Die Schweizer Versicherer beginnen sich allmählich mit dem Thema Embedded Insurance anzufreunden. Generali Schweiz platziert seine Digitalversicherung Lings in der Banking-App der Bank Cler. Die Zurich kooperiert mit der Schweizer Uhrenmanufaktur H. Moser & Cie. in deren Uhrenökosystem. Dies sind vorsichtige Versuche in einem Markt, der sehr grosse Aussichten hat. Der Technologieforscher Donald Light von Celent beziffert das Potenzial auf bis zu 6 Prozent der gesamten Prämieneinnahmen. Zusätzlich könnten, so Light, durch Embedded Insurance 3 Prozent der Gesamtprämie an neuem Geschäft generiert werden – ein wichtiger Beitrag zur Aktivierung der Unversicherten und Lösung des Unterversicherungsproblems. Schwedische Insurtechs erobern bereits die europäischen Märkte.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der Grund für den Optimismus ist das meist passive Kundenverhalten beim Thema Versicherung und die Möglichkeiten, die sich durch das Internet der Dinge und die Digitalisierung ergeben. Jeder fünfte Schweizer, jede fünfte Schweizerin ziehe es heute schon vor, eine Versicherungspolice online und ohne menschliche Interaktion abzuschliessen, berichtet das Beratungsunternehmen Simon-Kucher & Partners nach einer Meinungsumfrage. Beinahe die Hälfte der Befragten möchte nur dann einen physischen Kontakt mit dem Vertreter einer Versicherung, wenn es kompliziert wird. «Nur eine Multikanal-Customer-Journey kann diesen Bedürfnissen gerecht werden», betont Philipp Kaupke. Der Simon-Kucher-Partner verweist auf Embedded Insurance, wie sie beispielsweise das Schweizer Insurtech Calingo im Bereich Hausratversicherung anbietet. 

HZ Insurance-Newsletter DAILY
Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Insurance, und ihr Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
HZ Insurance-Newsletter DAILY

Schweden ist Vorreiter punto Embedded Insurance

Zu den Vorreitern zählt Schweden, wo mit Easy Peasy Insurance, Omocom und Hedvig drei Insurtechs im Bereich Embedded Insurance tätig sind. Hinzu kommt EIR Försäkring, die mit ihrem technikgetriebenen Versicherungsmodell bereits seit 2019 am Markt sind. Mit dem Waldarbeiter- und Gartengeräteanbieter HYMA Skog & Trädgård hat Easy Peasy vor kurzem seinen ersten Partner gefunden, Omocom ist in der Sharing Economy in Schweden, Portugal, Spanien, Polen und den Niederlanden unterwegs. EIR kooperiert als Risikoträger mit Hedvig, die parallel zu ihrem klassischen Insurtech-Angebot eine eingebettete Wohngebäudeversicherung über den Wohnungsvermittler Lägenhetsbyte vermittelt. «Das traditionelle Versicherungsmodell wandelt sich zur Versicherung als Service», sagt EIR-COO Annja Karlsson.

Weil in diesem Geschäftsmodell die Policen in einem B2B2C-Modell weitestgehend automatisiert verkauft werden, können die Vertriebskosten massiv gesenkt werden, mit positiven Auswirkungen auf die Margen. Versicherer bekommen über eingebettete Versicherung Zugang zu Märkten, die sie mit ihrem Agentenmodell nur schwer erreichen. Die Gig-Economy gehört zu den beliebtesten Zielgruppen. Prinzipiell können eingebettete Versicherungen in allen Sparten angeboten werden, besonders beliebt sind E-Roller, E-Bikes, Sportgeräte und Autos.

40 Prozent der Kunden sind an Embedded Insurance interessiert

Jüngsten Umfragen der Unternehmensberatung Sollers Consulting zufolge sind etwa 40 Prozent der Kunden und Kundinnen offen für eingebettete Versicherung. Einzelhandel, Reisebüros, Autohändler und Banken liegen in der Beliebtheit gleichauf. «Versicherung ist ein Geschäft mit wenig Berührungspunkten», sagt Michał Trochimczuk, Managing Partner des Unternehmens. «Eingebettete Versicherungen sind die perfekte Antwort darauf.»

Das Internet der Dinge und die zunehmende digitale Vernetzung sind erwartungsgemäss der grosse Treiber. Mithilfe von künstlicher Intelligenz können Versicherer und ihre Vertriebspartner die dadurch entstehenden Datenmengen nutzbar machen. Viele Produzenten versuchen, ihr Angebot auf Zusatzdienstleitungen auszuweiten, um die Kundinnen und Kunden zu binden. Vorreiter sind Automobilhersteller wie Tesla, Volkswagen und Stellantis (Renault, Peugeot), die ehrgeizige Ziele im Versicherungsgeschäft verfolgen. In der EU wird noch über die Datenhoheit gekämpft, die derzeit bei den Herstellern liegt. 

Embedded Insurance: Regulierung in der Grauzone

Weil Versicherer aufgrund ihrer verkrusteten IT-Strukturen nicht flexibel genug für dieses Geschäft sind, mischen zahlreiche Insurtechs hier mit. 5 Prozent aller Insurtech-Investitionen im Jahr 2021 flossen in das Modell Embedded Insurance, heisst es im «Open and Embedded Insurance Report». Das waren in absoluten Zahlen 800 Millionen Dollar. Einer der Vorreiter ist das Berliner Insurtech Simplesurance, das auf 31 Märkten aktiv ist. Es wurde im September letzten Jahres von der Allianz übernommen. Vor kurzem stärkte das deutsche Insurtech Wefox seine Aktivitäten im Bereich Embedded Insurance und will Jungunternehmen wie Element, Hepster (beide Deutschland), Wakam, Qiti (beide Frankreich), Omocom (Schweden) und der Swiss-Re-Tochter Iptiq (Hemsäker) Konkurrenz machen. 

Neben der Technologie und den Schnittstellen besteht die grösste Herausforderung darin, geeignete Partnerschaften zu bilden. Die Interessen der Anbieter und Versicherer sind nicht immer voll kongruent. Das stark regulierte Versicherungsgeschäft macht es nicht einfacher, doch derzeit operiert man hier noch in einer Art Grauzone. «Eingebettete Versicherungen werden einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Deckungslücke leisten», ist die Rating-Agentur AM Best überzeugt. Schätzungen zufolge könnten im Jahr 2030 bereits mehr als 700 Milliarden Dollar Prämie weltweit über dieses Vertriebsmodell in die Kassen der Versicherer gespült werden.