Nur drei Versicherer, die italienische Generali, die französische AXA und der australische Versicherer Suncorp versichern keine neuen Öl- und Gasprojekte. Dabei warnen sowohl die Internationale Energieagentur als auch das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), dass neue fossile Projekte nicht mit der 1,5°C Grenze vereinbar sind.
Schweizer Versicherer rutschen ab
Die diesjährige Scorecard zeigt, dass Swiss Re und Zurich ihre Führungsrolle beim Klimaschutz an ehrgeizigere Versicherer verlieren und beim Underwriting auf Platz 4 (3,6/10) bzw. 5 (3,2/10) und beim Divestment auf Platz 4 (3,5/10) bzw. 6 (3,3/10) abgerutscht sind. Obwohl beide Mitglieder der Net-Zero Insurance Aliance (NZIA) sind, haben sie nur begrenzte Beschränkungen für die Versicherung von Öl- und Gasprojekten eingeführt. Die Zürich bleibt laut Orbis Research der drittgrösste Versicherer des Öl- und Gassektors mit 10,8% Marktanteil. Die SwissRe hat Pläne angekündigt, Kohle ab 2023 aus ihrem vertraglichen Rückversicherungsgeschäft auszuschliessen. Damit schliessen sie ein wichtiges Schlupfloch, das Kohleversicherern ermöglicht hat, ihr Risiko zu begrenzen.
Statement von Thomas Baer, Senior Media Relations Manager, Group Communications & Public Affairs, Zurich Insurance Group:
«Zurich ist ein kleiner Akteur in der Öl- und Gasversicherung. Wir haben unseren Marktanteil seit 2014 um mehr als 60% reduziert und er liegt jetzt im niedrigen einstelligen Bereich. Dieser Abwärtstrend wird sich fortsetzen, da wir mit unserer Netto-Null-Verpflichtung vorankommen und unser Engagement im Bereich erneuerbare Energien ausbauen.»
Der Rückzug der Branche aus der Kohleversicherung zeigt, dass schnelles Agieren möglich ist und reale Auswirkungen hat. Seit 2017 haben 33 Versicherer ihre Deckung für Kohle zurückgezogen, vor einem Jahr waren es erst 23. Die Ausschlüsse decken mehr als 50% des globalen Rückversicherungsmarktes. Kohleunternehmen sehen sich nun mit steigenden Prämien, reduziertem Versicherungsschutz und längerer Suche nach Versicherungen konfrontiert. Letzter Rettungsanker für eine zunehmend unversicherbare Branche sind die Versicherer in den USA und auf den Bermudas.
Dabei gerät die Versicherungsbranche zunehmend unter Druck über Kohle hinaus tätig zu werden. So verlangte UN Generalsekretär Antonio Guterres im September beim Versicherungs-Entwicklungs-
Während die Kohleausschlüsse zunehmen und die globale Kohleindustrie unter Druck setzen, untergraben Versicherungen ihre Klimaambitionen durch fehlende Massnahmen bei Öl und Gas.
Anhaltende Unterstützung für Öl und Gas
Während 14 Versicherer aus der Teersandförderung aussteigen, haben nur drei Versicherer, die italienische Generali, die französische AXA und die australische Suncorp, umfassende Schritte im Öl- und Gasbereich unternommen. Dabei besteht ein wissenschaftlicher Konsens darüber, dass der Ausbau aller fossilen Brennstoffe beendet werden muss. Die vier Gründungsmitglieder der Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) - Zurich, AXA, Allianz, Münchener Rück - bieten mehr als 20 % aller Öl- und Gasversicherungen an, obwohl sie sich verpflichtet haben, ihr Versicherungsportfolio auf einen 1,5°C-Pfad auszurichten.
Nur zehn Versicherer kontrollieren etwa 70% des globalen Öl- und Gasversicherungsmarktes. Zurich, AIG, Travelers, Allianz, Chubb und Liberty Mutual könnten zusammen mehr als die Hälfte des Versicherungsgeschäfts für Öl und Gas beenden. Die 18,5 Milliarden USD, die die Versicherer jährlich an Prämien aus dem Öl- und Gasgeschäft erhalten, sind gering im Vergleich zu ihren Gesamteinnahmen. Zudem gibt es finanzielle Anreize zum Handeln: Die französische Bank Société Générale hat berichtet, dass Versicherer mit einer starken Kohle- und ESG-Politik ihren Wert in Milliardenhöhe steigern können.
Globale Fortschritte bei der Kohle
Die europäischen Versicherer sind weiterhin Vorreiter in Sachen Kohle. Lloyd's of London, der letzte grosse europäische Versicherer, der neue Kohleprojekte abgedeckt hat, hat im Dezember 2020 eine Klimapolicy verabschiedet. Sie erlaubt allerdings die weitere Deckung bestehender Kohle-, Teersand- und Arktisprojekte bis 2030.
Japanische und koreanische Versicherer beginnen, dem europäischen Beispiel zu folgen, und haben strengere Richtlinien als die meisten US-Versicherer. MS&AD und Tokio Marine sind die ersten japanischen Versicherer, die die Versicherung für die meisten neuen Kohleprojekte einstellen. Sechs koreanische Versicherer haben die Versicherung für Kohlekraftwerke eingestellt, nachdem Sompo im vergangenen Jahr bereits gehandelt hatte. Chinesische Versicherer sind nach wie vor Nachzügler, aber die Ankündigung der chinesischen Regierung, den Bau von Kohlekraftwerken in Übersee zu stoppen, wird voraussichtlich das Ende ihrer Unterstützung für neue Kohleprojekte ausserhalb Chinas bedeuten.
Diese weltweiten Kohleausschlüsse haben erhebliche Auswirkungen auf Kohleunternehmen weltweit:
- In Europa hat Frankreichs grösster Versicherer AXA RWE wegen seiner Kohleaktivitäten als Kunden fallen gelassen und versichert auch RWE’s erneuerbaren Energien nicht mehr.
- In Australien haben 40 Versicherer die Versicherung der umstrittenen Carmichael-Kohlemine der Adani-Gruppe ausgeschlossen. Einer der Zulieferer des Projekts war nicht in der Lage, überhaupt eine Versicherung zu erhalten.
- In den USA ist der Zugang zu Versicherungen und Finanzen zum Hauptproblem für Kohlekraftwerke in North Dakota geworden. Die Prämien sind um bis zu 100 % gestiegen, da immer weniger Versicherer bereit sind, die Branche zu versichern.
Die Sammelrückversicherung - ein globaler Markt mit einem Volumen von über 500 Milliarden Dollar - ist nach wie vor ein grosses Schlupfloch für den Ausstieg der Rückversicherer aus der Kohle. Während viele Rückversicherer Richtlinien zur Beendigung der direkten Kohledeckung verabschiedet haben, haben nur Swiss Re und SCOR detaillierte Pläne veröffentlicht, Kohle aus ihrem Sammelrückversicherungsgeschäf
US-Versicherer hinken hinterher
Versicherer, die die Kohle unterstützen, sind zunehmend isoliert. AIG, Travelers, Berkshire Hathaway und W.R. Berkeley in den USA sowie Convex und Everest Re auf den Bermudas haben keinerlei Beschränkungen für Kohle. AIG bezeichnet sich selbst als «Umweltschützer», bleibt aber der grösste Kohleversicherer ausserhalb Chinas. AIG ist damit eines der wenigen Unternehmen, die noch immer bereit und in der Lage sind, Projekte im Wert von mehreren Milliarden Dollar zu versichern, obwohl Kohle weniger als 0,3 % seiner Prämien für 2020 ausmacht.
US-Unternehmen wie Liberty Mutual haben es ebenfalls versäumt, die verbleibenden Schlupflöcher in ihren Policen zu schliessen, und keiner dieser Versicherer hat die Deckung der Adani-Kohlemine in Australien oder der Trans Mountain-Teersandpipeline in Kanada ausgeschlossen. (pm/hzi/sec)
1 Kommentar
Spannend diese Klimahysterie. Nun kommt im Wochentakt irgend eine Umweltgesellschaft mit irgendwelchen Scores zu Firmen. Dabei ist klar, dass die Gesellschaft nicht in 6 Monaten und nicht in 24 Monaten komplett umgekrempelt werden kann.
Es ist schlicht nicht mehr lesenswert, diese Scores.