Die Entschädigung im Aussendienst der Versicherungsgesellschaften ist immer ein «heisses Eisen» und sorgt für viele Diskussionen - denn das Einkommen ist in aller Regel an Verkaufsprovisionen gekoppelt, was wiederum den Verkaufsdruck stark erhöht. Die Boni machen bei Mitarbeitenden im Aussendienst etwa zwei Drittel der Gesamtentschädigung aus. Mit anderen Worten: Wer viel verkauft, verdient auch gut.
Herausforderung angemessene Vergütung
Das Gefälle kann dabei aber gross sein, vor allem im Vergleich zu Mitarbeitenden, die als sogenannte «Start-ups» gerade erst ihre Karriere in der Assekuranz gestartet haben. Aber auch für Generalagenten und Verkaufsleiter stellt sich die Frage, ob ihre Führungsleistung - die angesichts vielfältiger Herausforderungen im Zusammenspiel mit dem Hauptsitz - angemessen berücksichtigt und vergütet wird. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Verkaufsziele stetig weiter nach oben geschraubt werden, obwohl die Konkurrenz nicht zuletzt über andere Vertriebskanäle immer grösser wird.
Viele offene Fragen
Es gibt also viele offene Fragen. Der Regionalverband Zürich der Versicherungs-Generalagenten (ZGAV) stellte in der vergangenen Woche im Rahmen einer Podiumsdiskussion diese Entschädigungsmodelle auf den Prüfstand. Wohin geht die Reise? Das Interesse war gross, rund 130 Aussendienstprofis waren der Einladung des ZGAV gefolgt. Mit dem Welthit «Eye of the Tiger» der amerikanischen Band Survivor - dem Titelsong des Kinoklassikers Rocky III - wurden sie auf eine spannende Diskussion eingestimmt.
Die Boxhandschuhe konnten die Podiumsteilnehmer Thomas Steiger (Leiter Vertrieb Zurich Insurance), Erich Marte (Generalagent Frauenfeld, Allianz Suisse), Daniel Gatti (Leiter Aussendienst, Swiss Life), Herbert Goll (Leiter Vertrieb Vorsorge & Vermögen, Axa) und Ralph Jeitziner (Leiter Vertrieb, Helvetia) unter der Moderation von Hans-Peter Nehmer (Kommunikationschef Allianz Suisse) aber im Spind lassen, denn die Entschädigungsmodelle der einzelnen Versicherer unterscheiden sich nicht wesentlich.
Motivation ist entscheidend
Der neue Präsident des ZGAV, Okan Pelenk, betonte in seiner Begrüssung die gemeinsamen Hürden der Branche wie Cross-Selling, Kundenloyalisierung, Lebenabschlüsse oder Compliance-Vorgaben. Diese seien auch mit ausgeklügelten Vergütungssystemen nur schwer zu beheben. Die Motivation der Aussendienst-Mitarbeitenden sei der entscheidende Erfolgsfaktor - und die müsse gefördert werden.
Das bestätigte Thomas Steiger in der anschliessenden Podiumsdiskussion. Besonders wichtig sei es, auf den Agenturen auch in schwierigen Zeiten einen positiven Drive reinzubringen, wozu nicht nur die Kultur in den Agenturen, sondern auch ein passendes Entschädigungsmodell mit entsprechender Zielerreichung beitragen. Zudem gelte es, für die Aussendienst-Mitarbeitenden ein Sicherheitsnetz mit Garantiemodellen zu spannen, falls das Leben mal einen Streich spielt.
Generalagenten spielen wichtige Rolle
Für Herbert Goll und Erich Marte ist dabei der Generalagent als Führungsperson ein entscheidender Hygienefaktor, vor allem, wenn es darum gehe, komplexe Themen und Vorgaben des Hauptsitzes abzufedern. Der Vertrieb sei ein emotionales Geschäft, der Hauptsitz gehe eher rational an die Herausforderungen heran. Deshalb müssten die Mitarbeitenden durch persönliche Kommunikation in den Verkaufsregionen mit ins Boot geholt werden, ergänzte Daniel Gatti. Entscheidend für den künftigen Erfolg eines Entscheidungsmodells sei es, dass gute Führungsarbeit und Leadership gefördert und incentiviert werden.
Gerade motivierte Verkäuferinnen und Verkäufer würden auch in Zukunft mit dem Provisionssystem entsprechend vergütet, darin waren sich alle Podiumsteilnehmer einig - sofern sie die Verkaufsziele erreichen. Deshalb bleibe die Leistungsorientierung zentral und ein gesunder Wettbewerb innerhalb der Agenturen sei zu begrüssen, meinte Ralph Jeitziner. Mit überdurchschnittlichem Einsatz könne man weiterhin gut verdienen.
Hohe Fluktuation
Das ein oder andere blaue Auge holen sich die Versicherer allerdings, wenn es darum geht, neue Aussendienst-Mitarbeitende - sehr oft Quereinsteiger - nicht nur an Bord zu holen, sondern anschliessend auch zu halten. Die Fluktuation in der Branche ist hoch. Viele Start-ups hängen den Job nach einer intensiven Einarbeitungsphase, die in der Regel ein Jahr dauert, wieder an den Nagel oder wechseln zur Konkurrenz. Das kostet die Versicherer Zeit und Geld.
Hier hätten alle Versicherer noch Verbesserungspotential, war sich die Runde einig. Auch wenn die Generalagenten und Verkaufsleiter sich viel Mühe bei der Einarbeitung geben und die Start ups eng begleiten - das Thema bleibt virulent. Das Bild des Porsche fahrenden Versicherungsverkäufers hält sich hartnäckig, aber ohne Fleiss gibt es bekanntlich keinen Preis. Hier müsse man von Anfang an offen sein, was die Verdienstmöglichkeiten, aber auch den erwarteten Einsatz anbelangt, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden.
Fazit: Die Herausforderungen für den Aussendienst bleiben gross, die Vertriebswelt ändert sich in einer rasanten Geschwindigkeit - vor allem im Hinblick auf die regulatorischen Anforderungen bezüglich Transparenz. Deshalb müssen die Entschädigungsmodelle in Zukunft Schritt halten und entsprechend flexibel angepasst werden. Dann heisst es: Auf in die nächste Runde.