- Ökosysteme galten lange Zeit als das Nonplusultra für Versicherer, um Mehrwert zu generieren und das Kundenerlebnis zu steigern
- Während sich einige Erstversicherer aus ihren Ökosystemen zurückziehen, steigt die Bedeutung für Krankenversicherer eher noch
- Ökosysteme und digitale Plattformen sind und bleiben ein strategisch wichtiger Pfeiler
Die digitale Transformation hat in den vergangenen Jahren auch vor der Versicherungswirtschaft nicht halt gemacht. Deshalb sucht die Branche nach neuen Wegen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den sich wandelnden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.
Der Glanz ist längst nicht verblasst
Viele Versicherer haben im Zuge dieses Wandels ihre Geschäftsmodelle erweitert und sind Partnerschaften eingegangen oder haben Startups aufgekauft, um Mehrwert zu generieren und das Kundenerlebnis zu verbessern. Wirtschaftliche Ökosysteme galten dabei lange Jahre als die Zauberformel für weiteres Wachstum. Bis im vergangenen Jahr mit Mobiliar und Baloise zwei gewichtige Marktplayer ihren Ökosystemen rund um Themen wie Wohnen und Mobilität den Stecker zogen, um sich wieder stärker auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Der Hype um die Themen digitale Plattformökonomie und Ökosysteme ist mancherorts einer gewissen Ernüchterung gewichen. Ist der Glanz der Ökosysteme damit wieder verblasst?
Für einen Abgesang ist es sicherlich noch zu früh, wie die Studie «Ecosystems of Tomorrow» des Beratungsunternehmens Roland Berger untermauert. In einer Umfrage bewerteten neun von zehn Befragten Ökosysteme für die Zukunft der Branche als äusserst signifikant bis wettbewerbsentscheidend. Vor allem im Bereich Gesundheit haben Ökosysteme in vielen Märkten Europas nach Einschätzung von Berger bereits einen höheren Reifegrad erreicht - und sind mittlerweile unverzichtbar. Das unterstreicht auch eine Umfrage von HZ Insurance unter den grössten Krankenversicherern der Schweiz.
Bedeutung nimmt eher zu
«Die Bedeutung von Ökosystemen wird künftig zunehmen. Das Gesundheitswesen hat viel Potential hinsichtlich Digitalisierung und Patientenzentriertheit», heisst es etwa bei Helsana. Ähnlich tönt es bei Swica, da ein Ökosystem ihrer Einschätzung nach «eine Vernetzung der Gesundheitsdaten für einen idealen Behandlungsprozess und eine Verbesserung von Heilbehandlungen durch Analyse und wertsteigernde Verwendung von Daten die Qualität des Gesundheitswesens steigern und die Gesundheitskosten senken kann.»
Von einer steigenden Bedeutung geht auch die CSS aus und verweist dabei auf das im Juli 2024 gemeinsam mit dem Ensemble Hospitalier de la Côte (EHC) lancierte Versorgungsmodell, das Akteure aus dem ambulanten und stationären Bereich aus vierzig verschiedenen Fachrichtungen vereint. Es ist die nach Angaben der CSS erste Initiative dieser Grössenordnung in der Schweiz. Aus Sicht der Groupe Mutuel hat das Thema zwar etwas an Gewicht verloren, aber «qualitativ hochwertige Ökosysteme, in denen die verschiedenen Parteien eng zusammenarbeiten und ineinandergreifende, kundenzentrierte Lösungen anbieten, bleiben von zentraler Bedeutung.»
Zahlreiche Vorteile
Die Branche setzt also weiterhin auf digitale Plattformen und Partnerschaften, die einen verbesserten Informationsaustausch und gemeinsame Angebote ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist das Gesundheitsökosystem «Compassana», an dem sich neben Groupe Mutuel auch Swica und Helsana beteiligen.
Das Gemeinschaftsprojekt vereint nach eigenen Aussagen moderne medizinische Versorgung mit den Vorteilen der Digitalisierung. Compassana vernetzt medizinische und medizinnahe Leistungserbringende und fördert deren Kooperation mittels einer digitalen Gesundheitsplattform. Die CSS setzt ihrerseits gemeinsam mit Medi24, Visana, DocMorris, Galenica und Swiss Medical Network auf die vor fünf Jahren mitentwickelte App «Well» und stellt damit die integrierte Versorgung auf digitale Füsse.
Hohe Millioneninvestitionen
Verbesserter Informationsfluss, gesteigertes Kundenerlebnis, stärkere Vernetzung, höhere Behandlungsqualität, weniger Kosten: Die Vorteile der Ökosysteme und digitalen Plattformen sind für die befragten Krankenversicherer evident. Dafür nehmen sie viel Geld in die Hand: Swica hat mittlerweile «einen hohen einstelligen (bald zweistelligen) Millionenbetrag» investiert, bei der CSS «bewegen sich die Investitionen im tieferen zweistelligen Millionenbereich». Groupe Mutuel und Helsana machten dazu keine Angaben.
Aber klar ist: Ökosysteme sind und bleiben ein strategisch wichtiger Pfeiler für Krankenversicherungen. Deshalb arbeiten sie gemeinsam mit ihren Partnern auch weiterhin an einem Ausbau ihres Angebots oder nutzen Möglichkeiten zur Teilnahme an Ökosystemen, wenn es ihren Kundinnen und Kunden einen Mehrwert bietet.
Dieser Artikel ist Teil der Market Opinion «Gesundheit stärken», die in Zusammenarbeit mit Krankenversicherung CSS realisiert wurde.