Das teilte das Gremium, in dem Versicherungen und Sozialpartner vertreten sind, am 25. August 2020 mit. Der Mindestzinssatz bestimmt, wie hoch das Vorsorgeguthaben der Versicherten in der obligatorischen beruflichen Vorsorge mindestens verzinst werden muss. Je tiefer der Satz, desto weniger wachsen die Guthaben der Versicherten.
Entscheidend für die Festlegung des Mindestzinssatzes ist die Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Daraus habe sich per Ende Juli 2020 ein tieferer Wert ergeben, schreibt die Kommission in ihrer Mitteilung. Es würden aber auch weitere Rahmenbedingungen berücksichtigt.
Vertrauen stärken
Diese umfassen die Tragbarkeit des Satzes für die Vorsorgeeinrichtungen in Bezug auf die Erträge, die sie selbst auf dem Finanzmarkt erzielen können. Auch solle der Satz das Vertrauen in die 2. Säule stärken, schreibt die Kommission. Nach Möglichkeit solle der Mindestzins auch langfristig im Einklang mit der Lohn- und Preisentwicklung sein.
Berücksichtigt wird zudem, dass nicht die ganze Rendite einer Vorsorgeeinrichtung für die Mindestverzinsung verwendet werden kann. Die Vorsorgeeinrichtungen haben die gesetzliche Pflicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, notwendige Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen. Die Kommission berücksichtigte auch die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Vorsorgeeinrichtungen.
Wiederkehrender Streit
Letztes Jahr hatte die Kommission einen Satz von 1 Prozent empfohlen, obwohl die Formel einen tieferen Wert ergeben hatte. Der Bundesrat folgte ihr damals. Die Gewerkschaften waren zufrieden, der Arbeitgeberverband und die Versicherungswirtschaft zeigten sich empört.
Die Kontroverse setzt sich nun fort, allerdings ist in dieser Runde niemand zufrieden. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund spricht in einer Mitteilung von einem drohenden "Sturzflug" der Pensionskassen-Renten. Der Bundesrat müsse das korrigieren und bei einem Mindestzinssatz von 1 Prozent bleiben. Der Versicherungsverband SVV hingegen verlangt eine Mindestverzinsung von 0,25 Prozent.
Der Streit dürfte jene Stimmen bestärken, die eine "Entpolitisierung" von Mindestumwandlungssatz und Mindestzinssatz fordern. Diese sollen nach einer festen Formel berechnet werden. Entsprechende Vorstösse liegen im Parlament derzeit auf Eis, weil der laufenden Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht vorgegriffen werden soll.
Der Mindestzinssatz ist in den vergangenen Jahren mehrmals angepasst worden. Von 1985 bis 2002 betrug der Satz 4 Prozent. Per 2012 wurde er auf 1,5 Prozent gesenkt. 2014 erhöhte der Bundesrat den Mindestzinssatz wieder auf 1,75 Prozent, 2015 senkte er ihn auf 1,25 Prozent. Seit 2017 beträgt der Satz 1 Prozent. Über die Höhe des Mindestzinssatzes für das nächste Jahr entscheidet der Bundesrat jeweils im Herbst.
(awp/hzi/kbo)