Der geplante neue Arzttarif Tardoc hat den Praxistest bisher nicht bestanden, denn die verschiedenen Akteure der Gesundheitsbranche sind sich nicht darüber einig. Es geht um 12 Milliarden Franken, die unter der Ärzteschaft neu verteilt werden sollen.

Der Chef der Migros-Gesundheitstochter Medbase Marcel Napierala hat jetzt ein Ende des Zulassungsstopps von Hausärztinnen und Hausärzten sowie ein neues Tarifsystem gefordert. Auch andere Berufsgruppen sollen über die Krankenkasse abrechnen können, plädiert er zudem.

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Für Napierala sind Hausärztinnen und Hausärzte die Drehscheibe des Gesundheitssystems. Doch gibt es von ihnen mittlerweile auch in den Städten zu wenige, wie er im Interview mit CH Media sagte. «Wir müssen neue Ärztinnen und Ärzte rekrutieren können.»

Zulassung für neue Berufsgruppen in der Grundversorgung

Ende 2019 hatte etwa der Kanton Zürich ein Zulassungsstopp für ausländische Ärztinnen und Ärzte verfügt. Wer nicht mindestens drei Jahre an einer anerkannten Weiterbildungsstätte in der Schweiz tätig war, darf nicht mehr zulasten der obligatorischen Krankenversicherung abrechnen.

Auch weitere Berufe sollen ihre Leistungen über die Krankenkasse abrechnen können, forderte Napierala weiter. Hausärzte würden nicht mehr 60 Stunden pro Woche arbeiten. «Um dies aufzufangen, müssen wir andere Berufsgruppen in der Grundversorgung zulassen.»

Eine Pflegefachperson könne beispielsweise einen Diabetes-Patienten beraten, die Werte kontrollieren sowie bei einem Diabetesfuss die Wunde versorgen. Dazu brauche es aber Tarife, welche die interprofessionelle Zusammenarbeit ermöglichten.

Tardoc

Vor dreieinhalb Jahren hat die Ärzteorganisation FMH zusammen mit Curafutura und der Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK) den Tardoc beim Bundesrat zur Genehmigung eingereicht. Ziel ist es, den veralteten und nicht mehr sachgerechten Einzelleistungstarif Tarmed abzuzlösen und die über die Jahre entstandenen Fehlanreize korrigieren. 

Seit 2019 hat der Bundesrat den Tardoc viermal für Nachbesserungen an die zuständigen Tarifpartner zurückgewiesen, das letzte Mal im Juni 2022, als er die Version 1.3 noch nicht genehmigte. Die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere die Kostenneutralität, seien noch nicht erfüllt, so die Argumentation des Bundes.

Alle Partner der Tariforganisation wurden aufgeordert, die Entwicklung der neuen Tarifstruktur im Rahmen der künftigen nationalen Tariforganisation fortzusetzen. Eine erneute Einreichung der mittlerweile 5. Version (1.3.1) ist per Ende 2023 geplant. 

Pauschale Vergütung zur Kostendämpfung

Aus Sicht der Branchenorganisation der Schweizer Krankenversicherer Santésuisse darf der Tardoc vor allem nicht zu weiteren Kostensteigerungen und damit zu zusätzlichen Prämienerhöhungen führen. «Das veraltete System des Einzelleistungstarifes hat keine Zukunft», äussert sich dazu unter anderem Thomas J. Grichting, Generalsekretär und Mitglied der Generaldirektion Groupe Mutuel und Vizepräsident Santésuisse. 

Um die Kostenentwicklung zu stabilisieren, setzt sich Santésuisse dafür ein, ambulante Pauschalen raschmöglichst umzusetzen. Ein ergänzender Einzelleistungstarif sei nur parallel und in keinem Fall vorgängig einzuführen, so Grichting. Das neue ambulante Tarifsystem solle nur dort Einzelleistungstarife beinhalten, wo keine Pauschalen möglich sind. 

Als Königsweg sieht Santésuisse die pauschale Vergütung nach Qualität, also «Pay for Quality». Im Klartext: Es sollten nur noch jene Leistungen voll vergütet werden, die von der Indikation bis zum Ergebnis die Qualitätskriterien erfüllen und auch wirklich zu einem Mehrwert für den Patienten führen. Ein System, welches das Patientenwohl ins Zentrum stellt, für massvollere Gesundheitskosten und somit für stabilere Prämien sorgt.