Gabriel Bernardino, der scheidende Präsident der Frankfurter EU-Behörde EIOPA, schlug heute Donnerstag eine tiefgreifende Reform der Aufsicht nach dem Vorbild des Bankensektors vor. Die nationalen Aufsichtsbehörden - in Deutschland die wegen Wirecard in die Kritik geratene Bafin - setzten die einheitlichen EU-Vorschriften zu unterschiedlich um, sagte er in einer Rede zum zehnjährigen Bestehen der EIOPA. "Wir brauchen einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus für die Versicherung, und dass es ihn nicht gibt, spürt man am meisten in Krisen wie der, in der wir leben", sagte der Portugiese.
Die nationalen Aufseher hatten der EIOPA im vergangenen Jahr in der Corona-Krise die Grenzen aufgezeigt. Obwohl Bernardino wegen der drohenden Schäden und Marktverwerfungen infolge der Pandemie eine Aussetzung von Dividenden und Aktienrückkäufen verlangt hatte, genehmigte die BaFin den Branchenriesen Allianz und Münchener Rück grosszügige Ausschüttungen. Bei den Banken war die Aufsicht über die Grossbanken der Euro-Zone nach der Finanzkrise dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) unter Führung der Europäischen Zentralbank unterstellt worden.
In einer Pressekonferenz präzisierte Bernardino, es gehe ihm um die grossen, internationalen Versicherungskonzerne. "Es ist nicht so, dass alles zentralisiert werden muss", betonte er. "Aber in der gegenwärtigen Struktur ist ein optimales Ergebnis nicht erreichbar." Die Amtszeit des 56-Jährigen an der Spitze der EIOPA endet in diesem Jahr nach zehn Jahren. Ein Nachfolger wird noch gesucht.
Bernardino forderte eine Vereinfachung der vorgeschriebenen Informationen für die Versicherten: "Sie sind immer noch zu komplex und zu beschwerlich und werden deshalb in aller Regel von den Verbrauchern nicht gelesen". Sie würden mit Information überschüttet, aber nicht wirklich informiert." Auch hier würde eine EU-weite Vereinheitlichung und radikale Vereinfachung der Vorschriften helfen. Zugleich bräuchten die Aufsichtsbehörden direkte Eingriffsrechte auf die Produktgestaltung. (reuters/hzi/kbo)