Simpego ist vor sechs Jahren gestartet. Kommt jetzt das berühmte verflixte 7. Jahr - oder ist die 7 eine Glückszahl?
Die 7 ist zumindest nicht meine Glückszahl, das ist die 2. Die Geburtstage meiner Frau und meiner Kinder enthalten insgesamt 8-mal die 2 und meine Lieblingszahl ist die 12. Als zahlenaffiner Mensch gibt es da ein gewisses Mass an Konsistenz für mich. Für Simpego war das 4. Jahr (2021) ein verflixtes Jahr, als es zu einem der grössten Hagelsommer seit Messbeginn gekommen ist. Grundsätzlich haben wir unsere Profitabilität seit 2021 jedes Jahr steigern können und erwarten kein verflixtes 7. Jahr. Eine schwarze Glückszahl wird hoffentlich die 9 oder 10…
Patrick Eugster ist seit 2021 CEO des Digitalversicherers Simpego mit Sitz in Zürich-Altstetten.
Wie schwierig war oder ist es, ein Rebranding wie von Dextra zu Simpego zu vollziehen und eine neue Marke zu etablieren?
Es gibt einfache und komplexere Themen bei einem Rebranding. Unsere Kunden haben den Wechsel aber sehr gut mitgemacht. Schwierig war zu Beginn sicherlich, dass wir den Brand übernommen haben und dieser zuvor schon in Gebrauch war. Ein komplett neuer Brand hat da gewisse Vorteile. Ein paar kleinere Herausforderungen hatten wir auch mit dem Namenswechsel der Gesellschaft bei verschiedenen Ämtern.
Würden Sie Simpego noch immer als Start up bezeichnen - oder eher als bereits etabliertes Unternehmen?
Ich würde uns am liebsten als Scale-Up mit Start-Up-Groove bezeichnen, aber definitiv noch nicht als etabliertes Unternehmen. Mit knapp 60'000 Kunden und 73 Mitarbeitenden gehören wir zu den grösseren der Kleinen.
Wäre die Gründung von Simpego heute genauso einfach, wie vor sechs Jahren? Das Venture Capital fliesst ja nicht mehr so üppig in der Schweiz…
Einfach war das auch im Jahr 2016 nicht. Aus meiner Perspektive wäre es sowohl regulatorisch wie auch kapitalseitig schwieriger. Regulatorisch, weil Versicherungsgesellschaften heute auch deutlich mehr regulatorische Anforderungen erfüllen müssen, was die Fixkosten erhöht. Eine nachhaltige Grösse benötigt somit mehr Kapital, wovon eh schon weniger vorhanden ist. Vermutlich wäre es heute daher noch komplexer.
Sie haben angekündigt, in diesem Jahr weniger wachsen zu wollen. Macht macht das nach den vorherigen Ausführungen Sinn?
Ein älteres Portfolio erwirtschaftet in der Versicherung meist einen besseren Deckungsbeitrag als ein junges Portfolio. Ein Portfolio wird aber nicht älter, wenn sie jedes Jahr 40 Prozent wachsen. Darum wollen wir unseren Wachstumspfad nachhaltiger ausgestalten.
Ich würde Simpego als Scale-Up mit Start-Up-Groove bezeichnen.
Patrick Eugster
Wie sehen Ihre Pläne für die nächsten 3-5 Jahre aus? Wann wollen Sie die Gewinnzone erreichen?
Konsolidieren, differenzieren und sobald wie möglich in die Gewinnzone kommen, bevor wir 10 Jahre im Markt sind. Das ist unsere kurz bis mittelfristige Ambition.
Simpego hat einen schwergewichtigen Anteil an Autoversicherungen, die einen Grossteil der gebuchten Prämien ausmachen. Ist das nicht ein Klumpenrisiko?
Definitiv und deshalb arbeiten wir intensiv daran, uns besser zu diversifizieren. Neben der klassischen Hausratversicherung bietet Simpego gemeinsam mit seinem Partner Calingo seit 2022 ebenso Tierversicherungen an und selbstverständlich arbeiten wir auch an weiteren, innovativen Produkten.
Wir beobachten seit einiger Zeit steigende Preise im Autoversicherungsmarkt.
Patrick Eugster
Die Schadeninflation hat vor allem im Bereich der Autoversicherungen zugeschlagen. Wie spürt Simpego das und welche Auswirkungen hat die Entwicklung auf die Prämien?
Europäische Inflation bei Ersatzteilpreisen, komplexere Technik in den Fahrzeugen, steigende Reparaturkostensätze und heftigere Unwetterschäden führen allesamt grundsätzlich immer zu höheren Prämien. Wir beobachten seit einiger Zeit steigende Preise im Autoversicherungsmarkt. Mit höchst automatisierten und dennoch individuellen Prozessen schaffen wir es immer besser, unser Portfolio entsprechend zu steuern und den erwähnten Treibern entgegenzuwirken.
Treffen Sie als noch relativ junges Versicherungsunternehmen schwere Unwetterereignisse härter als die Mitbewerber, weil diese über etablierte Schadenprozesse verfügen?
Unwetterereignisse sind jeweils herausfordernde Zeiten für ein kleines Team, welches schnell und relativ gesehen deutlich skalieren muss. Prozessual und mit Partnern sind wir aber gut aufgestellt und unser Schadenteam leistet hervorragende Arbeit. Beinahe herausfordernder als die Prozesse sind allerdings für ein noch junges Versicherungsunternehmen die Kapitalanforderungen, wenn die versicherungstechnischen Reserven auf dem bestehenden Portfolio aufgrund solcher Grossereignisse deutlich in die Höhe schnellen.
Die Versicherungswirtschaft befindet sich mitten in der Transformation. Haben Sie da Vorteile als reiner Digitalversicherer?
Es wäre ja schade, wenn nicht! Wir besitzen eine noch sehr junge und stark fokussierte IT-Systemlandschaft, daher können wir schneller reagieren und uns besser bei Partnern integrieren als andere. Auch sind die Entscheidungswege wesentlich kürzer als in grossen Organisationen.
Dieses Interview erschien erstmals am 23. August 2024 auf HZ Insurance.
Ich durfte über die vergangenen Jahre sowohl persönlich wie auch beruflich viel dazulernen.
Patrick Eugster
Am Horizon Day von HZ Insurance, der am 5. September stattfindet, beleuchten Sie in einem Impulsreferat Ihre Praxiserfahrungen und Do’s and Dont’s für Fintechs. Wollen Sie schon ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, was uns erwartet?
Ich durfte über die vergangenen Jahre sowohl persönlich wie auch beruflich viel dazulernen. In meinem Impulsreferat werde ich über die Herausforderungen eines jungen Risikoträgers in der Schweiz sprechen und versuche dabei, zwei der drei aufgeworfenen Fragen zu adressieren.
Was erwarten Sie persönlich vom Horizon Day, wie wichtig sind solche Netzwerkveranstaltungen für Sie?
Ich bin überzeugt davon, dass man in jedem Gespräch etwas lernen kann. Daher freue ich mich persönlich sehr auf den Austausch mit Branchenkolleginnen und - kollegen am Horizon Day und erwarte einen inspirierenden Tag.