Für Pensionskassen und Versicherungen stellen Immobilien in der Schweiz nach wie vor eine zentrale Anlage dar. Dabei hat das Thema Nachhaltigkeit bei institutionellen Anlegern nicht an Relevanz verloren. Im Gegenteil: Laut einer neuen Studie der Hochschule Luzern (HSLU) ist die Bereitschaft, bei Immobilienanlagen zugunsten von Nachhaltigkeit auf Rendite zu verzichten, im Vergleich zur letztjährigen Erhebung markant gestiegen.
Bei grossen Pensionskassen mit einem verwalteten Vermögen von über 500 Millionen Franken hat sich demnach die Bereitschaft zum kurzfristigen Verzicht von 39 auf 53 Prozent erhöht – bei kleineren Pensionskassen sogar auf 60 Prozent verdoppelt.
«Das Thema Nachhaltigkeit ist im letzten Jahr definitiv bei den Pensionskassen angekommen», sagt Co-Autor Daniel Steffen. Sein Eindruck: «Viele institutionelle Anleger haben erkannt, dass hohe Renditen ohne Investitionen in ökologische Nachhaltigkeit langfristig kaum noch realisierbar sind.»
Für Versicherungen, Anlagestiftungen und Fonds hingegen sind der wahrgenommene politische Druck und Regulierungen ein Hauptgrund für die Bereitschaft auf Renditeverzicht. Sie bewegt sich daher schon länger auf hohem Niveau, stieg aber weiter (von 64 auf 74 Prozent bei Anlagestiftungen und 71 Prozent auf 82 Prozent bei Fonds).
Der wachsende Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit zeigt sich aber nicht nur in der Bereitschaft zum Renditeverzicht, sondern auch in den einzelnen Anlagen: Institutionelle Anleger investieren kaum noch in Immobilien, die gängige Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen oder bei denen diese durch Sanierungen mit vertretbarem Aufwand nicht erreicht werden können. Für Co-Autor Stephan Kloess wenig überraschend: «Bei diesen sogenannten ‹Brown Investments› sind die Risiken zu hoch und die ökonomische Attraktivität mangelhaft.» Nur sieben Prozent der kleineren Pensionskassen und 19 Prozent der Anlagestiftungen investierten noch in solche Immobilien.
Regulierung verhindert wirtschaftlich tragbare Sanierungen
Ein weiterer Grund seien gemäss Kloess aber auch die zunehmenden Regulierungen. Eine grosse Mehrheit der Befragten gibt an, dass Regulierungen wirtschaftlich tragbare Sanierungen verhindern würden. «Gewisse Regulierungen wirken wie ein Bremsklotz bei der grünen Transformation», so Kloess. Anstelle von Sanierungen treten dann Neubauten – auf Kosten der sozialen Nachhaltigkeit.
Denn grüne Sanierungen oder Neubauten sind teuer. Diese Mehrausgaben können entweder durch langfristig tiefere Rendite oder höhere Mieteinnahmen kompensiert werden. «Aufgrund ihrer treuhänderischen Verpflichtung entscheiden sich institutionelle Anleger meist für Letzteres», weiss Co-Autor John Davidson. Denn in der Umfrage haben diese die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit bedeutend stärker gewichtet als die soziale Nachhaltigkeit.
«Der grosse wirtschaftliche und öffentliche Druck für mehr ökologische Nachhaltigkeit könnte zu Kollateralschäden bei der sozialen Nachhaltigkeit führen», sagt Kloess. Gerade in Zeiten von steigenden Preisen und Wohnungsnot könne dies zu weiteren Anspannungen am Markt führen. Die Studienautoren sind sich aber sicher: Wenn die grüne Transformation sorgfältig und nicht in blindem Eifer umgesetzt wird, können mittelfristig alle Dimensionen der Nachhaltigkeit erfüllt werden – auch soziale Aspekte. (pm/hzi/mig)