Als Geschäftsführer der Procare Vorsorge AG sind Sie seit 1. November 2021 im Amt. Wie sieht Ihre Bilanz nach knapp einem Jahr Tätigkeit aus?

Michael Kohler: Aus einer rein operativen und internen Sicht konnten wir im Laufe des aktuellen Jahres die Weichen für die Zukunft stellen. Wir haben uns als Procare das Ziel gesetzt, uns vom reinen Vertragsabwickler zum Servicedienstleister weiterzuentwickeln. Also beschäftigen wir uns mit vielen neuen Themen, auch mit Produktentwicklung, und wir investieren in die persönliche und berufliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden sowie unserer Vermittler. Eine neu festgelegte Strategie unterstützt diese Ambitionen.

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Wie spürt Procare den sich wandelnden Versicherungsmarkt?  

Veränderungen erleben wir mit der Branchenvereinbarung «Vermittler», die seit 1. Januar 2021 in Kraft ist. Sie untersagt die telefonische Kaltakquise und definiert Qualitätsstandards für Vermittlerinnen und Vermittler. Helsana hat diese Vereinbarung im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden stark unterstützt. Wir als Tochterunternehmen unterstützen Helsana ebenfalls dabei.

Mit einer zeitgemässen Vertragsabwicklung setzen wir auch die Teilrevision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) um. Und im Bereich Broker erleben wir derzeit starke Konsolidierungstendenzen, also dass kleinere Broker sich zu grossen Anbietern zusammenschliessen. Das beobachten wir genau.

Und wie reagieren Sie auf diese Entwicklungen?

Mit Blick auf unsere Kunden ist es essenziell, bestmögliche Servicedienstleistungen zu bieten. Wir optimieren unsere Prozesse online und offline und bieten Schulungen an. 

Unsere neue Strategie im Commodity-Bereich sieht zudem vor, bestimmte Prozessschritte zu automatisieren, um die Aufwände zu optimieren. Mehr Digitalisierung heisst für uns auch, Vermittler gezielt aus- und weiterzubilden. Digitalisierung generell setzt eine gezielte Ausbildung voraus. Wir sehen die Digitalisierung auch als Ergänzung im Beratungsansatz.

Vor kurzem hat Procare eine Mission 2024 verabschiedet. Was sind dabei wichtige Schwerpunkte?

Im Vordergrund steht klar ein langfristiges und gesundes Wachstum der Procare AG auf der Ertragsseite, gepaart mit dem Ziel, interne Prozesse und Aufwände zu optimieren. Einfach gesagt: Uns muss es gelingen, den bestmöglichen Service zu bieten und dabei effizient und gewinnbringend zu «produzieren». 

Und wie sieht es längerfristig aus?

Mit der Mission 2024 erreichen wir lediglich ein Zwischenziel und steigern unsere strategische Relevanz als 100-prozentige Tochter von Helsana. Im Endeffekt werden wir langfristig in die Automatisierung und Digitalisierung in der Auftragsabwicklung investieren und wollen uns zu einem Servicedienstleister für unsere internen und externen Partner entwickeln. Diese sollen in Zukunft von uns einen Top-Service und vor allem echten, spürbaren Nutzen erleben. 

Procare hat im Mai 2022 eine eigene Academy lanciert. Was bringt die Selbstorganisation der Weiterbildung?

Wir sind davon überzeugt, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf Wissen, Befähigung und Know-how basiert. Mit der Academy stellen wir sicher, dass die Qualität in der Zusammenarbeit mit externen Maklern und Helsana-Beratern stimmt. Darüber hinaus wollen wir so auch einen echten Mehrwert bieten und den direkten Zugang zu Versicherungsfachwissen ermöglichen. 

Wen bilden Sie in der Procare-Academy aus? 

Geschult werden insbesondere unsere externen Makler sowie die Berater von Helsana selbst. Zudem nutzen wir die Academy auch Procare-intern, um unsere eigenen Mitarbeitenden regelmässig weiterzuentwickeln. 

Wir haben für die Umsetzung der Academy neue Stellen geschaffen und so eine klare Verantwortung innerhalb von Procare übernommen. Diese Fachkräfte sind es auch, welche einerseits selbst Schulungen anbieten oder im Zuge des Netzwerks mit den Versicherungen spezifische Schulungen ermöglichen.

Arbeiten Sie mit Cicero, Certified Insurance Competence? Welche qualifizierenden Abschlüsse können absolviert werden?

Ja, wir arbeiten mit Cicero zusammen. Aktuell bieten wir eine Schulung zu unserem Betriebssystem an und organisieren Kurse im Bereich Verkauf sowie Produktschulungen. 

Wie ist die Resonanz zur Procare-Academy?

Die Academy ist noch sehr jung; das Interesse ist bei unseren Partnern jedoch geweckt. Auch Abteilungen aus unserem Mutterhaus zeigen Interesse an unseren Schulungen. Ob wir in Zukunft auch Berater, welche nicht der Procare angeschlossen sind, ausbilden werden, wird sich zeigen. In erster Linie möchten wir zuerst unsere Academy als zusätzliche und kostenlose Dienstleistung unseren Partner anbieten und so einen Mehrwert generieren. 

Sehr wichtig ist uns auch die Weiterentwicklung unserer eigenen Mitarbeitenden. Um auf dem Markt Dienstleistung und Service orientiert zu agieren, braucht es kompetente Fachkräfte. Darum ist es wichtig, ins eigene Team zu investieren. 

Wo sehen Sie besonderen Bedarf bei der Aus- und Weiterbildung von Versicherungsvermittlern? 

Ein Bedarf besteht sicherlich bei der Bedarfsanalyse der Kunden. Mit den 360-Grad-Beratungsmöglichkeiten öffnen sich viele Türen für den Berater, diesen Schritt zu gehen. Dies erfordert manchmal ein wenig Mut und man muss lernen, die richtigen Fragen zu stellen. 
Kunden haben einige Vorteile von einer 360-Grad-Beratung: Es ist nur noch ein Termin mit einem Berater erforderlich; der Kunde gewinnt Zeit und erhält kompetenten Service aus einer Hand.

Der grösste Vorteil jedoch ist sicherlich die regelmässige Überprüfung des Versicherungsbudgets des Kunden. Der Berater hat so die Möglichkeit, entsprechend den wechselnden Lebenssituationen des Kunden neue Versicherungsleistungen anzubieten oder bestehende Verträge anzupassen. Dies ist eine Befähigung, welche wir mit der Academy an die Berater vermitteln.

Wie passt mehr Ausbildung mit dem Fokus auf Digitalisierung zusammen?

Ich denke, Online-Angebote und persönliche Beratung gehen künftig Hand in Hand. Hybrid ist das Stichwort der Zukunft. Kunden informieren sich beispielsweise online vor Vertragsabschluss und suchen dann trotzdem das Gespräch mit dem Versicherungsberater, welcher in der Komplexität der Angebote Orientierung schaffen kann. Und Berater erhalten durch die Automatisierung im Prozess Unterstützung, sodass im Idealfall mehr Zeit für qualifizierte Beratung bleibt.

Procare Vorsorge AG

Die Procare Vorsorge AG ist eine Tochtergesellschaft der Helsana-Gruppe und in ihrer Funktion als Broker-/Makler-Serviceanbieter schweizweit tätig. Die bedarfsgerechte Rundum-Beratung hat zum Ziel, die optimalen Lösungen für die individuellen Bedürfnisse der Versicherungsnehmer zu finden. Als Dienstleistungsunternehmen erstellt die Procare Vorsorge AG Offerten, verarbeitet diese und unterstützt Versicherungsberater fachlich sowie mit kontinuierlichen Aus- und Weiterbildungen.