Herr Hofmann und Herr Schär, der BVG-Markt ist im Umbruch, was müsste Ihrer Ansicht nach geschehen, damit die zweite Säule weiterhin funktioniert?

Heinz Schär: Theoretisch ist das ganz einfach: Wir müssten die Diskussion nicht mehr politisch, sondern mathematisch führen. Würde ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass der Umwandlungssatz eine mathematische Grösse ist und keine politische, wäre es einfacher, Lösungen zu finden. Praktisch ist dies aber natürlich nicht so nüchtern zu betrachten. In der Lösungsdiskussion müssen auch die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von solchen Entscheiden beachtet werden. 

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Dieser Artikel ist Teil der Market Opinion «Der Weg zu neuen PK-Lösungen», die in Zusammenarbeit mit der Tellco PK realisiert wurde.

Wie meinen Sie das?

Heinz Schär: Als das BVG 1985 ins Leben gerufen wurde, haben wir weniger lang gelebt und die Rendite auf Bundesobligationen belief sich auf 4 bis 5 Prozent. Daraus wurde ein Umwandlungssatz von 7,2 Prozent bestimmt. Dieser wurde nur einmal auf 6,8 Prozent reduziert. Heute leben wir einige Jahre länger, das Geld muss damit auch so viel länger reichen, also müsste der Umwandlungssatz entsprechend angepasst werden.

Peter Hofmann: Lassen Sie es mich noch anders erklären. Wäre das BVG eine Kapitallösung, müssten Schweizer Arbeitnehmende faktisch folgende Rechnung machen: Mit 65 erhalten sie das Kapital ausgezahlt, wie lange muss das nun reichen? Nun müsste man sich überlegen, wie alt man werden kann und wie lange das Kapital bei 1 Prozent Zins noch ausreichen würde.

Aus Ihrer Antwort höre ich heraus, dass sich Arbeitnehmende mehr um das Thema BVG kümmern sollten …

Heinz Schär: Dies wäre wünschenswert. Als Berater ist es teilweise erstaunlich zu erfahren, dass sich viele mit dem Thema und somit mit ihrer eigenen Pensionskassenlösung nur wenig befassen. Da sind wir als Branche aufgerufen, unsere Dienstleistungen noch kundengerechter zu kommunizieren und klarer zu positionieren. Klar wissen die meisten, dass sie irgendwann mal eine Pensionskassenrente erhalten, und im Idealfall legen die Arbeitnehmenden den jährlichen PK-Ausweis ab. Aber einige Schweizerinnen und Schweizer realisieren zu wenig, dass das BVG eigentlich ihr grösster Sparstrumpf ist. Auch hier sind wir als Branche gefordert, Aufklärungsarbeit zu leisten.

Tellco macht doch bestimmt Schulungen und Informationsveranstaltung?

Heinz Schär: Ja, zusammen mit unseren Vertriebspartnern bieten wir nach der Vorsorgeberatung immer auch Schulungen für die gesamte Belegschaft an

Ist also die Nachfrage eher schwach?

Peter Hofmann: Bei einem Neuabschluss begrüssen die Kunden diese Schulungen, danach sinkt das Interesse. Für manche ist das Thema vermeintlich noch weit weg, für andere wirkt es zu komplex. Von verschiedenen Brokern habe ich aber gehört, dass weiterführende Kurse wie Pensionierungsseminare, in denen es um die verschiedenen Säulen der Altersvorsorge geht, extrem gut laufen. Die Zielgruppe dafür wird ja auch immer grösser …

Bieten sie schon bald auch Seminare für junge Menschen, die nicht mehr vom guten Umwandlungssatz profitieren können, an?

Peter Hofmann: Bei unseren Schulungsveranstaltungen für die angeschlossenen Unternehmen und deren Belegschaft sind natürlich auch die jungen Versicherten ein wichtiges Thema. Wir zeigen ihnen dabei ihre Möglichkeiten auf. Auch bei Beratungsgesprächen ist dies ein wichtiges Thema. Ich fände es aber beispielsweise auch hilfreich, wenn die Behörden in Zukunft das Thema Vorsorge in die Lehrpläne der Schulen integrieren würden, um die jungen Menschen zu sensibilisieren. Sich erst mit 50 um die Altersvorsorge zu kümmern, ist definitiv zu spät.  

Die Tellco-Stiftung gibt es nun seit rund 20 Jahren. Was hat sich, abgesehen von der Emotionalisierung des Themas, in dieser Zeit verändert?

Heinz Schär: Es haben sich sehr viele Dinge fundamental verändert. Der Markt ist vor allem in Sachen Lösungen flexibler geworden. Im Gegenzug sind immer mehr Regulative entstanden und Compliance-Anforderungen dazugekommen. Zusätzlich wird der Wettbewerb im Markt immer intensiver. 

Zu welchem Zeitpunkt wurde der Wettbewerb spürbar intensiver?

Heinz Schär: Aus meiner Sicht wurde es intensiver, als die Zinsen auf Obligationen gesunken sind und sich Vollversicherer Gedanken machen mussten, ob sie das BVG-Geschäft überhaupt noch weiterbetreiben können. In dieser Zeit kamen viele junge dynamische Sammelstiftungen auf den Markt, unter anderem auch wir. 

In anderen Märkten kommt es bei grosser Konkurrenz zu mehr Innovation. Ist das im regulierten BVG-Markt überhaupt möglich?

Peter Hofmann: Wir zeigen, dass es geht … So haben wir beispielsweise für Temporärunternehmen spezielle Lösungen für schwankende Einkommen entwickelt und sind Marktleader in diesem Bereich. Innovationen entstehen, wenn man bereit ist, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Wir finden für jedes Unternehmen die passende Lösung und springen immer in die Lösungslücken, die die anderen nicht besetzen wollen oder können. Bei allen Kundenanfragen, die wir erhalten, versuchen wir für den Kunden eine massgeschneiderte Lösung zu entwickeln. Das gelingt uns, weil unsere Broker und wir sehr nahe bei den Kunden sind und mit ihnen zusammen nach Lösungen für deren Herausforderungen suchen.

Hat sich die Zusammenarbeit mit den Brokern dadurch verändert?

Heinz Schär: Definitiv. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zusammenarbeit intensiviert. Wir führen Jahresgespräche und wir haben auch unter dem Jahr viele Kontaktpunkte mit unseren Vertriebspartnern, sie stellen für uns das Echo des Marktes dar.