Mit rund 220’000 Vollzeitstellen ist der Schweizer Finanzsektor ein bedeutender Arbeitgeber. Gut zwei Drittel dieser Stellen entfallen auf die Banken, etwas mehr als ein Drittel kann die Versicherungswirtschaft für sich verbuchen, die aktuell rund 46’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Trotz der wichtigen Position im Schweizer Arbeitgebermarkt weht der Assekuranz bei der Suche nach qualifizierten (Nachwuchs-)Mitarbeitenden ein rauer Wind entgegen. Einerseits gelten Versicherer nach wie vor als verstaubt, träge und konservativ, andererseits liegen sie auch in Sachen Vergütungen nicht auf den vordersten Plätzen.
Imagekorrektur noch nicht gelungen
Von den Löhnen in der Assekuranz lässt es sich gut leben, allerdings gibt es innerhalb der Branche grosse Unterschiede. Urs Klingler, Managing Partner des auf Compensation und Performance spezialisierten Beratungsunternehmens Klingler Consultants, konstatiert, dass vor allem Mitglieder der Geschäftsleitung sowie Generalagenten sehr gut verdienen. «In den meisten andern Positionen und Rollen sind die Löhne in anderen Branchen jedoch deutlich höher.» Im Vergleich schneiden vor allem die Banken sowie die Immobilienwirtschaft und die Pharmaindustrie besser ab. Zudem, so Klingler, gibt es auch beträchtliche Unterschiede zwischen Erst- und Rückversicherern. «Letztere verfügen meistens über innovativere Lohnmodelle und attraktivere Arbeitsbedingungen.»
Rückversicherer zahlen am besten
Die tiefsten Branchenlöhne zahlen die Krankenversicherer. Während sich die durchschnittlichen Personalkosten bei den Rückversicherern auf 150’000 Franken belaufen, liegen diese bei den Krankenkassen mit 104’500 Franken deutlich tiefer (siehe Grafik 1). Und auch das Verhältnis zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen ist mit 1:7 viel kleiner als mit 1:40 bei den Rückversicherern.
Dafür, und das ist aus betriebswirtschaftlicher Optik ein wichtiger Aspekt, ist das Verhältnis zwischen den Personalkosten und der Ertragskraft sowohl bei den Krankenversicherern als auch bei den Erstversicherern optimal, während dieses bei den Rückversicherern im Verhältnis etwa gleich schlecht ist, wie bei den grossen Finanzinstituten (siehe Grafik 2).
Aufstiegschancen wichtiger als Lohn
Berufseinsteigerinnen und -einsteigern bieten die Versicherer monetär einen guten Start. Nach einer KV-Lehre liegt der Medianlohn bei rund 55’000 Franken, was einem Monatslohn von rund 4500 Franken entspricht. Wer sich danach weiterbildet, kann sein Salär relativ rasch steigern. Gemäss dem Schweizer Lohnbuch 2020 sorgt ein HWV- oder Hochschulabschluss für eine 24 bis 26 Jahre alte Person für einen durchschnittlichen Monatslohn von 6388 Franken. Zudem bieten die brancheninternen Ausbildungen jüngeren Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich nicht nur gehaltsmässig zu steigern, sondern auch fach- und führungstechnisch aufzusteigen – ein nicht zu unterschätzender Faktor, der in den unterschiedlichsten Untersuchungen rund um das Thema Arbeitszufriedenheit von den meisten Befragten vor dem Lohn genannt wird.
Zufriedenheit ist gross
Apropos Zufriedenheit: die überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden in der Versicherungsbranche fühlt sich äusserst wohl bis sehr zufrieden als Akteur in der Finanzmarktbranche und will ihren Job noch länger ausüben. Und auch den Lohn erachten sie als genügend. Dies hat eine aktuelle Umfrage der Branchenplattform HZ Insurance zusammen mit den verschieden Berufsfachverbänden ergeben.
Wenn es den Versicherern nun gelingt, dieses Wohlgefühl nach aussen zu transportieren und neue Mitarbeitende davon zu überzeugen, könnte die Lücke an Fachkräften etwas verkleinert werden. Zudem punktet die Assekuranz als Arbeitgeberin noch mit etwas anderem: aufgrund der anstehenden Digitalisierung wandeln sich traditionelle Berufsfelder und es entstehen auch neue. Und in Sachen Lohnnebenleistungen und Arbeitsmodelle kann ihr kaum eine andere Branche das Wasser reichen.