Rolf Camenzind, Leiter Kommunikation des Bundesamtes für Sozialversicherung BSV, bestätigte damit einen Bericht der «Schweiz am Wochenende». 70,6 Prozent der Anmeldungen betreffen Personen zwischen 46 und 65 Jahren. Der Rest ist jünger. Die Menschen litten unter anderem an extremer Müdigkeit und Kurzatmigkeit, aber auch an Konzentrationsschwierigkeiten. Einige der betroffenen Menschen bezögen schon heute eine Invalidenrente, so Camenzind. Bei ihnen gehe es darum abzuklären, ob durch eine Covid-Erkrankung neue Einschränkungen hinzugekommen seien und der Grad der Arbeitsunfähigkeit angepasst werden müsse.

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Anmeldung nicht gleich Rente

Eine Erstanmeldung bei der Invalidenversicherung IV bedeutet nicht, dass eine Rente ausbezahlt wird. Zunächst versucht die IV, die betroffene Person wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Bis jetzt habe sich nur ein sehr kleiner Anteil der Long-Covid-Erkrankten bei der IV gemeldet, betonte Camenzind. Es sei aber anzunehmen, dass noch mehr Erstmeldungen hinzukämen. Dies insbesondere von Personen, die nach zwei Jahren Krankheit keine Leistungen aus der Krankentaggeld-Versicherung mehr erhielten.

Schwellenangst bei einigen Betroffenen

Auch Christian Salzmann von der Patientenorganisation Long Covid Schweiz erwartet eine Zunahme der Erstanmeldungen bei der IV. Viele Betroffene hätten sich noch nicht angemeldet, da bei ihnen die Angst vorhanden sei, in eine «administrative Mühle» zu geraten, sagte Salzmann auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Viele der bei Long Covid Schweiz organisierten Personen sind laut Salzmann in der ersten und zweiten Welle erkrankt. Für sie werde nun der Ablauf der Frist bei der Krankentaggeld-Versicherung zum Thema.

Anstrengende Wiedereingliederung

Die IV empfiehlt Erkrankten im Sinne einer Frühintervention, sich bereits nach sechs Monaten Arbeitsunfähigkeit zu melden. Entsprechend hat Long Covid Schweiz auch schon Erfahrungen mit Eingliederungsmassnahmen, namentlich Jobcoachings durch externe Fachleute. Diese bezeichnete Salzmann als positiv. Wichtig sei die Abwägung zwischen beruflicher Eingliederung und gesundheitlichen Aspekten, was das Arbeitspensum betrifft. Mute sich jemand zu viel zu, könne dies zum Zusammenbruch führen.

Was politische Massnahmen angeht, bekräftigte Salzmann die Forderung nach einem nationalen Long-Covid-Register. Auf diese Weise könnten Verläufe systematisch erfasst und Therapien angepasst werden. Wichtig sei zudem, dass das Problem in der Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen werde. Der Bund hatte ein Long-Covid-Register in der vergangenen Woche abgelehnt. (keystone-sda/hzi/sec)