Es ist ein Phänomen, das schon länger im Online-Universum beobachtet werden kann: Viele Menschen wehren sich grundsätzlich gegen das Ausspionieren ihrer persönlichen Daten. Freiwillig werden allerdings oft grosszügig Personendaten freigegeben, um in Messenger-Apps präsent zu sein oder um Sonderangebote zu erhalten und von günstigeren Preisen zu profitieren.
Umfragen der Business- und IT-Beratung Sollers Consulting zeigen nun: Ein Drittel der Klienten von Versicherungsunternehmen ist bereit, für Angebote wie Prämienrabatte persönliche Daten zu teilen. Kundinnen und Kunden sind demnach viel offener für die Weitergabe ihrer Daten, als bisher in der Branche angenommen wurde.
Gemeinsam mit Ipsos hatte Sollers 3800 Versicherungskunden in Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und Polen zu ihrem Umgang mit Versicherungen befragt. Dabei zeigte sich, dass befragte Kundinnen und Kunden aufgrund von Inflation und hohen Lebenshaltungskosten zunehmend digitale Versicherungsprodukte in Betracht ziehen, bei denen die Weitergabe von Daten erforderlich ist. 34,5 Prozent der Kunden würden Daten mit ihren Versicherern teilen, um eine günstigere Police zu erhalten.
«Vernetzte Geräte und IoT-Gadgets produzieren eine rasch wachsende Menge an Daten. Neue regulatorische Initiativen sollen es Kunden ermöglichen, diese Daten mit anderen Unternehmen zu teilen. Im Versicherungsbereich wird dies sowohl für die Kunden als auch für die Versicherungsunternehmen von Vorteil sein», ist Mateusz Stasiaks Einschätzung.
Akzeptanz für digitale Versicherungsangebote steigt
Die Bereitschaft, digitalen Versicherungsschutz über Kfz-Telematik oder Versicherungen auf Abruf zu erwerben, ist sogar noch höher als beim einfachen Teilen von Daten. Im Durchschnitt würden 46 Prozent der Kunden diese Produkte kaufen, wie die Umfragen zeigten.
Am beliebtesten sind Versicherungsprodukte auf Abruf, die ein- und ausgeschaltet werden können. Sie haben eine Zustimmungsrate von 51 Prozent. Nutzungsabhängige Versicherungen wie beispielsweise Pay-as-you-drive-Produkte stehen fast ebenso hoch im Kurs (50,25 Prozent). Die am weitesten verbreitete und akzeptierte Option datengesteuerter Versicherung ist Kfz-Telematik, bei der das Fahrverhalten über eine Box im Auto oder ein Smartphone aufgezeichnet wird. Intelligente Hausratversicherungen sind weniger verbreitet, finden aber immer noch grosse Akzeptanz bei den Kunden. Etwa ein Drittel ist an diesen Produkten interessiert.
Reaktion auf steigende Versicherungskosten
Weil Versicherungskosten aufgrund der Inflation und Naturkatastrophen steigen, suchen Kunden nach anderen Optionen. «Das Teilen von Daten trägt zu einem besseren Verständnis individueller Risiken bei und unterstützt die Prävention», sagt Mateusz Stasiak, Head of Data bei Sollers.
Neue digitale Produkte werden nach seiner Einschätzung zu günstigeren und massgeschneiderten Versicherungsprodukten führen. «Wir gehen davon aus, dass Versicherer in den nächsten Jahren in die Neugestaltung ihrer Datenarchitektur und in neue Kundenlösungen investieren.»
Mehr Schutz für Personendaten
In der Schweiz steht mit dem ab 1. September 2023 geltenden Datenschutzgesetz (DSG) der Schutz personenbezogener Daten stark im Mittelpunkt. Die überarbeitete Regelung ermöglicht das Sammeln, Auslesen und Nutzen von Daten – allerdings in deutlich engeren Grenzen als zum Beispiel in den USA. In vielen Fällen ist eine besondere Einwilligung der Kundinnen und Kunden erforderlich.
Die Transparenz in Bezug auf die Erhebung und Bearbeitung von Personendaten sicherzustellen, ist Schweizer Versicherern wichtig und wird als Chance verstanden, wie zum Beispiel Thomas Neumeier, Konzerndatenschutzbeauftragter und Leiter der Fachstelle Datenschutz bei Helvetia, erläutert: «Wir können das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden in Helvetia als vertrauenswürdige Partnerin für Versicherungs-, Vorsorge- und Finanzlösungen weiter stärken, indem wir einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten und maximale Transparenz gewährleisten.»
Darüber hinaus hat die Diskussion um das neue DSG die Verantwortlichen bei Helvetia dazu angehalten, Praktiken und Prozesse sowie die Unternehmensgovernance kritisch zu überdenken und an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Neumeier: «Wir nutzen diese Chance, um unsere Datenmanagementstrukturen zu reorganisieren und robuste Datenschutz-Compliance-Massnahmen zu implementieren.»