Frau Gigandet, wie beeinflussen geopolitische Entwicklungen derzeit die Nachfrage nach Versicherungslösungen?

Im Vorstand von Inter-Pension vertrete ich die Personalvorsorgestiftung Gepabu. Der Stiftungsrat sowie unsere Vermögensverwalter versuchen, den aktuellen geopolitischen Entwicklungen – welche bekanntlich grosse Risiken bergen (Ukraine, Nahost, Taiwan, Trump) – zu begegnen, indem wir entsprechend Anpassungen in der taktischen Allokation unserer Anlagen vornehmen.

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Ihre Pensionskasse steht für innovative Ansätze bei Pensionskassen im Finanzwesen – können Sie ein aktuelles Projekt hervorheben?

Auf der Anlageseite halten wir drei sogenannte WOK-Liegenschaften. Diese Immobilien wurden bereits vor vielen Jahren mit einer Partner-Pensionskasse erstellt und sind ökologisch, autofrei und geniessen unter der jeweiligen Mieterschaft einen hohen sozialer Stellenwert durch einen weitreichenden Autonomiegrad unter den Mietenden in Form einer gemeinschaftlich geführten Verwaltung durch die Mieterschaft selber.

Karin Bosshard war bis Ende Februar 2025 Chefredaktorin von HZ Insurance.

Was die Versicherten und Rentenbezüger anbelangt, hat sich der Stiftungsrat im letzten Jahr intensiv mit einem neuartigen Beteiligungsmodell befasst. Dieses Modell soll bei der Verteilung von Vermögenserträgen zwischen Aktiven, Rentenbezügern und der Äufnung von Reserven als Leitlinie für den Stiftungsrat gelten. Dies soll unter anderem eine Glättung der Verzinsung für die Aktiven bewirken und den Rentenbezügern abhängig von deren Umwandlungssatz bei Pensionierung die künftige Möglichkeit gewähren, ebenfalls an den Vermögenserträgen ihrer Pensionskasse teilzuhaben.

Welche Bedeutung hat die Beratung in einer zunehmend digitalen Welt, und wie reagieren Sie darauf?

Die Gepabu verfügt sowohl über ein Arbeitgeber- wie auch über ein Arbeitnehmerportal. Dort können unsere Versicherten und Arbeitgeber online jederzeit mit uns in Kontakt treten und mögliche Auswirkungen von Lohnänderungen, Einkäufen und Ähnlichem in die Zukunft simulieren. Dies entspricht dem modernen Bedürfnis unserer Versicherten, die finanzielle Vorsorge in die eigenen Hände zu nehmen und sie selbstständig zu optimieren.

ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung: Wie verankern Sie diese in Ihren Ansätzen?

Die Gepabu gehört zu den wenigen Pensionskassen in der Schweiz, für welche Nachhaltigkeit und damit ESG seit ihrer Gründung 1985 ein Teil ihrer «DNA» sind. Aktuell sind ESG-Kriterien in aller Munde. Das «G» müsste eigentlich schon immer Bestandteil einer verantwortungsvollen Vermögensanlage gewesen sein. Heute wird sehr stark auf Umweltaspekte, das «E», fokussiert, insbesondere bei Aktien oder Anleihen von Unternehmen. Soziale Kriterien, das «S», finden dagegen kaum Berücksichtigung. Diese sogenannten weichen Faktoren sind aber gerade für die Gepabu zentral. Uns ist der Umgang mit Mieterinnen und Mietern in unseren direkten Liegenschaftsanlagen sehr wichtig. So wird zum Beispiel bei Umbauten in den Immobilien darauf geachtet, dass die Mieterinnen und Mieter in den Wohnungen bleiben können, und die Mieten werden danach nur sehr moderat angehoben. Weiter äussert sich das «S» wie oben bereits erwähnt durch eine starke Autonomie und Mitbestimmung der Mieterschaft, was zu einer höheren Zufriedenheit und dadurch zu weniger Fluktuation und Leerständen führt. Dies wirkt sich am Schluss positiv auf die Gepabu aus, da wir durch die Senkung dieser unnötigen Kosten für die Versicherten eine höhere Rendite bei den Immobilien erwirtschaften können.

Welche regulatorischen Veränderungen sehen Sie als grösste Herausforderung für Ihr Geschäft?

Die Verlässlichkeit der Gesetzgebung ganz allgemein sehe ich als gefährdet an. Zum Beispiel werden mit dem aktuellen Vorstoss im Parlament betreffend der Veränderung der Besteuerung von Kapitalleistungen im BVG die Regeln mitten im Spiel verändert. Solche Verhaltensweisen sind schwer verständlich und untergraben vor allem das Vertrauen der Jugend in unsere Gesetzgebung, da den Versicherten keine langfristige Planung mehr gewährleistet werden kann – genau diese Planung und Verlässlichkeit sollten jedoch in unserem BVG-Geschäft vorhanden sein.

Was raten Sie jungen Menschen, die in die Finanz- oder Versicherungswelt einsteigen möchten?

Die Themen bei einer Pensionskasse sind sehr vielfältig – so finden sich verschiedene Themenbereiche in rechtlichen, finanziellen und sozialen Aspekten wieder. Dadurch besteht die Möglichkeit, sich gemäss den eigenen Talenten und Interessen bei der Arbeit einzubringen. Zudem verändern sich die Grundlagen und Rahmenbedingungen ständig, was eine stetige Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten bedingt. Die Arbeit bleibt damit abwechslungsreich und spannend.

Sie sind Vorstandsmitglied von Inter-Pension. Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Verbandes für die Stärkung der beruflichen Vorsorge in der Schweiz?

Die Bedeutung der Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Aktuell vertritt Inter-Pension rund zwei Millionen Versicherte mit einem Vermögen von 250 Milliarden Franken. Wir möchten diese speziellen Bedürfnisse und Anliegen unserer Mitglieder auf allen Ebenen – sei es zum Beispiel in der Politik oder bei unseren Stakeholdern – einbringen. Ziel ist dabei immer die bestmögliche Wahrung der Interessen der von unseren Mitgliedern versicherten Personen.

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Andrea Hohendahl, Chefredaktor von HZ Insurance, und sein Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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