Die Nachfrage nach Tickets für das von den Gründungspartnern des Spezialbrokers Haefeli & Schroeder Financial Lines AG ins Leben gerufene Forum war gross: Mehr als 300 Versicherungsexpertinnen und -experten nutzten die Möglichkeit, um sich untereinander auszutauschen und von hochkarätigen Experten mehr über aktuelle Entwicklungen bei D&O- und Cyberversicherungen zu erfahren. Eine Rekordbeteiligung. 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Europa zwischen den Fronten?»

Das Timing für den ersten Gast hätte besser nicht sein können. Nur wenige Stunden, nachdem US-Präsident Donald Trump in Washington am so genannten «Liberation Day» seinen Zollhammer verkündete und damit der ganzen Welt den Handelskrieg erklärte, stand Constanze Stelzenmüller, Direktorin des Center on the United States and Europe und erste Inhaberin des Fritz-Stern-Chair bei der Brookings Institution - einer Forschungsstelle zu transatlantischen Beziehungen - in einem Keynote-Interview den Fragen des Organisators Markus Haefeli Rede und Antwort.  

Constanze Stelzenmüller und Markus Haefeli im Gespräch.

Constanze Stelzenmüller und Markus Haefeli im Gespräch.

Quelle: ZVG

Aufregende Zeiten

«Die Zeiten könnten aufregender nicht sein», umschrieb sie die aktuelle Situation und prophezeite: «Der Schock wird sich ausweiten». Derzeit regiere Donald Trump vor allem über Exekutivanordnungen und umgehe damit den Kongress und die amerikanische Verfassung, die im nächsten Jahr 250 Jahre alt wird. Aber auch aussenpolitisch verursache die aktuelle US-Politik massiven Schaden.

Gerade die Bereitschaft, mit Russland und China Deals zu machen, müsse die Europäer beunruhigen. Der Kontinent sollte sich als Folge dieser Politik stärker auf sich selbst besinnen und habe auch die dafür notwendigen Mittel, um diese Kraftanstrengung zu leisten, blieb die renommierte Juristin und Publizistin dennoch optimistisch.

D&O: Prämien stehen stark unter Druck

Der weitere Vormittag stand dann ganz im Zeichen der D&O-Versicherungslandschaft. Nach einem regulatorischen Update diskutierte Mark Wilhelm (Wilhelm Rechtsanwälte) mit Daniel Halter, Director Global Insurance bei Sandoz, Antje Beck, CEO der Mahle Versicherungsvermittlung und Vorstandsmitglied des Gesamtverbands der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW), Pawel Paluch, Global Underwriting Manager bei Zurich und Alexandra Braun, Head of Underwriting Financial Lines Deutschland & Schweiz bei Allianz Commercial im Rahmen einer Podiumsdiskussion wohin der Weg bei D&O für Versicherer und ihre Kunden geht.

Obwohl die Schäden tendenziell zugenommen hätten, würden die Prämien weiter unter Druck stehen. Diese gehen trotz der für Versicherer hohen Risiken derzeit zurück, was die Kunden natürlich freut. Es herrsche bei Renewals derzeit «viel Ruhe auf dem Markt», 97 Prozent der Unternehmenskunden würden laut einer GVNW-Umfrage ihrem Versicherer die Stange halten.

Es gebe viel Überkapazität auf Seiten der Versicherer, was den Preiswettbewerb weiter anheize. Neue Risiken würden sich zudem nicht in höheren Schadenzahlen widerspiegeln. Der Markt bleibe also erst einmal weiterhin «soft», auch wenn die Geschwindigkeit der Preissenkungen abnimmt, lautet ein Fazit der Gesprächsrunde. Der Fokus dürfte bei Versicherern künftig auf Profitabilit liegen. 

Daten um jeden Preis schützen

Den Themenschwerpunkt «Cyber»läutete am Nachmittag dann der noch amtierende Armeechef Thomas Süssli ein. Er machte in seiner Keynote «You! are the Target» deutlich, dass jede Person und jedes Unternehmen ein Angriffsziel von Cyberkriminellen ist. Die Bedrohungslage habe sich in den vergangenen Jahren massiv verschärft, die Cyberangriffe nehmen stark zu, was er mit eindrücklichen Beispielen untermauerte. Neben Lösegeldforderungen würden dabei vor allem Spionage und Sabotageakte auf kritische Infrastruktur im Mittelpunkt stehen. 

«Wir befinden uns in einem hybriden Konflikt», betonte Süssli, vor allem mit Ländern wie China und Russland. Die Angriffe - auch durch Desinformation - hätten eine Destabilisierung Europas zum Ziel. Deshalb müsste die Schweiz im Bereich der Cyberabwehr besser werden, die Armee verfüge seit letztem Jahr beispielsweise über ein eigenes Cyberkommando. Es gelte aber auch für Personen und Unternehmen, dass die eigenen Daten um jeden Preis geschützt werden müssten. Daten in die Cloud zu verschieben, sei nicht immer die beste Lösung. 

Sieht die Sicherheit durch Cyberkriminelle massiv bedroht: Thomas Süssli, der noch amtierende Schweizer Armeechef.

Sieht die Sicherheit durch Cyberkriminelle massiv bedroht: Thomas Süssli, der noch amtierende Schweizer Armeechef.

Quelle: ZVG

Lücken schliessen

Damit war der Teppich für das Themenfeld Cyber ausgerollt. Die aktuellen Entwicklungen rund um Cyberrisiken und -versicherungen griff eine weitere Podiumsdiskussion mit Jonas Schwade, CEO der Cysmo Cyber Risk GmbH, Stephan Berger, Head of Investigations bei Infoguard, Sylvie Verdier, Senior Underwriter Financial Lines / Cyber bei AXA XL und Gülsah Dagdelen, Underwriting Manager Cyber EMEA & LatAm bei Tokio Marine HCC unter der Moderation von Natalie Kress-Happel, Cyber Line Manager Eastern Region bei der Chubb European Group auf.

Das Bedrohungspotenzial werde grösser, die Methoden der Cyberkriminellen nicht zuletzt dank der künstlichen Intelligenz raffinierter. So gab es allein im ersten Halbjahr 2024 in der Schweiz bei Cybervorfällen ein Plus von 82 Prozent, Tendenz weiter steigend.

Dennoch werde das Risiko aufgrund der Komplexität und eigenen Cyber-Fachsprache oftmals nicht ausreichend verstanden, was  gerade aus Kundensicht ein Problem darstelle. Diese «Knowledge gap» gelte es zu reduzieren, Anbieter und Käufer müssten mehr und auf der gleichen Ebene miteinander kommunizieren.

HZ Insurance-Newsletter DAILY
Andrea Hohendahl, Chefredaktor von HZ Insurance, und sein Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
HZ Insurance-Newsletter DAILY

Viele Unternehmen haben keine Cyberdeckung

Vor allem angesichts der Tatsache, dass es neben dem Knowledge gap auch ein «Protection gap» zu schliessen gebe - nicht einmal zehn Prozent der Schweizer Firmen beispielsweise verfügen überhaupt über eine entsprechende Cyberversicherung. Immerhin: Der Markt für Cyberversicherungen ist in der Schweiz 2023 um 18,7 Prozent gewachsen, allerdings von einem niedrigen Niveau kommend.

Das Wachstumspotential ist also gross, die Deckungen sind breiter geworden, die Prämien sinken derzeit sogar. Die Geschäftserwartungen sind seitens der Versicherer hoch. Nun müsse die Komplexität der Cyberversicherungen reduziert werden, damit die vielen KMU in der Schweiz den (dringenden) Bedarf auch erkennen, so die Expertinnen und Experten. Auch in diesem Bereich bleibt es also weiterhin spannend, wohin die weitere Reise geht.