Wie lautet Ihr Fazit nach einem speziellen ersten Jahr als CEO Helvetia Schweiz
Ich habe Helvetia aus der Konkurrenzposition heraus viele Jahre intensiv beobachtet und war dank den vielen Gesprächen im Vorfeld sehr gut auf die neue Aufgabe vorbereitet. Die Erfahrungen im konkreten Arbeitsalltag haben sich dann vom ersten Tag an sehr positiv angefühlt. Ich habe ein Umfeld vorgefunden, das sehr kundenorientiert ist, konstruktiv zusammenarbeitet und dennoch bereit ist, Herausforderungen dynamisch anzugehen. Das ist sowohl für die pandemischen als auch für die branchenspezifischen Herausforderungen wichtig.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wo liegen denn die branchenspezifischen Herausforderungen beispielsweise in der Lebensversicherung?
Es ist kein Geheimnis, dass das Tiefzinsumfeld die Lebensversicherer und damit auch uns unter Druck setzt. Vor allem zusammen mit den nach wie vor ungelösten regulatorischen Rahmenbedingungen ist es für uns eine grosse Herausforderung, die künftige Positionierung im Vorsorgegeschäft zu definieren. 

Klar ist: Die Nachfrage nach privaten Vorsorgelösungen steigt. Die staatliche Vorsorge ist unsicher und die Kunden fragen ergänzende Produkte nach. Diese Lücke gilt es mit nachhaltigen Lösungen, denen unsere Kunden vertrauen können, zu füllen. 

An was für Lösungen denken Sie?
Zum Beispiel an Asset-Management-Angebote, die mit klassischen Versicherungen kombiniert sind. Der Trend geht ganz klar in Richtung flexible Produkte und eine laufende Betreuung der Kunden. Es sind ja nicht nur die Tiefzinsen und die staatliche Vorsorge, die uns herausfordern, sondern auch die neuen Kundenbedürfnisse. 

Was meinen Sie damit?
Ich denke da beispielsweise an diskontinuierliche Lebensläufe – ein Trend, der weiter zunehmen wird. Nachhaltige Vorsorgeprodukte anzubieten, die sich flexibel an die sich wandelnden Lebensumstände anpassen und die wichtigsten Risiken abdecken – darin sehe ich eine der Kernherausforderungen für uns.

Wie geht Helvetia diese Kernherausforderung an?
Mit gezielter Datenauswertung und persönlicher Beratung, das ist das neue Selbstverständnis, das wir leben müssen. Dadurch kann der Berater das hybride Kundenverhalten nachhaltig begleiten und der Kunde spürt unsere in der Strategie verankerte Kunden-Convenience.

«Ich bin überzeugt, dass die Kunden bereit sind, Daten und Informationen mitzuteilen, wenn sie dafür einen Mehrwert erhalten.»

Was verstehen Sie unter Kunden-Convenience?
Convenience ist zum Beispiel unser Kundenversprechen «klar und einfach». Convenience ist aber nicht nur die klare Ansprache gegenüber dem Kunden, sondern dazu zählt auch die persönliche Beratung bis hin zum Serviceerleben in Form eines einfachen Zugangs zu Helvetia. 

All dem liegen technische und prozessuale Fähigkeiten in der Datenanalyse zugrunde, aber vor allem auch eine kundenorientierte Verhaltensweise der Mitarbeitenden. Diese ist in der DNA von Helvetia verankert, das habe ich ab meinem ersten Arbeitstag gespürt. 

Daten sind ein heisses Eisen – wie bringen Sie Ihre Kunden dazu, Daten mit Helvetia zu teilen? 
Ich bin überzeugt, dass die Kunden bereit sind, Daten und Informationen mitzuteilen, wenn sie dafür einen Mehrwert erhalten. Wir geniessen zum Glück grosses Vertrauen vonseiten unserer Kunden. Ich denke, sie wissen, dass wir mit ihren Daten verantwortungsvoll umgehen. 

«Wir müssen als Branche und als Unternehmen Menschen anziehen, die sich weiterentwickeln wollen.»

Apropos Vertrauen. Gerade im Vorsorgebereich hat Helvetia auch viele ältere Kunden, die schon lange durch ihren Berater betreut werden. Wie handhaben sie es, wenn Beratende in Pension gehen? 
Wir legen in der Kundenberatung sehr viel Wert darauf, dass wir eine gute Verteilung über alle Alterskategorien haben. Zentraler als das Alter sind die Fragen: Welche Menschen möchten wir als Mitarbeitende anziehen? Welche Fähigkeiten brauchen unsere Mitarbeitenden heute und in Zukunft?

Welche Antworten haben Sie darauf?
Eine der zentralsten Fähigkeiten ist die Lernfähigkeit. Wir müssen als Branche und als Unternehmen Menschen anziehen, die sich weiterentwickeln wollen, die mit uns in den neuen Feldern wachsen möchten und bereit sind, sich zu verändern. Wichtig ist auch, dass Mitarbeitende in unsere Unternehmenskultur passen. Dazu zählt unter anderem eine grosse Kooperationsbereitschaft. Diese wird immer zentraler, um alle unsere Stärken für den Kunden zusammenzubringen und eng zusammenzuarbeiten. Wir suchen aber auch Mitarbeitende, die unsere Kultur herausfordern.

Dies ist ein HZ Insurance-Artikel

Weitere Artikel von HZ Insurance finden Sie auf der Übersichtsseite.

Was heisst das?
Die Gefahr bei einer sehr konsensorientierten und kooperativen Arbeitskultur ist, dass die Leistungsmessung und -beurteilung nicht so konsequent wie nötig gemacht wird. Wir müssen uns etwas mehr in Richtung Leistungskultur entwickeln. Damit meine ich keine individuelle und egoistische Leistungskultur, sondern eine Kultur, die einen klaren Blick dafür hat, ob wir mit dem, was wir tun, das Beste für unsere Kunden machen.

«Unsere Zielsetzung lautet weiterhin, unsere führende Position im Allbranchenbereich zu festigen.»

Meinen Sie damit das Nutzen neuer Chancen, einen der Leitsätze der Helvetia-Strategie 20.25? 
Ja, genau. Wir müssen unser Radar so einstellen, dass wir sehen, wo sich unsere Kunden in Zukunft bewegen, und den Anknüpfungspunkt für neue Leistungen finden. Damit meine ich zum Beispiel Ökosysteme, zu denen nicht nur die Kundenschnittstelle zählt, sondern auch neue Partnerschaften. So haben wir mit Moneypark einen starken Anker in einem Ökosystem rund um Finanzierung und Immobilien. In diesem Winter sind wir eine Kooperation mit dem Institut für Jungunternehmen eingegangen und machen damit einen wichtigen Schritt zu umfassenden Services im KMU-Geschäft. Die Tatsache, dass Autos zunehmend auch online verkauft werden, ist ebenfalls eine grosse Chance für uns. Wir haben daher eine exklusive Vereinbarung mit Polestar abgeschlossen. Dieser Schritt ist exemplarisch für das Nutzen neuer Chancen. Da verändert sich etwas an der Kundenschnittstelle und wir sind mit dabei … Dasselbe ist auch bei der Kooperation von Smile mit Neon der Fall. In allen genannten Beispielen können wir uns in die Customer Journey integrieren und für den Kunden friktionsfrei da sein, wenn es um das Thema Versicherungen geht. Ich glaube, dass sich da in den nächsten Monaten und Jahren noch viele weitere Chancen ergeben werden, und diese wollen wir unbedingt nutzten. Denn nur so bleiben wir für die Kunden relevant.

Was sind eigentlich die wichtigsten Unterschiede zwischen der Strategie 20.20 und der vor kurzem kommunizierten Strategie 20.25? 
Helvetia 20.25 schliesst nahtlos an die Strategie 20.20 an. Nach der Zusammenführung mit Nationale Suisse haben wir bei der letzten Strategieperiode wertvolle Grundlagen für die aktuelle Strategie geschaffen. Dazu zähle ich beispielsweise die Integrationsfähigkeit bezüglich Kundenplattformen, aber auch den Ausbau von Data Analytics. Auf dieser Basis haben sich Geschäftsfelder wie Smile stark entwickelt. Smile etwa ist heute der mit Abstand erfolgreichste Schweizer Digitalversicherer und wir werden dieses Geschäft nochmals klar ausbauen.  

Unsere Zielsetzung lautet weiterhin, unsere führende Position im Allbranchenbereich zu festigen. Nun geht es darum, bereits aufgegleiste Bestrebungen konsequent umzusetzen und zur Wirkung zu bringen.  

Und wie stellen Sie sich Helvetia 20.35 vor?
Ich bin überzeugt, dass das Bedürfnis nach finanzieller Vorsorge und nach Risikoabdeckung in unseren entwickelten Volkswirtschaften weiterhin essenziell sein wird. Ich glaube, 2035 werden die Grenzen von Kooperationen so breit aufgegangen sein, wie wir es uns heute gar nicht vorstellen können. Die nahtlose Begleitung der Kunden wird auch dannzumal nicht nur digital, sondern durch persönliche Beratung sichergestellt.