Darum geht's
  • Unternehmen müssen ihre Risikostrategien angesichts zunehmender Naturkatastrophen und Grossereignisse überdenken, da klassische Versicherungen oft unzureichende Deckungen bieten.
  • Innovative Modelle wie parametrische Lösungen, Captive-Modelle und Catastrophe Bonds bieten effiziente Alternativen.
  • Durch eine präzise Analyse der Risikoexponierung und Schadenpotenziale können Unternehmen ihre Absicherung optimal an ihre Risikobereitschaft und Finanzkraft anpassen.
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Der Markt an Versicherungsmodellen, mit denen Unternehmen Risiken ausserhalb der traditionellen Versicherungsmärkte absichern können, entwickelt sich rasant. So ermöglichen parametrische Lösungen, die in den USA bei Stürmen schon lange im Einsatz sind, eine schnelle Auszahlung, wenn etwa bei Hochwasser vereinbarte Pegelstände überschritten werden.

Zu den Autoren

Roman Baumann ist Head of Property, Moritz Enderle ist Head of Risk & Analytics sowie Strategic Risk Consulting DACH und 
Arne Jägers-Weinberg ist Head of Inter-Risk Consulting & Engineering, alle bei WTW.

Ein eigenes Captive-Modell bietet Unternehmen zudem die Chance, ihre Risiken selbst aktiv zu verwalten und zu steuern sowie Investmenteinnahmen zu generieren und dadurch ihre Resilienz zu erhöhen. Auch lassen sich Risiken zum Beispiel mittels der Ausgabe von «Catastrophe Bonds» in Kapitalmärkte transferieren.

Kosten und Nutzen in Einklang bringen

Neue Versicherungslösungen und moderne Präventionsstrategien weit über Sandsäcke hinaus können nicht nur Risiken, sondern auch Kosten senken. Dafür müssen Unternehmen eine geeignete Risikotransferstrategie festlegen. Dazu unabdingbar ist, dass die Unternehmen möglichst genaue Kenntnisse darüber haben, wie hoch das maximale Schadenpotenzial ist, wie viele und wie hohe Schäden zu erwarten sind und wie hohe Risiken noch selbst getragen werden können. Erst damit lassen sich faktenbasierte Entscheidungen treffen. 

Datengrundlage schaffen 

Als Ausgangspunkt ist es wichtig, die eigene Risikoexponierung zu validieren. Zu diesem Zweck wird ermittelt, welche Werte im Unternehmen konkret gefährdet sind – etwa Gebäude, Maschinen oder der Umsatz, welcher bei Betriebsunterbrechungen verloren ginge. Zusammen mit einer umfassenden Schadenhistorie sowie extern verfügbaren, übergreifenden Markt- und Schadendaten bildet dies die Datengrundlage, um technisch einzuschätzen, wie hoch die maximale Schadenlast bei einer Naturkatastrophe oder einem Grossereignis ausfallen könnte (Probable Maximum Loss). Basierend auf diesen Daten lassen sich zudem Prognosen zu einem Schadenfall (Actuarial Loss Forecast) berechnen.

Den Worst Case kennen 

Zur technischen Bestimmung der maximalen Schadenlast empfiehlt sich eine «Business Impact»-Analyse auf der genannten Datengrundlage. Dabei werden Naturkatastrophen und andere Grossereignisse modelliert, um den schlimmstmöglichen finanziellen Ausfall zu berechnen. Dieses Extremszenario zeigt den Probable Maximum Loss (BI-PML) – also den höchsten zu erwartenden Schaden durch eine Betriebsunterbrechung. 

Wahrscheinlichkeit und Höhe von Schäden prognostizieren

Ergänzend nutzt der Actuarial Loss Forecast datenbasierte Modelle, um die Wahrscheinlichkeiten und Höhen von Schäden für verschiedene Szenarien zu berechnen. So lässt sich abschätzen, wie oft und in welcher Höhe Schäden in einem guten Jahr (alle 10 Jahren), in einem durchschnittlichen Jahr (Mittelwert) oder in einem katastrophalen Jahr (alle 200 Jahren) auftreten. Unternehmen können dadurch die maximale Entschädigung ihrer Versicherungsprogramme besser an ihre Risikobereitschaft anpassen. 

Eigentragungsfähigkeit bestimmen

Der erste Schritt bei der Entscheidung über Selbstbehalte, Höchstentschädigungen und den Wertbeitrag von Versicherungslösungen ist sodann die grundsätzliche Bestimmung der eigenen Risikotoleranz. Mit verschiedenen Stresstestszenarien wird simuliert, wie bestimmte Ereignisse ausgewählte Finanzkennzahlen beeinflussen und wann individuell festgelegte Bandbreiten überschritten werden. Ein Vergleich dieser Werte mit den tatsächlichen Kosten – also mit Selbstbehalten, überschrittenen Versicherungslimits und unversicherten Risiken – zeigt, ob das Unternehmen mehr oder weniger Risiko absichern und damit transferieren sollte.

Umfassend denken

Unternehmen sind folglich gut beraten, parallel den BI-PML und die zu erwartende Schadenwahrscheinlichkeit/-höhe zu ermitteln, um den optimalen Versicherungsschutz abgestimmt auf ihre Risikotoleranz einkaufen zu können. Sie müssen sich im Klaren sein, dass die absolute Obergrenze einer Absicherung durch die Sachversicherungswerte und die Summenermittlung der Ertragsausfallversicherung definiert ist. Während der BI-PML eine vorsichtige Schätzung der maximal denkbaren Schadenhöhe liefert, markieren die mit analytisch-empirischen Methoden kalkulierten Schadenerwartungen das empfohlene Minimum – abhängig von der Eigentragungsfähigkeit, also der eigenen Finanzkraft des Unternehmens.