Darum geht's
  • Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend in Unternehmen genutzt, insbesondere generative KI, die Effizienz, Produktivität und Kostenreduktion fördert, jedoch auch Risiken wie Cyberangriffe, Produkthaftung und Reputationsschäden birgt.
  • Der EU AI Act regelt KI auf Grundlage eines risikobasierten Ansatzes und könnte auch Auswirkungen auf Drittländer wie die Schweiz haben, was für die Versicherungsbranche wichtig ist.
  • Versicherungsbroker spielen eine Schlüsselrolle, indem sie innovative Lösungen entwickeln und Deckungslücken schliessen, um die finanziellen Risiken der KI-Nutzung für ihre Kunden zu minimieren.
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Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert die Geschäftswelt und hat sich als wesentlicher Faktor etabliert. Über 40 Prozent der S&P-500-Unternehmen hätten KI in ihren jüngsten Jahresberichten an die Securities and Exchange Commission (SEC) erwähnt, berichtet Bloomberg.

Zum Autor

Manuel Pachlatko ist Head of Cyber Specialty Switzerland & Austria bei Aon.

Diese Unternehmen haben in den letzten zwölf Monaten eine bessere durchschnittliche Aktienkursentwicklung erzielt als Unternehmen, die in dieser Hinsicht nichts veröffentlicht haben. Laut aktuellen Statistiken von Iopex nutzen rund 67 Prozent der Unternehmen generative KI-Produkte, die auf Large Language Models (LLMs) basieren. Dies verdeutlicht sowohl die weitreichende Akzeptanz als auch die hohen Erwartungen an diese Technologie.

Bedeutung und Risiken

Eine Studie von Deloitte zeigt, dass die meisten Unternehmen durch den Einsatz generativer KI taktische Vorteile wie gesteigerte Effizienz, erhöhte Produktivität und Kostenreduktion anstreben. Ein kleinerer Anteil zielt auf strategische Vorteile wie Innovation und Wachstum ab. Eine Studie von Pricewaterhouse Coopers (PWC) hebt hervor, dass generative KI neben Cybersicherheit zu den grössten Herausforderungen für CEOs zählt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, KI als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie und des Risikomanagements zu berücksichtigen.

Der Einsatz von KI, insbesondere von generativer KI, betrifft alle Versicherungssparten, wobei folgende Risiken besonders zu beachten sind:

  • Cyberrisiken: Datenlecks, KI-Malware, Prompt Injection, Data Poisoning oder Social Exploits.
  • Geistiges Eigentum: Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material, missbräuchliche Nutzung, Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen.
  • Produkthaftung: Fehlfunktionen oder unsachgemässe Nutzung von KI, die Sach- oder Personenschäden verursachen können, Produktrückrufe.
  • Berufs- und Organhaftung: Kritische Fehler durch KI, falsche oder irreführende Informationen, die zu schädlichen Entscheidungen führen können.
  • Reputationsschäden: Fehlerhafte KI schadet dem Ruf, Manipulation von KI, Diskriminierung durch «KI-Bias».
     

Regulatorische Anforderungen

Mit dem EU AI Act wurde per Anfang August 2024 ein Rahmenwerk zur Regulierung von KI in der Europäischen Union eingeführt. Der AI Act folgt einem risikobasierten Ansatz mit verschiedenen Risikostufen, von inakzeptablen Risiken (wie Social Scoring gemäss Artikel 5) bis hin zu minimalen Risiken, für die keine zusätzlichen rechtlichen Verpflichtungen bestehen. Verstösse können zu erheblichen Geldstrafen von bis zu 35 Millionen Euro oder 7 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes führen. Es ist davon auszugehen, dass der AI Act auch auf KI-Systeme in Drittländern eine extraterritoriale Wirkung findet. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, bis Ende 2024 mögliche Regulierungsansätze für die Schweiz zu präsentieren. Dies ist besonders für die Versicherungsbranche relevant, da die Regulierung den Rahmen für das Risikomanagement vorgibt und mögliche Regelverstösse erhebliche finanzielle Konsequenzen haben können.

Rolle der Versicherungsbroker

Die Versicherungsbranche sieht sich durch die zunehmende Nutzung von KI mit neuen Chancen und Herausforderungen konfrontiert. KI-gestützte Systeme können dabei helfen, enorme Mengen an Echtzeitdaten zu sammeln und personalisierte Dienstleistungen anzubieten, was zu Verbesserungen im Kundenengagement, im Schadenmanagement, in der Produktentwicklung und der Preisgestaltung führen kann. Es ist jedoch wichtig, dass die Branche vor einer «Überabhängigkeit» von KI gewarnt wird, da diese kein Ersatz, sondern ein zusätzliches Werkzeug ist, das von Versicherungsfachleuten genutzt werden kann. 

Versicherungsbroker spielen eine zentrale Rolle bei der Schliessung von Deckungslücken und bei der Entwicklung innovativer Lösungen, um die finanziellen Risiken von KI-Technologien für ihre Kunden und Kundinnen zu minimieren. Ein proaktiver Ansatz der Versicherungsbranche kann Klarheit und Vertrauen schaffen, indem geeignete Deckungen angeboten und Bereiche ohne Deckung deutlich kommuniziert werden. Es wäre eine verpasste Chance, wenn Versicherer das Thema «stillschweigend» behandeln und keine klaren Aussagen zur Deckung machen würden, was zu Unsicherheiten führen kann. Broker sollten daher aktiv Klarheit schaffen und mit den Versicherern verhandeln, um sicherzustellen, dass die Versicherungsprodukte die neuen Risiken der KI umfassend abdecken.

Künstliche Intelligenz kann die Effizienz, Effektivität und Innovationskraft von Unternehmen steigern, birgt aber auch Risiken und rechtliche Herausforderungen. Nicht zuletzt von den zugrunde liegenden Daten hängt die Qualität der KI vollständig ab. Versicherer, Kunden, Kundinnen, Regulierungsbehörden und die Wissenschaft sollten zusammenarbeiten, um diese neuen Risiken zu verstehen und Versicherungsprodukte zu entwickeln, die den Anforderungen der neuen Geschäftswelt gerecht werden. Nur so kann das Potenzial von KI ausgeschöpft und ein verantwortungsvolles Risikomanagement sichergestellt werden.

 

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Insurance, und ihr Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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