Am Samstag stimmten die rund 200 Teilnehmerstaaten der zweiwöchigen Klimakonferenz in Glasgow der gemeinsamen Erklärung zu, die zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleenergie auffordert. Die Formulierung war aber auf Druck von China und Indien in letzter Minute abgeschwächt worden. Statt von einem Ausstieg (phase-out) ist auf Druck der stark von Kohle abhängigen Staaten nun nur noch von einem schrittweisen Abbau (phase-down) die Rede.
Die Bundesrätin bezeichnete das gegenüber Schweizer Medien als "inakzeptable Manöver" in letzter Minute. Sie habe den Unmut ihrer Verhandlungsgruppe über die Verwässerung des Abschlusstextes im Plenum vorgetragen. Angenommen wurde der Text aber dennoch. Es sei "schwer zu sagen", ob diese beiden Länder das gesamte Glasgow-Paket zu Fall gebracht hätten, wenn sie nicht zufrieden gewesen wären.
Zudem kritisierte sie den Mangel an "Transparenz" seitens der britischen COP-Präsidentschaft. "Das ist nicht gut für die Glaubwürdigkeit des Prozesses.". Der Leiter der Schweizer Delegation, Botschafter Franz Perrez, wies darauf hin, dass die Präsidentschaft versucht habe, die Verhandlungen stärker als bei früheren COPs zu kontrollieren.
Nur Signal gesetzt
Nach Ansicht von Sommaruga, wie auch nach Ansicht zahlreicher Nichtregierungsorganisationen, wird diese erstmals so deutlich erwähnte Abschwächung des Kohleverbrauchs nicht ausreichen, um die Erwärmung bis 2100 auf 1,5 °C zu begrenzen. Es sei aber ein Signal gesetzt worden, dass die Ära der Kohle zu Ende geht. Und das sei wichtig.
Zu den Erfolgen der COP26 gehört die Verabschiedung mehrerer Regeln für die Umsetzung des Pariser Abkommens. Der gemeinsame Zeitplan wurde gebilligt und sieht vor, dass alle Länder ab 2030 für die nächsten zehn Jahre und für diejenigen, die dazu in der Lage sind, sogar ab 2025 alle fünf Jahre "nationale Beiträge" ankündigen. Sommaruga war beauftragt worden, zusammen mit ihrem ruandischen Amtskollegen eine für alle akzeptable Lösung zu finden.
Mit einer weiteren dieser Regeln soll es der Schweiz gelingen, eines ihrer Hauptziele in Glasgow zu bewahren, nämlich die Verhinderung der doppelten Anrechnung von Treibhausgasemissionsreduktionen. "Wir konnten das Schlimmste verhindern", sagte Sommaruga. Selbst wenn die endgültige Entscheidung noch ein Schlupfloch enthält.
Die Schweiz sprach an der Konferenz Beiträge von mehr als 50 Millionen Franken an den Uno-Anpassungsfonds und weitere Einrichtungen, wie das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) am Sonntag mitteilte. Mit diesen Beiträgen unterstreiche die Schweiz ihre Zusage, einen fairen Beitrag an die internationale Klimafinanzierung zu leisten.
Nötige CO2-Reduktionen unerreichbar
Trotz der Erfolge für die Schweiz "können wir mit dieser COP nicht zufrieden sein", so die Bundesrätin. "Die Erwartungen an die COP waren hoch. Schliesslich müssen wir weltweit den CO2-Ausstoss reduzieren - und zwar rasch", sagte Sommaruga gegenüber dem Schweizer Fernsehen SRF und im "SonntagsBlick". Dieses Ziel habe man nicht erreicht. Die COP sei geprägt gewesen von Eigeninteressen. So sei es schwierig, gute Lösungen fürs Klima zu finden, sagte sie der Zeitung.
Derzeit sei kaum ein Land auf Kurs bei den Klimazielen, erklärte sie weiter. Sie werde noch in diesem Jahr mit eine Revision des CO2-Gesetzes vorlegen. Es müssten jetzt "Fehlinvestitionen in Technologien von gestern" vermieden und dafür die Gunst der Stunde genutzt werden. Sie wolle mit der Schweiz bei der erneuerbaren Energie unter den Ersten sein, "denn das sichert auch Arbeitsplätze und schafft uns Wettbewerbsvorteile". (awp/hzi/wil)