Auch wenn im Gesundheitswesen genau wie anderswo die Kristallkugel fehlt, um die Zukunft glasklar vorauszusagen, steht eines fest: Den Patientinnen und Patienten der Zukunft werden völlig neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Aus diesem Grund lautete eine Frage, die die Beraterinnen und Berater von Roland Berger den 2'500 Teilnehmenden aus 19 Ländern im Zusammenhang mit der vierten Studie «Future of Health – der Patient der Zukunft» gestellt haben: Wie offen sind Patientinnen und Patienten für Veränderungen? Ein grosser Teil der Befragten gab sich dabei sehr offen gegenüber einem verstärkten Einsatz von neuen Technologien.
Gute Behandlung wichtiger als Datenschutz
Nicht ganz überraschend zeigen die Ergebnisse, dass jüngere Befragte gegenüber neuen Technologien offener sind als ältere. Geht es aber darum, die persönlichen Gesundheitsdaten digitalen Systemen anzuvertrauen, haben zwei Drittel der Teilnehmenden keine Probleme damit, vorausgesetzt, sie haben einen konkreten Nutzen davon. Überraschenderweise ist der Zugang zu bestmöglichen Behandlungen für eine ähnlich grosse Anzahl der Befragten denn auch wichtiger als der Datenschutz.
Skeptisch sind die Studienteilnehmenden jedoch gegenüber einem Ersatz von Präsenz- durch Online-Sprechstunden; zwei Drittel zeigen sich zwar offen gegenüber der digitalen Form, doch im Ernstfall würden sie sich für die Präsenz-Sprechstunde entscheiden. Daraus folgt: Die einzelnen Akteure und Akteurinnen haben noch einiges zu tun, um Patientinnen und Patienten hinsichtlich Bequemlichkeit, Hygiene, Qualität und Kostenersparnissen von telemedizinischen Leistungen zu überzeugen.
Traditionelle Anbieter und Versicherer geniessen grosses Vertrauen
Gesundheitskonsumentinnen und -konsumenten der Zukunft sind zwar technologisch aufgeschlossen, vertrauen aber nach wie vor den traditionellen Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen wie Ärztinnen, Krankenhäusern oder Apothekern. Ihnen würden sie denn auch am ehesten persönliche Daten übergeben. Während Krankenversicherer ebenfalls eine hohe Kredibilität geniessen, bilden Pharmaunternehmen und Hersteller von medizinischen Geräten in Sachen Vertrauen wenig überraschend das Schlusslicht.
Wenig Vertrauen geniessen gemäss der Befragung auch grosse Technologieunternehmen. Obwohl diese in jüngster Vergangenheit massiv in Gesundheitsdienste investiert und Milliarden für Innovationen wie Wearables, Telemedizin, gesundheitsbezogene KI etc. investiert haben, gab sich ein grosser Teil der Befragten skeptisch gegenüber der Einbeziehung privater Unternehmen in ihre Gesundheitsversorgung. 40 Prozent zeigten sich offen dafür, 35 Prozent gaben an, grundsätzlich nicht abgeneigt zu sein.
Die To-dos für Krankenversicherer
Aufgrund der Resultate kommen die Gesundheitsexpertinnen von Roland Berger zum Schluss, dass die Digitalisierung den Versicherern ein grosses Marketingpotenzial bietet – dies aber nur, wenn es um jüngere, gesündere und besser ausgebildete Zielgruppen geht. Für ältere, weniger gesunde und weniger gebildete Patientinnen und Patienten bedarf es einer anderen Botschaft. Diese Gruppe dazu zu bringen, medizinischen und technologischen Innovationen zu vertrauen, dürfte viel Zeit, Mühe und Geld erfordern.
In jedem Fall müssen die Versicherer die Ansprechgruppen von den Vorteilen der digitalen Angebote überzeugen. Zudem sollten sie massgeschneiderte Angebote entwickeln, mit denen sich Patientinnen und Patienten je nach Bedürfnissen auch ihren eigenen Weg durch das Gesundheitswesen bahnen können. Denn die Verfügbarkeit neuer Technologien eröffnet ihnen künftig nicht nur neue Behandlungs-, sondern auch völlig neue Mitwirkungsmöglichkeiten.