Die Verzinsung des Vorsorgekapitals bei Schweizer Pensionskassen zeigt 2024 eine enorme Bandbreite – von 1 Prozent bis hin zu äusserst attraktiven 9 Prozent. Diese Unterschiede sind auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, wie Deckungsgrad, Anlagestrategie und finanzielle Stabilität der Kassen. Der gesetzlich festgelegte Mindestzinssatz für das obligatorische Altersguthaben liegt bei 1,25 Prozent, aber Kassen mit einer starken Performance und soliden Reserven konnten deutlich höhere Zinsen ausschütten.

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Finanzielle Stabilität hat Vorrang

Ein zentraler Aspekt für die Verzinsung ist die finanzielle Stabilität. Der Deckungsgrad, der das Verhältnis von Vermögen zu Verpflichtungen misst, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Pensionskassen mit einem Deckungsgrad von 115 bis 120 Prozent und einer Performance von 7 bis 8 Prozent können diese Erträge meist direkt an die Versicherten weitergeben, da sie über ausreichende (Schwankungs-)Reserven verfügen.

Anders sieht es jedoch bei Kassen aus, die sich in Unterdeckung befinden oder nur knapp über der 100-Prozent-Marke liegen. Sie müssen erst ihre Reserven auffüllen und den Deckungsgrad stabilisieren, weshalb sie auch bei einer ansprechenden Jahresperformance nur einen Teil der erzielten Rendite ausschütten können. Die finanzielle Stabilität hat Vorrang vor der kurzfristigen Ausschüttungspolitik.

Über den Autoren

Werner E. Rutsch ist Head of Alternative Solutions bei AXA IM Alts, Schweiz.

Für die Performance der Pensionskassen ist die Anlagestrategie verantwortlich. 2024 war ein gutes Aktienjahr – und Kassen, die einen hohen Anteil ihrer Mittel in risikoreichere Anlagen wie Aktien, Immobilien oder alternative Investments alloziert hatten, konnten überdurchschnittliche Renditen erzielen. Paradoxerweise agieren ausgerechnet Pensionskassen mit ungenügendem Deckungsgrad jedoch oft besonders konservativ, um das Risiko zu reduzieren. Weniger Aktien und mehr defensive Anlagen wie Staatsanleihen führen aber häufig zu einer schwächeren Performance, was die unbefriedigende Situation dieser Kassen zusätzlich zementiert.

Anlagestrategie bestimmt die Performance

Auch die Zusammensetzung der Versicherten einer Pensionskasse beeinflusst die Verzinsung. Kassen mit einer älteren Versichertengemeinschaft müssen konservativer wirtschaften, da sie höhere Verpflichtungen für laufende Rentenzahlungen haben.

Ein weiterer relevanter Punkt ist der Umwandlungssatz, der die Höhe der jährlich ausbezahlten Altersrente bestimmt. Beim Umwandlungssatz für das überobligatorische Vorsorgekapital zeigten manche Pensionskassen in den vergangenen Jahren eine hohe Anpassungsbereitschaft nach unten, die eher an einen privaten Sparplan als an eine Sozialversicherung erinnerte. Die Umwandlungssätze wurden in der Tiefzinsphase in der Schweiz kontinuierlich gesenkt, um die langfristige Stabilität der Pensionskassen zu sichern. Doch ihre Bestimmung bleibt eine Herausforderung, da niemand die langfristige Zinsentwicklung verlässlich prognostizieren kann.

Eine Kluft tut sich auf

Die erheblichen Unterschiede in der Verzinsung des Vorsorgekapitals führen zu einer zunehmenden Kluft zwischen finanzstarken und finanziell schwächeren Kassen. Versicherte beobachten zunehmend, welche Zinssätze andere Kassen bieten, und stellen kritische Fragen. Solche Diskussionen erzeugen Druck auf die Geschäftsleitungen von Unternehmen, die Wahl ihrer Vorsorgelösung zu überdenken. Vor allem in Branchen mit vielen Kleinbetrieben könnte dies mittelfristig zu einem stärkeren Wettbewerb zwischen den Vorsorgeeinrichtung führen. Die Auswahl der richtigen Pensionskasse wird immer mehr zu einer strategischen Entscheidung.

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Langfristige Stabilität bedeutet, sich nicht von kurzfristigen Erfolgen blenden zu lassen. Eine allzu übermütige Ausschüttungspolitik birgt Risiken, denn es werden auch wieder schlechte Aktienjahre auftreten. Solide Reserven sind essenziell, um finanzielle Schwächen zu vermeiden – ähnlich, wie es beim Autofahren ratsam ist, den Benzintank nicht bis zum Äussersten leer zu fahren.

Dieser Beitrag ist Teil des am 20. März 2025 erschienenen HZ-Insurance-Print-Specials «Vorsorge».