Angesichts der zahlreichen politischen und geopolitischen Krisen oder verheerenden Unwetter nicht nur in der Schweiz könnte man eigentlich meinen, die Welt sei aus den Fugen geraten. Doch weit gefehlt: Die grossen Volkswirtschaften zeigen sich im Zuge dieser «Permakrise» erstaunlich robust, wie der aktuelle «World Insurance sigma report» von Swiss Re aufzeigt. So soll das globale Bruttoinlandsprodukt nach Einschätzung des Rückversicherers in diesem Jahr um 2,7 Prozent zulegen. Was die nahe Zukunft betrifft, ist Group Chief Economist Jerôme Haegeli sogar optimistischer als der Konsensus. Für 2025 sagt er ein Wachstum von 2,8 Prozent voraus, wobei die USA um 2,1 Prozent und die Eurozone lediglich um 1,0 Prozent zulegen sollen. Auch was die Inflation anbelangt, hatte Haegeli am Swiss Re Media Dialogue positive Nachrichten im Gepäck: «Weltweit ist der Tiefpunkt der Inflationskrise überwunden», zeigte er sich optimistisch, auch wenn es noch Restrisiken gebe.
Was gut für die Weltwirtschaft ist, ist natürlich auch gut für die Assekuranz: «Die Versicherungsindustrie hat nach den Herausforderungen der letzten Jahre ein neues Gleichgewicht erreicht. Die Weltwirtschaft hat positiv überrascht, und dies dürfte die Nachfrage nach Versicherungen ankurbeln», zeigte sich Haegeli überzeugt.
Rentenversicherungen stark nachgefragt
Das gelte vor allem für das Lebengeschäft, denn höhere Zinsen treiben die Kapitalerträge und die Verbrauchernachfrage nach Rentenversicherungen in die Höhe. So schätzt das Swiss Re Institute, dass die Lebensversicherungsprämien in diesem Jahr um 2,9 Prozent auf 3 Billionen Dollar und im kommenden Jahr weltweit noch einmal um 2,7 Prozent steigen werden. Die Lebensversicherer würden dabei gleich doppelt von den höheren Zinsen profitieren: durch steigendes Prämienvolumen und durch höhere Profitabilität. Vor allem im Bereich der Rentenversicherungen zur Bildung von Alterskapital sei ein starkes Wachstum zu erwarten. Für 2024 prognostiziert das Swiss Re Institute, dass die Kombination aus höheren Prämien und höheren Kapitalerträgen zu einer höheren Profitabilität im Lebengeschäft führen wird, wobei das operative Ergebnis in den acht grössten Märkten - zu denen die Schweiz nicht zählt - um 15 Prozent steigen soll.
Steigende Profitabilität im Nichtlebengeschäft
Das Nichtlebengeschäft war im Zuge der Inflation durch einen starken Anstieg der Schadenkosten geprägt, weshalb viele Versicherer in den letzten Jahren die Tarife erhöhten. Dieser Trend soll sich in diesem Jahr laut Swiss Re weiter fortsetzen, bevor er sich in 2025 etwas abschwächt. Insgesamt soll das globale Nichtlebengeschäft 2024 um 3,3 Prozent auf 4,6 Billionen US-Dollar, ein Jahr darauf um 2,7 Prozent auf 4,8 Billionen Dollar steigen. Ähnliches gilt für den Bereich der Industrieversicherungen, wo die Preise derzeit zwar noch steigen, in einigen Märkten - vor allem auf der Haftpflichtseite - aber bröckeln, wie Kera McDonald, Chief Underwriting Officer von Swiss Re Corporate Solutions, im Mediengespräch ausführte. Die Sach- und Haftpflichtversicherer dürften ihre Profitabilität 2024 nach Ansicht von Swiss Re steigern, wobei die branchenweite Eigenkapitalrendite (ROE) in acht wichtigen Märkten dieses Jahr bisher bei 10 Prozent liegt, verglichen mit 6 Prozent im vergangenen Jahr. Für 2025 wird mit einer Eigenkapitalrendite von über 10 Prozent gerechnet.
Nach den vielen «bad news» in der vergangenen Zeit kann also zumindest die Versicherungsindustrie durchaus optimistisch in die nahe Zukunft blicken.