Herr Eckert, die Klimastiftung Schweiz existiert seit 2008. Welchen Beitrag hat die Stiftung zur Dekarbonisierung der Wirtschaft geleistet?
Die Klimastiftung Schweiz hat seit ihrer Gründung Klimaschutzprojekte von über 2100 Schweizer und Liechtensteiner KMU mit rund 33 Millionen Franken unterstützt – und dabei ein Vielfaches an weiteren Investitionen ausgelöst. Mit vergleichsweise kleinen Mitteln können wir relativ viel bewegen. Das liegt unter anderem daran, dass in unseren Gremien viele Entscheiderinnen und Entscheider unserer Partnerfirmen sitzen, die sich untereinander austauschen, sich über neue Ansätze im Klimaschutz informieren und dadurch eine grosse Kompetenz aufbauen.
Das tönt jetzt fast so, als ob sich die Klimastiftung Schweiz vor allem als Wissensvermittlerin sieht und nicht als Umsetzerin.
Nein, dem ist nicht so. Unsere primäre Aufgabe ist die Anschubfinanzierung für Projekte und Entwicklungen in Schweizer und Liechtensteiner KMU, die dem Klima zugutekommen. Damit schaffen wir Wertschöpfung, und zwar nicht irgendwo, sondern hier in unserem Land. Wir unterstützen die Wirtschaft und helfen, dass sich KMU mit den richtigen Produkten und Lösungen für die Klimazukunft rüsten. Zudem haben wir eine Sensibilisierungsaufgabe und sprechen zusammen mit den Finanzierungspartnern auch darüber, was wir tun.
Hat sich an der Ausrichtung seit der Gründung der Klimastiftung Schweiz etwas verändert?
Ja, sogar sehr viel. Das Klimabewusstsein ist heute ein komplett anderes als vor 13 Jahren. Unsere Partnerfirmen waren bei der Gründung am Thema interessiert, doch damals war dies eher eine Reputationsschutzmassnahme. Lag der Fokus früher vor allem auf Energieeffizienz und Energiesparen, sind die Gespräche heute viel fach- und kompetenzorientierter. Unser Schwerpunkt liegt heute primär auf Innovationen mit positiver Wirkung aufs Klima.
Weshalb dieser Gesinnungswandel?
Die Veränderungen sind vor allem durch den Druck von aussen getrieben, sei es aufgrund von Regulatorien oder vonseiten der Shareholder.
Nicht nur unsere Partnerfirmen stehen aktuell vor grossen Herausforderungen, um künftig den schweizerischen oder europäischen regulatorischen Anforderungen zu entsprechen oder diese umzusetzen. Vielen Firmen ist noch nicht vollständig klar, wie sie den Weg zu Net Zero gehen sollen, wozu manche sich verpflichtet haben. Vor allem die Dekarbonisierung der gesamten Kunden- und Lieferantenkette ist eine Herkulesaufgabe.
Zu ihren Partnerfirmen gehören vor allem Banken und Versicherer. Welche Rolle kommt Letzteren auf dem Weg zu Net Zero zu?
Die Versicherer bewegen sich in drei Hauptfeldern: Einerseits müssen sie ihren eigenen Betrieb klimaneutral machen, was meines Erachtens die einfachste Aufgabe ist. Da geht es primär um die energetische Sanierung der Gebäude und die Energie, die die IT-Systeme verbrauchen. Die Zulieferkette ist dabei nicht zu vernachlässigen.
Der zweite Bereich betrifft die Assets. Will heissen: Die Versicherer müssen zusehen, dass ihre Investments klimaverträglicher werden. Und zu guter Letzt ist da noch das Versicherungsgeschäft: Hier haben die Versicherer die indirekte Verantwortung, dass die Projekte, die Menschen, die Firmen oder die Staaten, die versichert werden, ebenfalls den Klimawandel aufgreifen; das ist definitiv die schwierigste Aufgabe. Je nach Branche, in der die Versicherer tätig sind, ist die anstehende Transformation sehr herausfordernd.
An welche Branchen denken Sie?
An die fossilen Brennstoffe, die Bau- und Immobilienindustrie, aber auch an die Landwirtschaft. Diese Bereiche brauchen noch viele Innovationen, damit sie sich transformieren können. Gleichzeitig ist diese Transformation mit Risiken behaftet, die auch versichert werden können.
Die Versicherer haben hier zugleich die Herausforderung und die Chance, diese Risiken teilweise zu übernehmen und zu finanzieren, um das Unternehmertum zu unterstützen und zu fördern.
Apropos Risikofinanzierung, im Zusammenhang mit Klimarisiken fällt immer wieder das Wort Unversicherbarkeit. Was heisst das für die Versicherer?
Gewisse Schäden könnten mit dem fortschreitenden Klimawandel so oft vorkommen, dass deren Versicherung nicht mehr mit bezahlbaren Prämien zu decken wäre. Dies könnte für die Versicherer eine Reduktion des Geschäfts in diesem spezifischen Feld bedeuten. Die Unversicherbarkeit ist allerdings eher ein gesellschaftliches Problem als ein Versicherungsproblem. Es können neue Versicherungslücken entstehen, die die Resilienz der betroffenen Systeme und Gesellschaften auf die Probe stellen.
Das zeigt: Wir müssen alles daransetzen, dem Klimawandel entgegenzuwirken, und die Innovationen dazu nutzen, um die CO2-Emissionen drastisch zu senken. Hier steht jedes Unternehmen in der Verantwortung, sich strategische Gedanken zu machen und sich zu überlegen, mit welchen Produkten es in Zukunft einen Beitrag zur Reduktion des CO2 leisten möchte. Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Geschäft, denn diese Produkte werden auf dem Markt immer begehrter.
Als Klimastiftung Schweiz fördern Sie die Entwicklung von solchen Innovationen. Wie profitieren denn Ihre Partnerfirmen, die ja primär Versicherer und Banken sind, von diesen Lösungen und Produkten?
Auch Versicherer und Finanzdienstleister können von den Produkten profitieren, die mithilfe unserer Innovationsförderung entstehen, denn sie müssen ihre Portfolios und Operationen ja ebenfalls klimaneutral machen. Immobilien beispielsweise sind heute alles andere als klimaneutral. Dafür werden neue Lösungen nötig, neue Materialien sowie neue Business- und Produktionsprozesse, die helfen, das Geschäft zu dekarbonisieren.
Können Sie ein konkretes Beispiel von einer Innovation geben, die die Klimastiftung Schweiz gefördert hat und die für die Partnerfirmen von Nutzen ist?
Das KMU BS2 etwa hilft Bauherren und Portfoliomanagern, den CO2-Fussabdruck ihres Immobilienportfolios strategisch zu minimieren. Neustark wiederum ist eine Produktlösung, die es erlaubt, einen Teil der produktionsbedingten CO2-Emissionen von Beton wieder zu mineralisieren. Dadurch wird weniger CO2 beim Bau emittiert.