Herr Bresch, klimabedingte Risiken nehmen weltweit zu, und Versicherer stehen vor der Herausforderung, extreme Wetterereignisse und langfristige Umweltveränderungen in ihre Risikomodelle zu integrieren. Welche innovativen Ansätze aus der Forschung könnten dazu beitragen, Versicherungen besser auf diese Veränderungen vorzubereiten?

Ein zentraler Ansatz ist die transparente Quantifizierung und Offenlegung klimabezogener Risiken. Dabei ist es entscheidend, sowohl physische als auch transitorische Risiken systematisch zu erfassen und in die strategische Planung von Unternehmen zu integrieren.

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David N. Bresch ist Professor für Wetter und Klimarisiken an der ETH Zürich.

Eine methodische Weiterentwicklung dieser Risikoanalyse ist dabei essenziell, um fundierte Anpassungsstrategien zu entwickeln.

Die ETH Zürich ist bekannt für ihre starke Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Wie können Forschungsinstitute und Versicherungsunternehmen am effektivsten zusammenarbeiten, um neue Technologien und Lösungen für den Versicherungssektor zu entwickeln?

Eine enge transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und Unternehmen ist hierbei der Schlüssel. Ein Beispiel dafür ist das Projekt scClim, das Methoden zur verbesserten Vorhersage und Bewertung von Hagelrisiken entwickelt. Damit solche Partnerschaften erfolgreich sind, bedarf es einer angemessenen Finanzierung durch die Industrie sowie einer aktiven Mitgestaltung durch die Unternehmen, insbesondere bei der Entwicklung relevanter Forschungsfragen und der fortlaufenden Begleitung der Projekte.

David N. Bresch, Professor für Wetter and Klimarisiken an der ETH Zürich.

David N. Bresch, Professor für Wetter und Klimarisiken an der ETH Zürich.

Quelle: ZVG

Versicherer, wie etwa die Zurich Insurance Group, investieren zunehmend in Startups und innovative Technologien. Wie beurteilen Sie die Rolle von Venture Capital im Versicherungssektor, insbesondere in Bezug auf nachhaltige und klimabezogene Innovationen?

Der Risikokapitalmarkt im Bereich nachhaltiger und klimabezogener Innovationen ist aktuell unterentwickelt. Es wäre notwendig, Investitionen in einem deutlich grösseren Umfang mit mehr Innovationsgeist und Risikobereitschaft zu tätigen. Insbesondere Fintech-Startups, die nachhaltige Versicherungsprodukte und -lösungen entwickeln, haben es derzeit schwer, adäquate - sprich längerfristige - Finanzierung zu erhalten. Eine verstärkte Förderung ist hier entscheidend.

Viele Schäden durch Klimawandel und Naturkatastrophen sind unzureichend versichert. Welche wissenschaftlichen oder politischen Ansätze könnten helfen, diese Protection Gap zu schliessen, und welche Rolle können Versicherungen dabei spielen?

Eine bewährte Lösung zur Reduzierung der Versicherungslücke ist die gesetzliche Verankerung von Pflichtversicherungen. Dies kann die Prämien erheblich senken und die Versicherungsdichte erhöhen. Erfolgreiche Modelle wie die kantonalen Gebäudeversicherungen oder der Elementarschadenpool zeigen, dass eine Kombination aus regulatorischen Massnahmen und solidarischen Versicherungsmodellen effektiv ist.

Die Schweiz gilt als Innovationsstandort, insbesondere im Bereich Finanz- und Versicherungswesen. Welche Faktoren sind entscheidend, damit die Schweiz im globalen Wettbewerb um klimabezogene Versicherungsinnovationen führend bleibt?

Ein verlängerter Zeithorizont für die Risikoabschätzung ist essenziell. Versicherungsprodukte und -lösungen sollten mindestens auf eine Perspektive von mehreren Jahren ausgerichtet sein. Zudem ist es von zentraler Bedeutung, dass alle neuen Versicherungsmodelle das Ziel der Netto-null-Treibhausgasemissionen bis 2040 konsequent berücksichtigen. Dies erfordert sowohl regulatorische Anreize als auch ein langfristiges Engagement von Versicherungsunternehmen und Investoren.

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