Cybersicherungen wird in der Regel ein grosses Marktpotenzial nachgesagt - aber die Versicherungslücken vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen und die Risiken sind in diesem Feld immer noch riesengross. Medienberichte über erfolgreiche Cyberangriffe, die Millionenschäden nach sich ziehen, gehören mittlerweile zum Alltag - auch in der Schweiz.
Riesiges Schadenpotenzial
Wie gross das Schadenpotenzial ist, zeigte ein Risikomodell, welches der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) mit dem Risikobewerter Moody’s RMS erstmals für die Schweiz entwickelte: Pro Jahr besteht eine einprozentige Chance für ein Cyberereignis, das mit einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von über 2,5 Milliarden Franken einhergehen könnte. Tatsächlich versichert wären gemäss der heutigen Marktdurchdringung von unter 10 Prozent aber nur Schäden von ungefähr 178 Millionen Franken (HZ Insurance berichtete).
Verzehnfachung der Prämien in zehn Jahren
Jetzt nimmt sich ein neuer Bericht des Thinktanks Geneva Association mit dem Titel «Catalysing Cyber Risk Transfer to Capital Markets: Catastrophe bonds and beyond» diesem Thema an und untersucht die Rolle alternativer Risikotransfermechanismen (ART) bei der Bewältigung zunehmender Cybersicherheitsrisiken. Der Bericht hebt hervor, dass sich die globalen Prämien für Cyber-Versicherungen in zehn Jahren mehr als verzehnfacht haben, von weniger als 1,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2013 auf rund 15 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023.
Massive Versicherungslücken
Allerdings: Diese Summe macht noch immer weniger als 1 Prozent des gesamten P&C-Versicherungsmarktes aus, schreibt Darren Pain, Director Cyber bei der Geneva Association und Autor des Berichts. Auch er betont, dass die Versicherungslücke massiv ist. Das mache es für Rück- und Erstversicherer allein schwierig, diese Risiken zu übernehmen. Gleichzeitig rechnen die meisten Branchenexperten mit einer weiteren starken Aufwärtsdynamik auf dem Markt für Cyberversicherungen, da das Bewusstsein von Unternehmen und Einzelpersonen für Cyberrisiken steigt und der Grad der Unterversicherung zunehmend erkannt wird.
Hoher Kapitalbedarf
Ob das Wachstumspotenzial bei Cyberversicherungen auch gehoben werden kann, wird laut Bericht entscheidend davon abhängen, ob genügend Kapital zur Absicherung der zugrunde liegenden Policen beschafft werden kann. Insbesondere die Rückversicherung sei für Erstversicherer von entscheidender Bedeutung, um Spitzenrisiken im Bereich Cyber abzufedern, die andernfalls ihre Bilanzen belasten würden. Die Schätzungen variieren, aber wahrscheinlich geben Erstversicherer etwa 50 Prozent ihrer Cyber-Prämien an Rückversicherer ab, weit mehr als bei anderen Versicherungszweigen, so Pain.
Die Höhe möglicher extremer Cyberverluste sei zu gross, als dass Rück-/Versicherer sie allein tragen könnten. Experten würden davon ausgehen, dass eine Verfünffachung des Kapitals erforderlich sein wird, um selbst die konservativeren Marktprognosen beim Prämienwachstum für Cyberversicherungen aufrechtzuerhalten.
Risiken auf Kapitalmärkte übertragen
Darren Pain sieht in ART-Lösungen wie Insurance-Linked Securities (ILS) eine Möglichkeit, zusätzliche Risikotragfähigkeit von ausserhalb des Rück-/Versicherungssektors zu gewinnen. In letzter Zeit hätte sich die Emission von Cyber-ILS jedoch beschleunigt, und es seien mehrere bemerkenswerte Geschäfte auf den Markt gekommen. So haben seit Anfang 2023 mindestens fünf verschiedene Rück-/Versicherer Cyber-ILS ausgegeben. Obwohl die Höhe des über diese Anleihen übertragenen Cyberrisikos von rund 800 Millionen US-Dollar sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zum Gesamtrisikolimit des Rück-/Versicherungssektors für Cyberrisiken bescheiden bleibt, stellen die Transaktionen seiner Ansicht nach einen wichtigen Meilenstein dar.
Ist der Markt schon reif?
Eine entscheidende Frage sei, ob die Marktbedingungen für eine signifikante und nachhaltige Ausweitung des Cyber-Risikotransfers auf die Kapitalmärkte reif sind, zumal die Preise der ersten Cyber-Cat-Bonds beispielsweise darauf hinweisen, dass die von Drittinvestoren geforderte Entschädigung für die Übernahme extremer Cyberrisiken höher ist als bei anderen Naturkatastrophenrisiken.
Insgesamt seien fast alle für den Bericht der Geneva Association Befragten – Sponsoren, Investoren und Vermittler – der Ansicht, dass sich der Cyber-ILS-Markt noch in der Entwicklung befindet und noch nicht kurz vor dem Durchbruch steht. Deshalb sei die wahrscheinlichste Prognose eine anhaltende, stetige Expansion und keine rasche Beschleunigung bei künftigen Emissionen.
«Die Nachfrage nach Cyber-ILS steigt deutlich an, aber der Markt befindet sich noch in der Anfangsphase der Entwicklung. Die Komplexität der Cyberrisiken und die grossen Unterschiede im Deckungsumfang der Policen stellen eine Herausforderung für die Erweiterung der Investorenbasis dar. Fortschritte bei den Modellierungsfähigkeiten und der Standardisierung der Policen werden entscheidend sein, um das Vertrauen der Investoren zu stärken und das Potenzial von ART-Lösungen für Cyberrisiken zu erschliessen», schlussfolgert der Cyberexperte in seinem lesenswerten Bericht.