Peter Kappelers Tag beginnt dynamisch: «Unsere drei Kinder müssen alle auf die richtige Route kommen». Das verlangt nach Koordination schon in den frühen Morgenstunden. «Family Time», meint Kappeler. «Danach bin ich bereit für alles, was mich im Geschäft erwartet.»
Überhaupt ist Kappeler ein Familienmensch. «Die Zeit, die mir nach dem Geschäftlichen bleibt, verbringe ich am liebsten mit meiner Familie.» Aber auch ein Austausch mit Freunden, Sport und Natur gehören dazu. «Kultur liegt mir am Herzen. Es spricht die andere, musische Hirnhälfte an», sagt der 53jährige. Es müssen nicht unbedingt Opern sein. Vielmehr ist er bezüglich des Genres offen, ihm gefällt «halt das, was gut gemacht ist.»
Peter Kappeler hat an der ETH Zürich ein Ingenieurstudium absolviert. Dass er keine Brücken konstruiert, sondern einen Lebensversicherer führt, ist für ihn nicht ungewöhnlich. «Als angehender Ingenieur wird man auf Lösungsorientierung gedrillt.» Eine Fähigkeit, die in der Versicherungswirtschaft sehr wichtig ist. Dazu kommt die Dimension Nachhaltigkeit. Eine weitere Disziplin, die er im Studium erlernte. Diese Skills helfen ihm bei der Führung des Lebensversicherers Pax.
Kultur liegt mir am Herzen. Es spricht die andere, musische Hirnhälfte an.
Peter Kappeler
Schon seit über 11 Jahren lenkt Kappeler die Geschicke bei Pax. Zuvor leitete er das Geschäft Leben und Hypotheken bei Allianz Suisse, vorher bei der Axa. Seit der Ingenieur bei Pax am Ruder ist, wurden Kooperationen gefestigt und ausgebaut. «Sie sind wichtig, weil sie uns erlauben, weitere Kundensegmente zu erschliessen und unsere Angebote breiter anzubieten.»
Als Genossenschaft setzt die Pax stark auf solide Partnerschaften. «Wir stützen uns breit ab, um Abhängigkeiten zu minimieren». Kappeler weiss, dass seine Branche einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Volkswirtschaft leistet. Dass sich die Prämien in der privaten Vorsorge gut entwickeln, freut ihn daher besonders. «Wir konnten hier über dem Markt wachsen.» Stolz ist der aus der Region Zug stammende Kappeler auch auf das Resultat im Arbeitgeberranking. «Gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels ist es ein besonderes Zeugnis, ganz vorne dabei zu sein.» Kappeler spricht mit ruhiger Stimme. Seine Antworten sind überlegt. Wiederholen tut er sich nicht.
Wir haben ein neues Vorsorgemodell entwickelt.
Peter Kappeler, CEO Pax
Kombination aus Vollversicherung und teilautonomer Lösung
Auf Herausforderung angesprochen, hält Kappeler kurz inne. Verändertes Kundenverhalten, Digitalisierung und neue Lebensmodelle. «Damit befassen wir uns intensiv.» Auch die berufliche Vorsorge steht hier im Fokus. «Wir haben ein neues Vorsorgemodell entwickelt. Eine Kombination zwischen Vollversicherung und teilautonomer Lösung, die Sicherheit und Renditechancen miteinander verbindet.» Ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, sei aber herausfordernd. «Ohne eigenen Vertrieb können wir nur mit unseren Produkten und Dienstleistungen überzeugen, die im Wettbewerb zu den anderen Anbietern stehen.» Der Chef von Pax glaubt aber an sein Produkt. «Wir haben auch ein eigenes Umwandlungssatz-Modell erarbeitet.» Anders als im Markt üblich, berücksichtigt dieses immer sowohl das obligatorische als auch das überobligatorische Altersguthaben für die Berechnung der Altersrente. «Unter dem Strich führt das vergleichsweise zu höheren Renten und reduziert die Quersubventionierung zwischen den Generationen.» Jetzt ist bei Kappeler schon fast etwas Euphorie spürbar. «Doch der dringende Bedarf für die BVG-Reform reduziert sich damit nicht.»
Nachhaltig der richtige Umwandlungssatz
Und so fragt sich Kappeler auch, was langfristig und nachhaltig der richtige Umwandlungssatz sein könnte. «Es braucht einen Mechanismus, der den ökonomisch richtigen Satz definiert.» Eine politisch festgeschriebene Grösse darf es für ihn nicht mehr sein. «Je nach der Situation an den Finanzmärkten wäre auch eine Anpassung in beiden Richtungen, nicht nur nach unten, sondern auch nach oben möglich.» 6 Prozent sei ein erster Schritt. Aber eben immer noch zu hoch. «Was ökonomisch derzeit angesessen wäre, da gehen die Meinungen auseinander.» Auf eine Zahl will er sich nicht einlassen. «Es braucht einen von den politischen Einflüssen losgelösten Mechanismus, der allen Beteiligten nützt.»
Es braucht einiges an Fachwissen, um die richtige Vorsorge zu wählen. Dieses dürfen wir nicht bei allen Arbeitnehmenden voraussetzen.
Peter Kappeler, CEO Pax
Und würde Kappeler selbst keine Vorsorgegelder verwalten, sondern nur einzahlen, würde er wählen wollen, wo er dies täte. «Ich verstehe den Wunsch nach einer freien Wahl der Pensionskasse aus Sicht der Arbeitnehmenden.» Aber: «Es braucht einiges an Fachwissen, um die richtige Vorsorge zu wählen. Dieses dürfen wir nicht bei allen Arbeitnehmenden voraussetzen. Wir müssen deshalb aufpassen, dass wir nicht den Grossteil aus der Diskussion ausschliessen.» Umsomehr gelte es, die Altersvorsorge vermehrt zu thematisieren und so zugänglich machen, dass es die Mehrheit verstehen kann. «Ziel muss sein, dass die Menschen über ihr angespartes Vermögen kompetent mitreden können.» Dazu gehöre auch, die Perspektive der Arbeitgeber zu berücksichtigen. «Wenn ich an ein Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitende denke, wo jede und jeder seine eigene Pensionskasse mitbringt, dann stellt das eine enorme Komplexität dar.»
Als Genossenschaft gut aufgestellt
In einem solchen freien Vorsorgemarkt sieht Kappeler gerade für eine Genossenschaft wie Pax gute Chancen. Die Genossenschaft ist für eine Lebensversicherung eine ideale Organisationsform, da jeder Genossenschafter eine Stimme hat.
«Andere organisieren Kundenforen oder Sounding Boards, das haben wir als Genossenschaft automatisch», schmunzelt der Chef.
Geschäftsmodelle aus Banken und Versicherungen kombinieren
Apropos Kooperation: Seit einem Jahr existiert eine Partnerschaft zwischen Pax und der Privatbank Piguet. Kappeler kennt das Thema Bancassurance aus seiner früheren Zeit bei Axa bestens, als die ersten Schritte dieser Verbindung unternommen wurden. Warum aber soll heute gelingen, was um die Jahrtausendwende scheiterte?
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«Die fortgeschrittene Digitalisierung ist ein wichtiger Faktor, insbesondere aufgrund der digitalen Plattformen. Das kannten wir in den Nullerjahren so noch nicht.» Damals war man versucht, verschiedene Geschäftsmodelle aus Banken und Versicherungen zu kombinieren. «Das passte nicht.» Die heutigen Möglichkeiten loten die Bedürfnisse der Kundschaft jedoch sehr viel besser aus. Hinzu kommt, dass die Digitalisierung auch ein Umdenken bewirkt hat. «Ich glaube, dass wir mit Piguet Galland ein gutes Modell gefunden haben, von dem beide profitieren.»
Nicht alles digital
Aber würde Kappeler auch eine Lebensversicherung digital abschliessen? «Im Grundsatz ja, aber es kommt auch auf die Ausgestaltung des Prozesses an. Insbesondere muss in einem so komplexen Metier, wo es um Vertrauen geht, immer die Möglichkeit bestehen, eine Beraterin oder einen Berater persönlich zu kontaktieren.» Nicht alles müsse digitalisiert sein. «Es darf zu Absprüngen in die analoge Welt kommen.» Etwa dann, wenn sich Unsicherheit breit macht. «Es soll dort digitalisiert werden, wo es Sinn ergibt.»