Nach einem Gewinn von 960 Millionen Euro im ersten Halbjahr hat der Chef der Rückversicherung Hannover Rück, Jean-Jacques Henchoz, für 2023 weiterhin einen Überschuss von mindestens 1,7 Milliarden Euro im Auge. Dabei zeichnen sich mit den Waldbränden in Südeuropa und den Überschwemmungen in Slowenien schon die nächsten Grossschäden ab. Auch die Hurrikan-Saison in den USA und der Karibik ist noch lange nicht vorbei.
Die Hannover-Rück-Aktie gab am zur Wochenmitte 1,3 Prozent auf 189,25 Euro nach und gehörte zu den wenigen Verlierern im deutschen Aktienindex Dax. Das Papier ist inzwischen nur noch rund zwei Prozent teurer als zum Jahreswechsel, während der deutsche Leitindex in dieser Zeit um fast 15 Prozent zugelegt hat.
Mögliche Belastungen aus Katastrophen
Hannover Rücks Finanzchef Clemens Jungsthöfel verwies in einer Telefonkonferenz auf mögliche Belastungen, darunter möglichen Schäden aus Unwettern und Hurrikans. Zudem rechnet er zum Jahresende mit Abschreibungen auf Immobilien und Private-Equity-Beteiligungen in den Kapitalanlagen. Mögliche Wertberichtigungen von bis zu knapp 200 Millionen Euro würden das Gewinnziel aber nicht gefährden, sagte er.
Zudem dürften sich die Waldbrände auf Rhodos und in anderen Regionen am Mittelmeer bei dem Rückversicherer im dritten Quartal als Grossschäden niederschlagen. Auch die Folgen der jüngsten Überschwemmungen in Slowenien und anderen Staaten würden voraussichtlich zu einem Grossschaden für die Hannover Rück. Für genauere Angaben zu Schäden sei es jedoch noch zu früh.
Auch der Grossbrand auf dem Frachter Fremantle Highway mit etwa 3800 Autos vor der niederländischen Küste dürfte für die Hannover Rück finanzielle Folgen haben. Zur Grössenordnung wolle sich Jungsthöfel auch wegen der Komplexität des Falls noch nicht äussern.
Bereits jetzt schlagen die schweren Unwetter in Italien vom Mai bei der Hannover Rück mit 42 Millionen Euro zu Buche. Sogar 50 Millionen Euro legte der Rückversicherer für die Zerstörungen bei den jüngsten Unruhen in Frankreich zurück. Den grössten Teil seines Schadenbudgets veranschlagt die Hannover Rück wie immer für das dritte Quartal, in dem die Hurrikan-Saison ihren Höhepunkt erreicht.
Zehn Prozent mehr Rückversicherungsumsatz
Im zweiten Quartal verdiente der Konzern dank höherer Preise für Rückversicherungsschutz und deutlich weniger Todesfällen durch die Corona-Pandemie knapp 476 Millionen Euro und damit rund 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dabei steigerte das Unternehmen seinen Rückversicherungsumsatz im Jahresvergleich um fast zehn Prozent auf 5,7 Milliarden Euro.
Unterdessen drehte die Hannover Rück im Schaden- und Unfallgeschäft bei ihren Kunden erneut an der Preisschraube. Bei der Vertragserneuerung zum 1. Juli setzte der Konzern bereinigt um Inflation und veränderte Risiken im Schnitt 4,8 Prozent höhere Preise durch. Das erneuerte Geschäftsvolumen wuchs um 12,6 Prozent. Dabei standen Verträge im Asien-Pazifik-Raum und in Nordamerika im Fokus.
Im Gesamtjahr will die Hannover Rück ihren Rückversicherungsumsatz weiterhin währungsbereinigt um mindestens fünf Prozent steigern. Dabei soll das Schaden- und Unfallgeschäft stärker zulegen als die Personen-Rückversicherung. (awp/hzi/mig)