Herr Bewersdorf, kurz gesagt betreibt iptiQ eine Plattform für digitale Versicherungsabschlüsse. Können Sie Ihr Geschäft etwas genauer erklären?
Wir möchten Versicherungen in das tägliche Leben der Kunden von unseren Partnern einbetten. So machen wir Versicherungen hoffentlich zu einem kundenfreundlicheren Erlebnis. IptiQ verändert also die Art und Weise, wie Versicherungen erlebt werden. Wir helfen Verbrauchern, die Versicherungen, die sie wirklich benötigen, schneller, einfacher und bequemer abzuschliessen und zu nutzen. Dies erreichen wir, indem wir Partnerschaften mit Versicherern, Versicherungsvermittlern, Banken und führenden Verbrauchermarken eingehen. Als Teil dieser Partnerschaft stellen wir ihnen individuelle und flexible Versicherungsprodukte, Daten und modernste Technologien zur Verfügung. So können unsere Partner wiederum ihren Kunden herausragende Versicherungslösungen und ein einzigartiges Kundenerlebnis bieten.
Geht es noch etwas konkreter?
Wir entwickeln digitale Leben-, Kranken-, Hausrat- und Kfz-Versicherungsprodukte, die von unseren Partnern unter ihren eigenen Marken, aber mithilfe unserer Technologie angeboten und verkauft werden können. Wir sind natürlich auch offen für Produkte von anderen Versicherern, die sie auf unserer Plattform anbieten können. Unsere Zusammenarbeit mit der Zurich Versicherung ist ein gutes Beispiel dafür. Dadurch können unsere Partner ihr Geschäft ausbauen, ihre Marke stärken und ihren Kundenwert steigern – und das alles extrem effizient. Und die Endkunden haben ein besseres Erlebnis mit ihren Versicherungen.
«IptiQ kann andere Versicherungen unterstützen, die neue, digitale Produkte anbieten, neue Märkte oder neue Vertriebskanäle effizient erschliessen wollen.»
Welche konkreten Services können über iptiQ respektive die Tools/die Plattform von iptiQ abgewickelt werden?
Wir bieten eine digitale Versicherungsplattform, die unsere Partner an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen können. Unsere Multikanal-Lösung ermöglicht dabei den Vertrieb sowohl direkt an Endkunden als auch über Vermittler. All dies wird durch datengesteuertes Underwriting, also die datengesteuerte Einschätzung der möglichen Versicherungsrisiken, modernste Technologie und verhaltenswissenschaftliche Ansätze ermöglicht. Mithilfe von Analyse- und Tracking-Tools bauen wir ein umfassendes Verständnis des Kundenverhaltens auf. Wir analysieren zum Beispiel, wann und warum Kunden den Kaufprozess einer Versicherung abbrechen, und erarbeiten gemeinsam mit unseren Partnern Verbesserungen. In einem nächsten Schritt setzen wir Anpassungen und Verbesserungen schrittweise um, um die Verbraucher besser durch den Versicherungskaufprozess zu führen. Wir testen und lernen ständig gemeinsam mit unseren Partnern.
Inwiefern kann iptiQ die mehr als 1000 Grosskunden der Muttergesellschaft Swiss Re ganz konkret bei der Digitalisierung des Versicherungsgeschäfts unterstützen?
IptiQ kann andere Versicherungen unterstützen, die neue, digitale Produkte anbieten, neue Märkte oder neue Vertriebskanäle effizient erschliessen wollen. Wir unterstützen sie dabei, ihren Kunden schnell und kosteneffizient hochwertige Versicherungslösungen anzubieten. IptiQ unterstützt auch Firmenkunden, die schon über eine starke Marke verfügen und Versicherungsprodukte in ihr Ökosystem integrieren wollen. Wir helfen ihnen, den Umsatz und den Kundennutzen durch persönliche Lebens- und Nichtlebensversicherungen zu steigern. Wir können unsere Produkte in schon bestehende Kanäle integrieren und arbeiten mit unseren Partnern an der Vermarktung der Produkte und daran, wie sie diese ihren Kunden in deren bevorzugten Kanälen anbieten können.
Ist iptiQ ebenso international ausgerichtet wie Swiss Re, oder auf welche Märkte fokussieren Sie?
IptiQ ist eines der wenigen skalierten und global tätigen Insurtechs und in zehn Ländern auf drei Kontinenten (Europa, Nordamerika, Australien) präsent. Weitere Märkte sind in Planung.
«Die grundsätzliche Frage ist, was Versicherer tun können, um das Erlebnis mit Lebensversicherungen für alle Kunden zu verbessern.»
Einer der neuesten Partner von iptiQ ist die deutsche Immobilienplattform Immoscout24, für die iptiQ eine Mietausfallversicherung entwickelt hat. Was davon ist iptiQ?
Beide Partner konzentrieren sich auf ihre jeweiligen Fachgebiete, um so den grössten Wert und das beste Erlebnis für die Kunden zu schaffen. Immoscout24 agiert als registrierter Vertreter und bewirbt das digitale Versicherungsprodukt mithilfe seiner Marketingaktivitäten. Immoscout24 bietet andere Versicherungsprodukte an, aber unsere Mietausfallversicherung ist das erste Versicherungsprodukt unter ihrer eigenen Marke und es ist vollständig in ihre digitalen Verkaufsprozesse integriert. IptiQ bringt das Versicherungs-Know-how ein – vom Produktdesign, der User Journey und dem Kundenerlebnis bis hin zur Policenausstellung, zu den Verträgen und dem Schadenmanagement, zu 100 Prozent digital und vollständig als White Label. IptiQ liefert das Versicherungsprodukt durch eine umfassende API-basierte Lösung, die eine direkte und nahtlose Interaktion mit Partner-Ökosystemen ermöglicht. Dieses neue Angebot wurde übrigens innerhalb von nur drei Monaten erstellt.
Gemeinsam mit der Zurich haben Sie sich zum Ziel gesetzt, dass man Risikolebensversicherungen künftig in wenigen Minuten und verbindlich online abschliessen kann. Aber wer will das? Hierzulande werden nur 10 bis 15 Prozent der Policen online abgeschlossen. Und gerade Lebensversicherungen sind ja recht komplex und langfristig bindend.
Die grundsätzliche Frage ist, was Versicherer tun können, um das Erlebnis mit Lebensversicherungen für alle Kunden zu verbessern. Wir glauben, dass es wichtig ist, den Kunden bei jedem Schritt zu unterstützen. Während nur eine Minderheit der Verbraucher in der Schweiz derzeit eine Lebensversicherung online kauft, recherchieren viele Verbraucher online, um sich zu informieren, Angebote zu prüfen und zu vergleichen, bevor sie tatsächlich eine Police kaufen. Wir können unseren Partnern digitale Multikanal-Kompetenzen anbieten, basierend auf den Kundengruppen und Präferenzen ihrer Kunden.
Swiss Re ist letztes Jahr bei Getsafe, einem App-basierten Anbieter von Versicherungen, eingestiegen. Wie gehen Getsafe und iptiQ zusammen?
IptiQ und Getsafe sind strategische Partner. IptiQ war der Hauptinvestor in der Getsafe-Finanzierungsrunde Ende 2020 – wobei sich auch andere bestehende Investoren an den 30 Millionen Dollar beteiligt haben. IptiQ bietet Getsafe Zugang zu unserer Versicherungsexpertise und unseren Fähigkeiten. Wir unterstützen Getsafe, indem wir unsere Versicherungsprodukte und unsere digitale Plattform entlang der gesamten Wertschöpfungskette integrieren. Das erste Produkt aus unserer Zusammenarbeit, ein digitaler Kfz-Versicherungsschutz, wurde im November in Deutschland eingeführt.
«Die Marke iptiQ existiert seit 2016 und entstand aus mehreren Technologie-Initiativen entlang der Versicherungswertschöpfungskette.»
Welche neuen Partner/Projekte sind in der Pipeline?
Wir verspüren derzeit weltweit ein stark zunehmendes Interesse von Partnern, unsere Lösungen zu nutzen. Somit werden wir in den nächsten Monaten und zu gegebener Zeit einige spannende neue Partnerschaften bekannt geben dürfen.
Wie viele Mitarbeitende hat iptiQ?
Die Marke iptiQ existiert seit 2016 und entstand aus mehreren Technologie-Initiativen entlang der Versicherungswertschöpfungskette. Seit dem 1. Januar 2021 ist iptiQ eine eigenständige Division innerhalb der Swiss Re und hat heute ca. 650 Mitarbeitende (Q1 2021), ungewöhnlich viele davon mit technischem Hintergrund. Wir erwarten, dass wir in den nächsten Jahren weiter stark wachsen und unser hoch kompetentes Team vor allem mit Talenten aus den Bereichen Technologie, Vertrieb und Endkundenversicherung verstärken werden.
Wie hoch waren die erzielten Bruttoprämien im ersten Halbjahr und was erwarten Sie für das Gesamtjahr?
IptiQ ist im ersten Halbjahr 2021wieder stark gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die gebuchten Bruttoprämien für das Kerngeschäft um 133 Prozent auf 333 Millionen Dollar. Dazu haben alle Geschäftsbereiche beigetragen. Besonders dynamisch wuchs das 2020 lancierte Sach- und Haftpflicht-Geschäft in der Region EMEA.
Wann wird iptiQ die Gewinnschwelle erreichen?
IptiQ befindet sich in jedem der Märkte, in denen wir tätig sind – derzeit wie erwähnt Europa, USA und Australien – in einem anderen Wachstums-/Reifegrad. Basierend auf dem aktuellen Geschäftsmix erwarten wir, dass wir uns gegen Mitte dieses Jahrzehnts dem Break-even nähern werden. Dies hängt jedoch weitgehend vom Umfang des Wachstums und der Höhe der künftigen Investitionen in neue Märkte ab.
Was bedeutet der Name iptiQ?
IptiQ ist nicht etwa eine Abkürzung, sondern unser einzigartiger Markenname, der es uns ermöglicht, als White-Label-Anbieter mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. Wir geben ihnen eine neue Sichtweise auf Versicherungen und schaffen unkomplizierte Versicherungsangebote für ihre Kunden.