Für viele Versicherer ist das Geschäft mit Krankentaggeldpolicen nicht mehr lukrativ. In den letzten Jahren haben Krankenkassen und Lebensversicherer versucht, mit günstigen Offerten den eigenen Marktanteil auszuweiten. Oft wurde dabei mit zu tiefen Prämien kalkuliert, um im erheblich verschärften Konkurrenzkampf zu bestehen. Eine Studie des VZ Vermögenszentrums zeigt nun aber, dass die Schadenquoten bei den zwölf grössten Krankentaggeld-Versicherern zwischen 78 und gut 100 Prozent liegen. Dabei sollte das Verhältnis von Prämieneinnahmen zu Schadenzahlungen langfristig nicht höher als 75 Prozent sein, denn zusätzlich zum Schadenfall entstehen auch Kosten für die Verwaltung und den Vertrieb von 20 Prozent und mehr.
Eine verschlechterte Schadenquote zwingt die Versicherer, schärfer zu kalkulieren. Je nach Anspruchsgruppen gibt es erhebliche Kosten-Leistungs-Differenzen. Standardisierte Lösungen für mittlere und grosse Unternehmen sind kostengünstiger als spezialisierte Modelle für kleine Firmen. Ausschlaggebend für die Prämienhöhe ist letztlich der Umfang an Risiken, die abzudecken sind. Abhängig ist der Tarif auch von der vereinbarten Karenzfrist, die von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten reichen kann. Entsprechend werden die Taggeldleistungen erst nach Ablauf dieser Zeit erbracht.
Grosse Prämienunterschiede
Für Arbeitgeber sind günstige Konditionen in der Krankentaggeldversicherung immer schwieriger zu finden. Einzig Betriebe mit einer niedrigen Schadenbelastung haben grössere Wahlmöglichkeiten. Bei Offerten ergeben sich dort Prämiendifferenzen von bis zu 50 Prozent. Stephan Wirz, Mitglied der Geschäftsleitung beim Maklerzentrum Schweiz, beobachtet bei den Anbietern aber derzeit eine eher vorsichtige Haltung: «Natürlich will man wachsen, aber nicht um jeden Preis.»
In vielen Fällen kommt es zu Sanierungsmassnahmen im grossen Stil. Die Prämien werden erhöht oder eine langjährige Vertragsbeziehung gar gekündigt. Dabei ist es für Unternehmen mit einem schlechten Risiko deutlich schwieriger, den Versicherer zu wechseln. Anders verhält es sich bei einem guten Schadenverlauf. Der Anbieter honoriert dies in der Regel mit Rabatten. Zudem kann der Betrieb mit einer Ausschreibung die bestmögliche Offerte für sich auswählen.
Versicherung nicht zwingen
Jeder Arbeitgeber ist gesetzlich zu einer Lohnfortzahlung bei Krankheit verpflichtet. Allerdings muss er nicht zwingend eine Versicherung abschliessen. Für die Firma bietet diese Versicherung eine finanzielle Sicherheit, weil häufig ein Ersatz für den arbeitsunfähigen Mitarbeiter eingestellt werden muss. In diesem Fall entsteht vorübergehend eine doppelte Kostenbelastung. Für die Versicherten gibt es keine Einkommenslücke. Die Lohnfortzahlung wird in der Regel bis zum 720. Tag vereinbart. Dabei kommen je nach Firmenstandort unterschiedliche Berechnungsskalen (Berner, Basler, Zürcher usw.) zur Anwendung.
Etwas komplexer präsentiert sich die Ausgangslage für Selbstständige und jene Mitarbeitenden, deren Arbeitgeber aus finanziellen oder anderen Gründen keine Taggeldversicherung abschliessen. Wer in dieser Situation eine freiwillige Taggeldversicherung sucht, hat zwei Varianten: Entweder eine Police nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) oder eine solche nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Für den Versicherer steht die Version nach VVG im Vordergrund. Die Anbieter können bei dieser Taggeldversicherung die Aufnahme eines Interessenten verweigern und die Prämien abhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand gestalten. Bei einem Vertrag nach KVG sind Beitrittswillige von einer Versicherungsgesellschaft oder Krankenkasse zwingend aufzunehmen.
Gesundheitsmanagement wird forciert
Für die Anbieter von Krankentaggeld- und Unfallversicherungen ist das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) wichtig. Letztlich bildet die Versicherungsprämie nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten der krankheitsbedingten Absenzen. Mit individuell erarbeiteten BGM-Konzepten versuchen die Versicherer, den Schadenverlauf möglichst günstig zu gestalten. Zentral sind dabei Prävention, medizinische Betreuung, Absenzen-Management und die berufliche Wiedereingliederung. Im Vordergrund stehen meist verhaltensbezogenen Angebote mit Dienstleistungen in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Suchtprävention und Stress.
Deutlich weniger stark verbreitet sind demgegenüber die verhältnisorientierten Massnahmen, bei denen es um die aktive Neuausrichtung von Arbeitsprozessen und die Arbeitsgestaltung nach gesundheitsfördernden Aspekten geht.