Irreführende Werbung mit angeblich grünen Finanzprodukten ist in der Europäischen Union nach Untersuchungen dreier Aufsichtsbehörden weit verbreitet. Die grossen europäischen Behörden, die Bankenaufsicht EBA, die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA sowie die EU-Finanzmarktaufsicht ESMA legten jetzt jeweils Berichte dazu vor, inwieweit Banken, Versicherer und Investmentfonds Investoren mit irreführenden Behauptungen zu angeblich klimafreundlichen oder nachhaltigen Produkten hinters Licht führen.
Die EU-Kommission hatte die Untersuchungen in Auftrag gegeben. Ihr Ziel ist es, dem Öko-Schwindel bei der Etikettierung von Finanzprodukten, dem sogenannten Greenwashing, einen Riegel vorzuschieben.
Leere Werbesprüche sind weit verbreitet
«Die Bewertung bestätigte, dass sich irreführende Behauptungen auf alle wesentlichen Aspekte des Nachhaltigkeitsprofils eines Produkts oder einer Sache beziehen können», schreibt die Finanzmarktaufsicht ESMA in ihrem Bericht. Rosinenpickerei, Unterlassungen, Mehrdeutigkeiten, leere Behauptungen einschliesslich Übertreibungen sowie eine irreführende Verwendung der ESG-Terminologie seien am meisten verbreitet.
Immer wieder prangern beispielsweise Umweltorganisationen wie Greenpeace, World Wild Fund (WWF) oder Urgewald aus ihrer Sicht klimaschädliche Geschäfte an. In dem Bericht der Bankenaufsicht EBA hiess es, die Analyse des Greenwashing in der EU seit 2012 habe ergeben, dass die Gesamtzahl der potenziellen Fälle eines grünen Etikettenschwindels über alle Sektoren hinweg, einschliesslich Banken, zugenommen habe. Finanzinstitute könnten auf vielfältige Weise Greenwashing betreiben. Meist geschehe das auf Unternehmensebene, während Greenwashing auf der Produktebene, ausser im Fall von Anlageprodukten, eher begrenzt zu sein scheine.
Versicherern müssen um Reputation bangen
Das Geschäft mit Anlageprodukten die mit hohen Standards für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG) beworben werden, hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufschwung erlebt. Inzwischen ist es zu einem Milliardengeschäft angewachsen. Greenwashing könne erhebliche Folgen für Verbraucher haben, da sie zum Kauf von Produkten verleitet werden könnten, die nicht ihren Wünschen entsprächen, hiess es im Bericht der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA. Auch für Versicherer seien die Folgen substanziell, da sie einen erheblichen Imageschaden erleiden könnten, wenn die Öffentlichkeit über einen Greenwashing-Fall informiert werde.
Ihre jeweiligen Abschlussberichte zum grünen Etikettenschwindel wollen die drei EU-Aufsichtsbehörden im Mai 2024 vorlegen. Darin wollen sie dann auch der Politik Vorschläge für eine womöglich schärfere Gesetzgebung unterbreiten. (reuters/hzi/mig)