Wie viele Schadenmeldungen im Bereich der privaten Wohngebäudeversicherung sind im vergangenen Jahr bei der Baloise eingegangen?
Die Anzahl der Schadenmeldungen weist eine starke Korrelation zur Situation im Bereich der Elementarschäden auf. In den letzten Jahren ist daher ein Anstieg zu verzeichnen. Im Jahr 2024 bearbeiteten wir eine niedrige fünfstellige Anzahl von Schadenfällen im Rahmen der Gebäudeversicherung.
Welche Schadenereignisse für Wohngebäude treten in der Schweiz am häufigsten auf und welche verursachen die grössten Schäden?
Wasserschäden sind eine der häufigsten Ursachen für Schäden an Wohngebäuden in der Schweiz. Sie entstehen oft durch defekte Rohrleitungen, verstopfte Abflüsse oder undichte Dächer. Der Klimawandel und die damit verbundenen Naturkatastrophen steigern die Zahl der Elementarschäden, wie zum Beispiel Hochwasser, Überschwemmungen sowie Hagelschäden. Brände sind zwar seltener, aber sie können enorm hohe Kosten verursachen. Deshalb ist die Feuerversicherung für Gebäude in der Schweiz – mit wenigen Ausnahmen – obligatorisch. Die Versicherung gegen Elementarschäden wird immer gemeinsam mit der Feuerversicherung vereinbart, so dass die grössten zu erwartenden Schadenereignisse abgesichert sind.
Clemens Markstein ist seit Juli 2023 CEO der Baloise Schweiz. Er stiess 2009 als Leiter Produktmanagement Unternehmenskunden zur Geschäftsleitung des Konzernbereichs Schweiz. Ab 2017 war er Leiter Operations & IT.
Was können Hausbesitzer tun, um Schäden zu verhindern?
Ein umfassender Schutz beginnt mit präventiven Massnahmen. Hausbesitzerinnen und -besitzer sollten beispielsweise regelmässig Wasserleitungen, Dachrinnen und Abdichtungen überprüfen und instand halten, um Schäden durch Sturm und Wasser zu vermeiden. Weitere Schutzmassnahmen wie das Einfahren von Storen bei Unwettern oder der Einbau von Rückstauklappen können ebenfalls effektiv Schäden verhindern. In Kantonen mit einer kantonalen Gebäudeversicherung wird der Schutz bereits bei der Prüfung von Baugesuchen berücksichtigt, indem mögliche Naturgefahren vor einer Baubewilligung bewertet werden.
Welche Kantone bieten eine kantonale Gebäudeversicherung an?
In 19 von 26 Kantonen existieren obligatorische kantonale Gebäudeversicherungen. In den restlichen sieben Kantonen Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis und Obwalden – den sogenannten GUSTAVO-Kantonen – gibt es keine kantonale Gebäudeversicherung; dort müssen Gebäudebesitzerinnen und -besitzer ihren Schutz bei einer privaten Versicherung abschliessen.
Welchen Unterschied macht es für den Versicherten oder die Versicherte, ob es sich um eine kantonale oder eine private Gebäudeversicherung handelt?
Grundsätzlich unterscheiden sich kantonale und private Gebäudeversicherungen in der Schweiz weniger in den versicherbaren Leistungen als im Zusatzangebot. Private Gebäudeversicherungen bieten grundsätzlich ein etwas breiteres Spektrum an Zusatzabsicherung. Beispiele hierfür sind die Wasser- und Erdbebendeckung, die nur vereinzelt durch kantonale Versicherer angeboten werden.
In welchen Kantonen ist die Gebäudeversicherung obligatorisch?
In den meisten Kantonen ist der Schutz gegen Feuer- und Elementarschäden obligatorisch, lediglich in den Kantonen Wallis, Tessin, Genf und Appenzell Innerrhoden gibt es kein solches Obligatorium. In Obwalden, Schwyz und Uri ist die Gebäudeversicherung zwar obligatorisch, jedoch müssen Gebäudebesitzerinnen und -besitzer ihre Versicherung wie angesprochen bei privaten Anbietern abschliessen. Diese Regelung beruht auf kantonalen Gesetzen, die sicherstellen, dass alle Gebäude ausreichend versichert sind, auch wenn die Abwicklung nicht über eine kantonale Institution erfolgt.
Wie hoch könnten die Prämien in Zukunft steigen, in Relation zum Baupreis, angesichts häufigerer Elementarereignisse und steigender Schadenssummen?
Die Prämien für die Elementarschadenversicherung sind gesetzlich festgelegt. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ist für die regelmässige Überprüfung und Festlegung verantwortlich. Darüber hinaus werden die Prämien durch die Indexierung der Versicherungssumme an den Baupreisindex angepasst. Dieser Index wird im Rahmen der Preisstatistik zweimal jährlich vom Bundesamt für Statistik (BFS) erhoben und erfasst die Preisentwicklung bedeutender Bauwerksarten im Hoch- und Tiefbau. Dadurch wird sichergestellt, dass bei einer möglichen Entschädigung auch die Entwicklung der Baukosten berücksichtigt wird.
Der Elementarschadenpool ist ein weltweit einzigartiges Solidaritätsmodell der Schweizer Versicherungsbranche.
Clemens Markstein
Die Schweizer Versicherungsbranche kennt das Modell des Elementarschadenpools. Was ist das Besondere daran?
Der Elementarschadenpool ist ein weltweit einzigartiges Solidaritätsmodell der Schweizer Versicherungsbranche, das seit 1936 besteht. Private Versicherer schlossen sich freiwillig zusammen, um Risiken aus Elementarschäden zu tragen. Das Modell beruht auf doppelter Solidarität: Erstens auf der Solidarität zwischen den Versicherten, denn alle bezahlen denselben Prämiensatz, unabhängig davon, wie stark ihr Gebäude gefährdet ist. Dies ermöglicht es auch Menschen in stark gefährdeten Gebieten, eine Absicherung gegen Elementarschäden zu einem tragbaren Preis zu erhalten. Zweitens auf der Solidarität zwischen den Versicherern: Die Schäden werden unter den Versicherungen nach ihrem Marktanteil verteilt, sodass auch hohe Risiken in gefährdeten Gebieten abgesichert werden können.
Sind alle Versicherer an diesen Pool angeschlossen?
Zurzeit sind es zwölf private Versicherungsgesellschaften, die über 90 Prozent des Marktes abdecken.
Dieser Beitrag ist Teil des am 6. Februar 2025 erschienenen HZ-Insurance-Print-Specials «Top Versicherungen».