Einerseits steigen die Kosten der Versicherer für Schadenregulierungen zum Beispiel aufgrund häufiger auftretender Naturkatastrophen, andererseits werden Rabatte an Kunden oft zu grosszügig und unkontrolliert gewährt. Vor allem bei Firmenkunden summieren sich Rabatte schnell zu 40 bis 50 Prozent der Bruttoprämien​.

Rabatte ohne Regeln: Ein strukturelles Problem

In Zeiten von extremen Wetterereignissen wie Erdrutschen oder Überflutungen werden traditionelle Prämienmodelle aus den Fugen gehoben. Gleichzeitig vergeben Versicherer Rabatte unverändert und ignorieren die verschärfte Risikolandschaft. Damit schwächen sie ihre Kapitaldecken und laufen Gefahr, im Ernstfall nicht ausreichend Rückstellungen zu haben​.

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Ein Blick in die Praxis zeigt: Häufig werden Rabatte basierend auf dem «Bauchgefühl» oder persönlichen Kundenbeziehungen gewährt. Vertriebsmitarbeiter besitzen weitreichende Rabattvollmachten, die selten systematisch kontrolliert und eingesetzt werden. Die Folge sind Verluste durch unkontrollierte Rabattvergaben und ineffiziente Steuerung des Preismanagements​: Rabattvergabe mit der Giesskanne.

Optimierungspotenziale für Versicherer

Dazu gesellt sich die psychologische Ineffektivität vieler Rabatte. Andere Branchen wie der Einzelhandel machen es vor, indem sie gezielt mit psychologischen Effekten wie Verlustaversion arbeiten​.

Wir empfehlen einen klaren Paradigmenwechsel: Es braucht eine klare Rabatt-Governance: Versicherer müssen klare, auf das Unternehmen und seine Ziele abgestimmte, Regeln zur Rabattvergabe definieren, diese an Kundensegmente anpassen und Entscheidungsprozesse eskalierbar gestalten.

Einbezug von datengetriebenen Pricing-Tools: Künstliche Intelligenz und historische Daten sollten Rabatte in Echtzeit optimieren. Die Berechnungs-Tools basieren auf historischen Kundendaten und Peer-Group-Analysen, kombiniert mit klar definierten Preis-, Produkt- und Unternehmenszielen.

Kommunikation des Rabatts

Schulung des Vertriebs: Vertriebsmitarbeiter sollten immer genau wissen, wie Mehrwerte eigener Produkte optimal zu kommunizieren sind, und Rabatte nur gezielt einsetzen, wenn sie dem Kunden nachhaltige Vorteile bieten oder eine langfristige Bindung sicherstellen. Es lohnt sich, intern ein «Behavioral Rabatt-Playbook» zu entwickeln, welches die wichtigsten «Dos and Don’ts» entlang des Sales-Funnels aufzeigt und gezielt auf den Zeitpunkt, die Höhe und die Kommunikation des Rabatts gegenüber dem Kunden eingeht.

Überprüfung der Anreizsysteme: Boni für zurückhaltende Rabatte bei gleichzeitig stabiler Kundenakquise schaffen nachhaltige Anreize​.

Etablierung eines regelmässigen Monitorings, um die Auswirkungen von Rabatten auf Margen und Profitabilität transparent zu machen und frühzeitig gegensteuern zu können. Dies ist besonders relevant, um kontinuierliche Erkenntnisse zu gewinnen, die strukturiert in das Rabatt-Governance-Modell einfliessen und dessen Optimierung vorantreiben. 

Rabatte – Instrumente zur strategischen Steuerung

Kurzfristig können Versicherer Quick Wins erzielen, indem sie ineffektive Rahmenverträge und Kooperationsrabatte überprüfen. Langfristig müssen Anreize geschaffen werden, die Rabattvergabe gezielt mit Neukundengewinnung und Kundenbindung zu verknüpfen​. Rabatte dürfen nicht länger «Renditekiller» sein, sondern müssen zu strategischen Steuerungsinstrumenten avancieren.
Der Rabattwildwuchs ist ein Luxus, den sich Schweizer Versicherer in Zeiten steigender Kosten und Risiken nicht mehr leisten können. Ein intelligentes Rabattmanagement ist heute kein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit für die Wettbewerbsfähigkeit. Denn nur wer Rabatte gezielt einsetzt, kann Margen stabilisieren und profitabel wachsen.