbeitsinstrument wie ein Laptop oder ein Tablet und wenn man KI richtig einsetzt, wird sie die Effizienz enorm verbessern. Wenn wir uns die Kernprozesse einer Versicherung betrachten und überlegen, welcher Business Case sich im Bereich von KI auftut, dann ist es auf den ersten Blick natürlich ein «KI-El Dorado» - denn Versicherungen sitzen auf einem riesigen Datenschatz. 

Die Kehrseite der Medaille ist die Datenschutz-Thematik, da hört das «El Dorado» dann ganz schnell wieder auf. Das ist nicht ganz ohne und bringt natürlich grosse Herausforderungen mit sich. 

Die Anforderungen an Führungskräfte werden mit den Umwälzungen immer grösser. Was muss eine Führungskraft in der Assekuranz heute mitbringen?

Beginnen wir im Verwaltungsrat. Idealerweise spiegelt der VR heute auf strategischer Ebene das C-Level wider. Das bedeutet, jede C-Level-Rolle hat im VR eine Person mit profundem track record, die die Thematik aus strategischer Perspektive reflektieren und entsprechend als Soundingboard und Sparringspartner wirken kann. 

Die Umwälzungen sind stark technologiegetrieben, das kostet einen Haufen Geld. Je weniger Guidance ein Unternehmen hat, desto grösser wird das Lehrgeld sein, das es zahlt. Auf der obersten Ebene die richtigen Kompetenzen zu versammeln, ist also eine Herausforderung - und so viele Personen, die das Know-how mitbringen, gibt es nicht. 

Das ist die eine Seite. Auf der C-Level Ebene (EXCO), muss aus meiner Sicht stärker ins Bewusstsein, dass diese technologischen Umwälzungen nicht nur der Technologie wegen geschehen, sondern dass die Technologie als Business Enabler gesehen wird. Das ist kein Thema einzelner Abteilungen, sondern betrifft alle Bereiche des Unternehmens - vom CEO, über den CFO, den COO, die Schadenabteilung bis hin zum Underwriting. Der Umgang mit den Veränderungen bedingt also einen Kulturwandel und dafür muss man aus seiner Komfortzone heraus. Die Transformation muss Top down vorgegeben und dann von der Organisation mitgetragen werden, sonst funktioniert es nicht.

Für Führungskräfte geht es vor allem um die richtige Zusammensetzung ihrer Teams.

Erik Wirz

Die Veränderungen geschehen im Eilzugtempo. Wie kann ich als Führungskraft da überhaupt mithalten?

Die Führungsperson ist ja nicht die Person, welche die einzelnen technologischen Themen en détail verstehen muss, das ist auch nicht ihre Aufgabe. Für die Führungskräfte geht es vor allem um die richtige Zusammensetzung ihrer Teams.

Es ist einerseits wichtig, dass man ein diverses Team hat, in dem die Mitarbeitenden alters- und erfahrungsmässig gemischt sind - und dass man andererseits aber auch Mitarbeitende mit ins Boot holt, die vielleicht aus einer anderen Branche kommen oder im Thema bereits weiter sind. Das erweitert den eigenen Horizont. In der Versicherungsbranche ist das noch eher selten anzutreffen, andere Branchen sind hier bereits weiter. 

Als Executive Search-Unternehmen sind Sie auf Toppositionen spezialisiert. Welche Profile werden in der Assekuranz derzeit besonders gesucht? 

Der Vertrieb ist derzeit ein ganz, ganz grosses Thema - also wenn es darum geht, den Vertrieb zu optimieren, zu strukturieren und zu unterstützen. Dann steht angesichts der horrenden Unwetterschäden das Thema Risiko im Fokus, hier suchen die Versicherer Expertinnen und Experten, um die Risken besser verstehen, analysieren und mitigieren zu können. Ein weiteres grosses Thema ist ESG, allein schon aufgrund der regulatorischen Anforderungen oder weil Geschäftspartner auf einen richtigen Umgang damit pochen. 

Also, vieles dreht sich rund ums Data Management in Verbindung mit Kundendaten - je nachdem wo die dann liegen, ob im Marketing, im Sales oder eben in den Business-Units.

Der Vertrieb ist derzeit ein ganz, ganz grosses Thema.

Erik Wirz

Findet der Fachkräftemangel in der Assekuranz tatsächlich statt?

Es ist für mich schwierig, eine grundsätzliche Aussage zu machen. Ich sage, es hat immer gleich viel oder gleich wenig gute Leute. Wenn die Rahmenbedingungen am Markt aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung schwierig sind, dann sind die Topkräfte noch weniger verfügbar - die sind in der Regel ja auch nicht auf der Flucht. Bei uns manifestiert sich das in der Anzahl von Führungskräften, die wir auf eine Longlist bringen müssen, bis wir schlussendlich ans Ziel kommen. Oder auf eine einfache Formel gebracht: Wenn die Wirtschaft brummt, dann haben wir weniger Aufwand. Geht es der Wirtschaft schlechter, wird der Aufwand grösser.

Wie können Sie die Versicherer bei der Suche nach geeigneten Fach- und Führungskräften unterstützen?

Was wir den Unternehmen bieten können, ist eine profunde Analyse des jeweils verfügbaren Marktes, damit sie sich nicht auf eine Reise begeben, um nach etwas zu suchen, das es gar nicht gibt. Und gleichzeitig ist es auch die Geschwindigkeit, mit der die offenen Stellen dann besetzt werden können. Hier können wir natürlich agiler agieren und verfügen über ein entsprechendes Netzwerk. 

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Wenn Sie jetzt nicht als Headhunter arbeiten würden, wäre die Versicherungsbranche eine attraktive Alternative für Sie?

Ich denke ja! Versicherung hat viel mit Psychologie zu tun, also mit Angst und Sicherheit. Das fand ich schon als Kind faszinierend, wenn mein Vater mit seinem Versicherungsberater geredet hat, der dann manchmal Horrorszenarien an die Wand malte, was im Leben alles passieren kann. Versicherungen sind ein sehr spannendes Umfeld mit vielen Geschichten. Und es ist ein Markt, der bezüglich Technologie ungeheures Potenzial hat, in dem aber auch gesunder Menschenverstand gefragt ist. Da würde ich aus meiner «déformation professionelle» heraus versuchen, die psychologischen und technischen Aspekte, mit denen ich tagtäglich konfrontiert bin, einfliessen zu lassen.