Herr Egg, Sie sind seit vielen Jahren im Schadengeschäft der Versicherer. Können Sie aus Ihrer persönlichen Erfahrung bestätigen, dass sich Wetterextreme wie in den letzten Wochen häufen und auf den raschen Klimawandel zurückzuführen sind?
Unsere Schadenstatistiken können diese Vermutung, die sich nach den unzähligen Unwettern in diesem Sommer unwillkürlich aufbaut, nicht bestätigen. Die Schadensummen sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten zwar gestiegen, aber dies ist einerseits den höheren versicherten Summen geschuldet, und andererseits auf die zunehmende Besiedelung des Landes zurückzuführen. Durch das anhaltende Bevölkerungswachstum wird immer mehr gebaut, dadurch werden immer mehr Flächen versiegelt und bei Unwetterkatastrophen sind folglich immer mehr Gebäude betroffen. Zudem ist der Wert der versicherten Gebäude und Einrichtungen ebenfalls enorm gestiegen. Allerdings dürfte nach meiner persönlichen Einschätzung der Klimawandel zunehmend eine Teilursache bei den Unwetterschäden darstellen. Wie hoch dieser Anteil ist, kann man aber zum heutigen Zeitpunkt nicht präzise abschätzen. 

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Werden diese steigenden Kosten zu Prämienerhöhungen führen?
Die für alle Privatversicherer in der Schweiz geltende, einheitliche Elementarschadenprämie wird durch die Finma nach Konsultation der Versicherer festgelegt und periodisch überprüft. Dabei werden langfristige Erfahrungszahlen und Prognosen berücksichtigt. Darum rechne ich nicht mit einem kurzfristigen Anstieg der Prämien in der Elementarschadenversicherung. 

Was können Versicherer und Versicherte tun, um Unwetterschäden möglichst zu vermeiden? 
In der Schweiz ist nach dem Hochwasser im Jahr 2005 sehr viel Geld in eine bessere Prävention und in neue Warnsysteme investiert worden. Das hat sich bei den aktuellen Hochwasserereignissen sehr positiv ausgewirkt. Darüber hinaus wird auch bei der Siedlungsplanung die Thematik Unwetter heute sehr viel stärker berücksichtigt und bei der Bewilligung von Bauvorhaben wird darauf geachtet, wo man ein Haus bauen kann und wo man besser keines hinstellt. 

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Kann man irgendwie quantifizieren, inwieweit sich die Präventivmassnahmen beim aktuellen Hochwasser ausgewirkt haben?
Nein, aber das ist sicher signifikant. Denn auch die Korrektur von Flussläufen und die Investitionen der Gebäudeeigentümer in einen besseren Hochwasserschutz haben dazu beigetragen, dass wir solche Bilder von überfluteten Dörfern, wie sie jetzt aus Deutschland kommen und früher hierzulande zum Beispiel in Brig, in der Zentralschweiz oder im Kanton Bern auftraten, aktuell in der Schweiz eben nicht mehr oder viel seltener sehen. 

Reicht das auch für eine Zukunft, in der sich Schadenereignisse vermutlich häufen werden, oder wäre eine staatliche Versicherung nicht ratsamer?
Der Schweizer Elementarschaden-Pool, der weltweit wirklich einzigartig ist, hat zum Zweck, den Schadenaufwand unter den von Unwettern unterschiedlich betroffenen Privatversicherern auf Jahresbasis auszugleichen. Und der Pool selbst ist natürlich auch noch rückversichert. Damit ist ein wesentlicher Beitrag für die langfristige Sicherstellung der Elementarschadenversicherung geleistet. Dank den heute bestehenden, sehr guten Regelungen für die Versicherung von Elementarschäden sind in der Schweiz weitergehende, staatliche Regelungen meines Erachtens nicht erforderlich. 

In Deutschland bekommen Hausbesitzer, deren Häuser direkt an einem Fluss liegen, gar nicht erst einen Elementarschadenschutz von den Versicherern. Wie ist das in der Schweiz geregelt?
In der Schweiz gibt es keine solchen Einschränkungen bei der Versicherbarkeit der Risiken. Es ist sogar so, dass die Prämien für die Elementarschadenversicherung bei den Privatversicherern überall gleich hoch sind, da es eine gesetzlich geregelte Einheitsprämie ist. Das heisst, dass auch für besonders hochwassergefährdete Objekte keine höhere Prämie verlangt werden darf. Damit verbunden ist ein hohes Mass an Solidarität.

Elementarschadenversicherung

  • In der Schweiz ist die Elementarschadenversicherung aus historischen Gründen der Feuerversicherung angegliedert. Und diese wiederum ist in den meisten Kantonen in den entsprechenden Gesetzen als staatliche Aufgabe definiert. So kommt es zur aktuellen Situation, dass die Feuer- und Elementarversicherung für Gebäude in 19 Kantonen über eine jeweilige kantonale Gebäudeversicherung geregelt ist und nur in den übrigen sieben Kantonen (den sogenannten GUSTAVO-Kantonen: Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Valais, Obwalden) über Privatversicherer. 

Elementarschadenprämie

  • Da Elementarschäden durch das Wirken der Natur verursacht werden, untersteht die Versicherung entsprechender Risiken wegen ihrer grossen volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Bedeutung seit dem 1. Januar 1993 einer gesetzlichen Spezialregelung auf Basis einer landesweiten Solidarität: Die Prämien für die Versicherten in der Elementarschadenversicherung werden für alle Privatversicherer von der Finma festgelegt und sind in der ganzen Schweiz gleich hoch.

Elementarschaden-Pool

  • In sieben Kantonen (GUSTAVO) ist die Elementarschadenversicherung für Gebäude und in 24 Kantonen (ohne Waadt und Nidwalden) für den Hausrat und Fahrhabe über die Privatversicherer gedeckt. Um eine bessere Risikostreuung und einen Risikoausgleich unter den Privatversicherern zu erreichen, haben sich zwölf Versicherungsgesellschaften im Elementarschadenpool zusammengeschlossen. Sie decken über 90 Prozent des Marktes ab. Der 1936 gegründete Pool sorgt via Ausgleichszahlungen dafür, dass die finanzielle Belastung aus der Elementarschadenversicherung für alle Privatversicherer gleich hoch ist. 
  • Er ist ein weltweit einzigartiges Solidaritätswerk zugunsten der von Elementargefahren wie Überschwemmungen, Lawinen usw. besonders bedrohten Bevölkerung beispielsweise in den Bergkantonen.