Die Schweizer Ärzteschaft läuft derzeit Sturm gegen Vorschläge, Kostenziele einzuführen. Sie befürchtet Rationierungen im Gesundheitswesen. Bundesrat Alain Berset konterte in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung diese Kritik. Die hohen Krankenkassenprämien seien eine der grösste Sorgen der Schweizer Bevölkerung. Wenn keine sinnvollen Reformen gelängen, stiegen die Kosten immer weiter - bis das System irgendwann kollabiere und die Politik radikale Massnahmen ergreife.
Der Bundesrat wolle stattdessen Transparenz schaffen, so Berset. Ärzte, Spitäler, Krankenkassen, Kantone und der Bund sollten sich einigen und im Voraus öffentlich bekanntgeben, mit welchem Kostenwachstum sie rechneten. Falle es höher aus, sollten sie sich erklären.
Das Bewusstsein für die Kosten werde gestärkt, wenn die Branche wisse, dass sie sich für das Ausgabenwachstum rechtfertigen müsse. So lasse sich die ganz Diskussion in die richtigen Bahnen lenken, meinte Berset.
Heute streite man endlos über die Prämien. Dabei seien diese nur ein Abbild der Kosten. Es sei höchste Zeit, mehr über die Kosten zu sprechen. «Dazu sollten wir endlich einmal festgelegt, welches Wachstum wir längerfristig als notwendig und tragbar erachten.»
Prognosen deuten darauf hin, dass im nächsten Jahr ein massiver Anstieg der Krankenkassenprämien von 5 bis 10 Prozent droht. Berset wagt keine Prognose. Doch die Tendenz sei leider richtig. Nach zwei Jahren Pandemie sei ein besorgniserregender Kostenanstieg zu beobachten, der sich auf die Prämien auswirken werde.
Corona-Pandemie hinterlässt Spuren bei Universitätsspitälern
Unterdessen melden sich auch die Universitätsspitäler als medizinische Kompetenzzentren zu Wort. Eine gesicherte Finanzierung sei essenziell, um die Leistungsfähigkeit der nicht zu gefährden, betonten Vertreter von fünf Schweizer Universitätsspitälern bei einer Bilanz zur Corona-Pandemie.
Die Pandemie war eine der grössten Herausforderungen für das Schweizer Gesundheitssystem seit Jahrzehnten, wie die Vertreterinnen und Vertreter der Universitätsspitäler von Basel, Bern, Lausanne, Genf und Zürich am Donnerstag vor den Medien erklärten. Sie habe eindrücklich die zentrale Rolle der Schweizer Universitätsspitäler in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk aller Leistungserbringenden im Land belegt.
Vor allem bei der Betreuung der intensivpflegebedürftigen Patientinnen und Patienten wäre die Corona-Pandemie ohne die Universitätsspitäler mit ihrem Know-how, ihren spezifischen Kompetenzen sowie ihren Ressourcen und Infrastrukturen nicht zu bewältigen gewesen, hiess es weiter.
Von Januar 2020 bis Ende April 2022 behandelten die fünf Universitätsspitäler 21’890 Covid-Patientinnen und -Patienten stationär, 3362 davon auf der Intensivstation und weitere 3861 auf einer Intermediate Care Station. Das entsprach rund 42 Prozent der Behandlungen von Covid-19-Patientinnen und -Patienten.
352 Millionen Franken Mehraufwand
Die Pandemie hat bei den Universitätsspitälern gravierende betriebswirtschaftliche Spuren hinterlassen. Allein der Covid-spezifische Mehraufwand für Personal und Sachkosten betrug über alle fünf Universitätsspitäler 352 Millionen Franken. Der Ertragsausfall im stationären Bereich belief sich zusammen auf 250 Millionen Franken in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021.
Unverzichtbaren Vorhalteleistungen wie das Rund-um-die-Uhr-Bereitstellen der spezifischen Infrastruktur und des Fachpersonals für die Notfallmedizin, die Intensivmedizin sowie die (hoch-)spezialisierte Medizin seien finanziell ungenügend abgegolten worden, hielten die Spitäler fest. (sda/hzi/mig)