Herr Fiore, wie beurteilen Sie die Entscheidung der BVK, den Umwandlungssatz zu erhöhen – ist dies ein einmaliger Schritt oder ein Zeichen für eine branchenweite Trendwende?
Vorab gilt es festzuhalten, dass die BVK keine Umverteilung – sprich: keine Pensionierungsgewinne oder -verluste in der Bilanz – will und deshalb der Umwandlungssatz eins zu eins an den technischen Zins geknüpft hat. Ich glaube deshalb nicht, dass wir hier den Beginn einer Trendwende für die gesamte Branche sehen. Die Negativzinsphase scheint zwar für den Moment überwunden, aber der Leitzins wirkt zurzeit nicht stabil. Zudem haben die Pensionskassen jahrelang auf das heutige Niveau der Umwandlungssätze hingearbeitet. Ich bin deshalb überzeugt, dass die Mehrheit zumindest kurzfristig an der derzeitigen Höhe ihrer Umwandlungssätze festhalten wird. Einzelne Anbieter, welche sich jedoch unterhalb des Durchschnitts im Markt bewegen, könnten die Entscheidung der BVK als Signal ansehen und diesen Schritt nun ebenfalls wagen, sofern ihre finanzielle Lage es erlaubt.
Nico Fiore, Geschäftsführer inter-pension, Pensionskassenverband für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen.
Welche Herausforderungen sehen Sie für Pensionskassen, wenn sie dem Beispiel der BVK folgen und ebenfalls höhere Umwandlungssätze anbieten möchten?
Es sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, um eine faire und zugleich zukunftsorientierte Höhe festzulegen. Man kann zwar aus technischer Sicht sehr zuverlässig sagen, welcher Wert «gesund» wäre und die langfristige Stabilität der Pensionskasse sichert, gleichzeitig aber kann man seinen Blick nicht nur nach vorne richten, wenn man die Versicherten über Generationen hinweg fair behandeln möchte. Die Festlegung des Umwandlungssatzes ist ziemlich paradox.
Der technische Zinssatz der BVK wurde auf 2 Prozent erhöht. Was denken Sie über die allgemeine Praxis, den Zinssatz so stark an den Kapitalmarkterwartungen auszurichten?
Der technische Zinssatz spiegelt im Grunde die Kapitalmarkterwartung der jeweiligen Pensionskasse wider, basierend auf ihrem Versichertenbestand und der damit möglichen Anlagestrategie. Was oft in diesem Zusammenhang in Vergessenheit gerät, ist, dass sowohl der technische Zinssatz als auch der Umwandlungssatz keine isolierten Grössen sind. Justierungen an einer dieser beiden Stellschrauben führen normalerweise zu Anpassungsbedarf bei der anderen, was hier am jüngsten Beispiel der BVK schön zu beobachten ist.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Grösse einer Pensionskasse wie der BVK bei der Fähigkeit, höhere Rentenversprechen zu geben? Könnte dies andere Pensionskassen unter Druck setzen?
Meines Erachtens werden weder die Grösse noch der moderate Wettbewerb in der Branche zu einer Art Zugzwang führen. Die Festlegung des Umwandlungssatzes sollte meiner Ansicht nach hauptsächlich nach internen Kriterien erfolgen. Ein Marktvergleich kann zwar hilfreich sein, um sicherzustellen, dass man nicht völlig aus der Reihe tanzt. Entscheidend bleibt jedoch das individuelle Versprechen an die eigenen Versicherten.
Angesichts der langfristigen Garantien bei Rentenzahlungen: Welche Risiken bestehen bei steigenden Umwandlungssätzen für die Stabilität der Pensionskassen in einem möglicherweise volatilen Marktumfeld?
Bei langfristigen Rentenversprechen in einem volatilen Marktumfeld besteht das Risiko, dass höhere Umwandlungssätze die finanzielle Stabilität untergraben. Steigende Umwandlungssätze bedeuten höhere Rentenverpflichtungen, die über Jahrzehnte hinweg stabil finanziert werden müssen. Wenn wir uns nun aber anschauen, in welchem Bereich sich die Umwandlungssätze heute bewegen und von wo aus man gekommen ist, dann schätze ich dieses Risiko zurzeit als eher gering ein. Die Pensionskassen haben ihre Hausaufgaben gemacht.