Der Rückversicherer aus Hannover rechnet in der Vertragserneuerungsrunde zum 1. Januar mit spartenübergreifenden, deutlichen Preissteigerungen in der Schaden-Rückversicherung. Wegen der hohen Unsicherheit über den Verlauf der Corona-Pandemie sei weiter keine Prognose für das laufende Jahr möglich, teilte die im MDax notierte Talanx-Tochter am 14. September 20 mit.
Immerhin führen die Folgen der Corona-Krise und das für die Branche schwere Umfeld zu einer verbesserten Verhandlungsposition für die grossen Rückversicherer. Grund für die zum 1. Januar erwartete Preissteigerung seien die Belastungen für Erst- und Rückversicherer, "die sich aus der Covid-19-Pandemie, aus den abermals zurückgegangenen, niedrigen Zinsen sowie den Grossschäden der vergangenen drei Jahre ergeben", hiess es in der Mitteilung. Es gebe eine steigende Nachfrage nach einer Deckung durch finanzstarke Rückversicherer.
"Neben einer generell höheren Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Rückversicherungsschutz fragen Erstversicherer auch vermehrt massgeschneiderte Lösungen zur Solvenzentlastung nach. Hier kommen vor allem Rückversicherer mit besonders grosser Risikotragfähigkeit und überdurchschnittlichem Rating zum Zuge", hiess es weiter. Der Konzern sieht daher profitable Wachstumschancen auf breiter Ebene. Das Umfeld stütze die bereits erkennbare Trendwende zu steigenden Preisen. So konnte die Hannover Rück bereits bei den Erneuerungsrunden im laufenden Jahr teils Konditionsverbesserungen und Preissteigerungen durchsetzen.
"Covid-19 ist aus unserer Sicht ein ähnlich marktveränderndes Ereignis wie die Terroranschläge des 11. September 2001 oder die Hurrikane Katrina, Rita und Wilma im Jahr 2005", sagte Sven Althoff, im Vorstand der Hannover Rück zuständig für die Schaden-Rückversicherung. "Das wahre Ausmass der durch die Pandemie entstandenen Schäden wird erst langfristig erkennbar sein. Wir sehen die Covid-19-Pandemie als Katalysator für fundamentale Preis- und Konditionsanpassungen bei Erst- und Rückversicherern. Die Ausprägungen werden allerdings je nach Region und Sparte unterschiedlich sein."
Sorgen bereiten nach wie vor die niedrigen Zinsen. Da diese noch lange anhalten werden, sei eine hohe Disziplin bei der Preisfindung erforderlich. Da die Rückgänge bei den Kapitalanlageerträgen anhalten dürften, seien Preiserhöhungen auf der Erst- und Rückversicherungsseite im Januar und darüber hinaus unumgänglich. "Die Hannover Rück erwartet, dass sich die zunehmende Dynamik von Preiserhöhungen der zurückliegenden Vertragserneuerungsrunden auch im kommenden Jahr fortsetzt", hiess es. "Zum 1. Januar ist von segmentübergreifend deutlich steigenden Preisen auszugehen."
Nachdem im ersten Halbjahr die Belastungen aus Grossschäden ohne die Corona-Folgen noch relativ gering waren, sieht dies im dritten Quartal anders aus. Seit Ende Juni sei es zu einer Reihe von Grossschäden gekommen, so dass das dafür vorgesehene Budget wohl voll ausgenutzt werden muss. "Die schwere Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut Anfang August hat viele Todesopfer gefordert und zu schweren Verwüstungen geführt. Zusammen mit Schäden aus Naturkatastrophen in den USA und Asien dürften die Grossschäden des dritten Quartals - ohne Berücksichtigung von Covid-19 - im Rahmen der Erwartungen liegen."
Gewinnprognosen seien wegen der anhaltend hohen Unsicherheiten über den Verlauf der Corona-Pandemie und die Wirksamkeit staatlicher Stützmassnahmen nach wie vor noch nicht seriös zu treffen. "Auch ist es nach wie vor nicht möglich, die konkreten Auswirkungen der Pandemie auf die Rückversicherungsmärkte und Kapitalanlagen präzise zu beziffern", hiess es. Im zweiten Quartal hatte der Konzern wegen der Rückstellungen für erwartete Schäden etwa aus Betriebsunterbrechungen, Warenkrediten und Veranstaltungsausfällen einen überraschend herben Gewinneinbruch verkraften müssen.
An der Börse überwog am Montag zunächst die Aussicht auf steigende Preise. Die in diesem Jahr bisher schlecht gelaufene Aktie zog kurz nach Handelsbeginn um 1,2 Prozent an und lag zuletzt noch rund 0,8 Prozent im Plus. Im bisherigen Jahresverlauf gab der Kurs allerdings um knapp 16 Prozent nach - damit liegt der Titel im unteren Mittelfeld des Mittelwerteindex, der im gleichen Zeitraum nur leicht an Wert verloren hat.
(awp/hzi/kbo)