- Die zunehmende Verbreitung von Online-Versicherungsabschlüssen erfordert eine gründliche Qualitätskontrolle der Web-Anwendungen, um Umsatzverluste und Vertrauensschwund zu vermeiden.
- Crowdtesting bietet eine schnelle und effektive Lösung, indem es gezielt nach Fehlern sucht und schnelle Rückmeldungen liefert, um reibungslose Systeme vor dem Marktstart sicherzustellen.
- Diese Methode konzentriert sich auf die Nutzerperspektive und unterstützt die Fachabteilungen, indem sie wahrscheinliche Nutzerverhalten sowie Reaktionen der Anwendung auf verschiedene Szenarien testet, was sie zur finalen Qualitätskontrolle macht.
Grosse Anstrengungen und Investitionen fliessen in die Entwicklung und Lancierung von Versicherungsprodukten, die heute zunehmend online vertrieben werden.
Tobias Hildebrand ist Business Unit Manager Product Quality bei der Digitalisierungsberatung Xebia in Zürich.
Innert Jahresfrist ist die Quote der Digitalabschlüsse allein bei den Kranken- und Sachversicherungen von 46 auf 62 Prozent gestiegen, wie der Swiss Insurance Monitor 2023 zeigte. Die Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit der entsprechenden Web-Anwendungen sind daher für Versicherer immer wichtiger für ihren Geschäftserfolg, für ihre strategische Positionierung und Reputation.
Aber es stellt sich nach einer Lancierung immer wieder heraus, dass Online-Anwendungen grobe Funktionsfehler enthalten: Tote Links, nicht funktionierende Formularfelder, Abbrüche beim Kaufvorgang, wenn sich etwa der Warenkorb nicht aktualisiert oder eine korrekte Bankverbindung nicht akzeptiert wird. Das kostet Umsatz, aber auch Vertrauen, weil hier sensible persönliche Daten im Spiel sind.Die finale Qualitätsprüfung aus Anwendersicht überfordert jedoch viele IT-Abteilungen innerhalb der Unternehmen, die schon mehr als genug ausgelastet sind – und manchmal auch ein wenig «betriebsblind». Wer eine Anwendung entwickelt und immer wieder verfeinert hat, der sieht sie nicht mit den Augen eines späteren Nutzers und übersieht manchmal das vermeintlich Offensichtliche.
Es wird immer knapp
Professionelles Crowdtesting durch spezialisierte Anbieter ist dafür die Lösung: Eine externe Qualitätsprüfung, die typischerweise innerhalb von drei Tagen möglich ist. Das ist entscheidend, weil es zwischen der – oft verspäteten – technischen Fertigstellung einer Anwendung und der geplanten Lancierung immer knapp wird. Während es sich beim klassischen Crowdtesting um einen ausgelagerten Massentest handelt, was der Methode ihren Namen gab, testen bei diesem Ansatz nur wenige externe Spezialisten. Mit ihrer Erfahrung suchen sie gezielt und systematisch nach Programmierfehlern («Bugs») und anderen Schwachstellen und können der internen IT-Abteilung eine schnelle, kompetente Rückmeldung geben. Das stellt sicher, dass zum Marktstart wirklich alles funktioniert.
Verantwortung der Fachabteilung
Crowdtesting ersetzt nicht das reguläre Testing, bei dem auch Zugriffe auf die Datenbank, das Speicher-Management und andere Aspekte überprüft werden. Das braucht erweiterte Zugriffsrechte und ist daher weiterhin am besten bei der internen IT-Abteilung und allfälligen Partnern des Versicherers aufgehoben. Crowdtesting nimmt dagegen die Nutzerperspektive vorweg und unterstützt die zuständige Fachabteilung, meist das Produktmanagement oder die Marketingleitung.
Die spezialisierten externen Testpersonen konzentrieren sich dabei, anders als die internen Abteilungen, nicht nur auf das gewünschte, ideale Verhalten eines Nutzers («Happy Path»), wie es in Customer bzw. User Journeys geplant wird. Stattdessen gehen sie methodisch das wahrscheinliche Nutzerverhalten und die Reaktion der Anwendung auf häufige Sonderfälle, erwartbare Irrtümer und Fehler der Anwender durch. Zum Beispiel: Der Interessent für eine Versicherung ist abgelenkt und verwechselt Formularfelder oder nutzt Zeichen in Personen- oder Ortsnamen, die korrekt, aber in der Anwendung blockiert sind und damit den Abschluss unmöglich machen. Die Tests dafür erfolgen sowohl manuell als auch softwarebasiert.
Innerhalb des Projekts
Teilweise stellen sich beim externen Crowdtesting sehr grundlegende Fehler heraus, etwa Additionsfehler im Warenkorb, die sich aber kurzfristig noch beseitigen lassen. So kann die Lancierung trotzdem wie geplant erfolgen. Die Methode eignet sich nicht zum Testen von völlig neuen oder sehr komplexen Systemen. Das muss innerhalb des Projektes erfolgen. Aber für die Neueinführung, Migration oder Erweiterung einer Anwendung, einer Webseite oder eines Webshops ist sie die finale Qualitätskontrolle vor dem Markteintritt.