- Die BVG-Reform in der Schweiz wird durch die Senkung des Umwandlungssatzes, die Anpassung des Koordinationsabzugs und die Herabsetzung der Eintrittsschwelle geprägt.
- Besonders die Einführung von Rentenzuschlägen für Übergangsgenerationen sorgt für administrative Komplexität und hohe Kosten von bis zu 20 Milliarden Franken.
- Kritiker befürchten einen erheblichen Papierkrieg und fordern Unterstützung für die Pensionskassen bei der Umsetzung der Reformmassnahmen.
Die bevorstehende Abstimmung zur BVG-Reform erhitzt die Gemüter. Dabei sind drei Elemente des Reformpakets weitgehend unumstritten, namentlich die Senkung des Umwandlungssatzes, die Anpassung des Koordinationsabzugs und die Herabsetzung der Eintrittsschwelle. Wobei die beiden letztgenannten Massnahmen in erster Linie Geringverdienenden und teilzeitbeschäftigten Personen zugutekommen.
Zuschlag nach Jahrgang
Anders sieht es mit den Rentenzuschlägen für die sogenannten Übergangsgenerationen aus. Damit sind die nächsten fünfzehn Jahrgänge gemeint, die das Rentenalter nach Inkrafttreten der Reform erreichen, wobei die Höhe des Zuschlags nach Jahrgang und der Höhe des individuellen Altersguthabens, inklusive des überobligatorischen Teils, gestaffelt ist. So erhalten nur Personen einen Zuschlag, deren Altersguthaben zum Zeitpunkt der Pensionierung unter 441’000 Schweizer Franken liegt. Damit scheiden laut Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen bereits 50 Prozent der Versicherten in der Übergangsgeneration aus.
Für gesenkten Mindestumwandlungssatz
Die Zahlungen an die künftigen Rentenbezügerinnen und -bezüger sind als Kompensation für den gesenkten Mindestumwandlungssatz gedacht, der ihre Renten unter Umständen schmälern wird. Aber von diesen Einbussen sind nur die wenigsten Versicherten betroffen, da die allermeisten Pensionskassen ihre Umwandlungssätze bereits unter den Satz von 6 Prozent gesenkt haben. Einbussen wird demnach vor allem die Minderheit derer haben, die in BVG-nahen Pensionskassen versichert sind. Den Zuschlag erhalten aber alle Versicherten, egal welcher Kasse. «Damit finanzieren auch Pensionskassen, die ihre Hausaufgaben bereits gemacht haben, die Reform mit», sagt Lukas Müller-Brunner, Direktor des Pensionskassenverbands Asip.
Knapp 20 Milliarden Franken
Diese Zuschläge werden in den ersten dreissig Jahren nach der Reform Kosten von knapp 20 Milliarden Franken verursachen, auf diese Schätzung kommt jedenfalls die Studie «Volkswirtschaftliche Analyse zu den Auswirkungen der BVG-Reform» des BSS Basel im Auftrag des Vereins Alliance F. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) hingegen schätzt die Kosten für die Übergangsgeneration auf 11,3 Milliarden Franken. Der grösste Teil davon soll von den Vorsorgeeinrichtungen getragen werden, was indirekt zu Lasten der Versicherten geht. Die Studie des BSS kommt zum Schluss, dass vor allem Personen, die überobligatorisch versichert sind und keine Übergangsentschädigung erhalten, die Kosten dieser Massnahme tragen werden: «Somit wird die Umverteilung von jung zu alt vorerst nicht sinken, sondern steigen: Die jungen Versicherten müssen die Übergangsentschädigung finanzieren, bekommen aber später keine Rentenzuschläge», so das Fazit der Studie.
Umsetzung der Massnahmen
Dabei wurde der administrative Aufwand, der auf die Vorsorgeeinrichtungen mit der Umsetzung der BVG-Reform zukommt, noch gar nicht berücksichtigt. Branchenkenner befürchten, dass ein «administratives Monster» geschaffen wird. Laut Lukas Müller-Brunner ist die praktische Umsetzung der geplanten Massnahmen durchaus knifflig. «Die Kassen müssen überhaupt über alle Informationen verfügen, die als Vorbedingung für die Zahlung der Übergangsmassnahmen vorgesehen sind. Geklärt werden muss zum Beispiel, wie man verfahren soll, wenn eine Person bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen versichert ist.» Er hält den Zusatzaufwand für die Pensionskassen für zumutbar, fordert aber Unterstützung bei der Ausarbeitung eines schlanken Verfahrens. «Wir müssen sicherstellen, dass nicht jede einzelne Person, die pensioniert wird, einen Sachbearbeiter oder eine Sachbearbeiterin anfragen muss», betont der Direktor.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 27. Juni 2024 im HZ Insurance Print Special Pensionskasse.